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Club Kalaschnikow

Club Kalaschnikow

Titel: Club Kalaschnikow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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nachts am Telefon waren echt. Vielleicht hat sie nicht unbedingt aus Trauer um Gleb geweint, es könnte auch einfach der Schock gewesen sein. Hatte sie mit dem Mord nichts zu tun? Sollte sie nur von jemand anders ablenken?
    Irgend jemand wollte, daß alles wie ein Liebesdrama aussah. Man sollte meinen, es gehe um Liebe und Haß und nicht um etwas anderes. Warte ich jetzt also auf die Frau, die weiß, wer Gleb ermordet hat?
    Katja zündete sich eine Zigarette an und blickte auf die Uhr. Fünf nach eins. Wenn die anonyme Anruferin die Wahrheit gesagt hatte, würde sie kaum zu spät kommen. Sie brauchte das Geld. Dreitausend Dollar waren eine beachtliche Summe.
    Plötzlich durchfuhr es Katja wie ein Stromschlag. Sie stürzte über den Boulevard zurück zum Auto. Unterwegs fiel ihr ein, daß sie ihr Handy zu Hause liegengelassen hatte.
    Als sie am Telefonautomaten stand und ihr Kleingeld sortierte, streckte sich ihr plötzlich eine Hand entgegen, und jemand reichte ihr eine kleine dunkelbraune Telefonmünze.
    »Vielen Dank.« Katja blickte auf und wurde bleich: »Du?! Was machst du denn hier?«
    * * *
    Artjom Siwolap, Fernsehkorrespondent und Mitarbeiter der Sendung »Moskau intim«, saß auf einer kaputten Kinderschaukel im Hof der Mestschanskaja-Straße und starrte unverwandt auf den Hauseingang. Gekleidet war er unauffällig und korrekt – dunkelblaue Jeans, burgunderroter Pullover, dunkelblaue Wildlederjacke. Nichts Grelles, Provokantes. Statt seines gewohnten falschen Brillanten schimmerte in seinem Ohr jetzt matt ein kleiner Silberring. Die Haare waren sauber gewaschen, ordentlich zurückgekämmt und mit einem schwarzen Gummiband im Nacken zusammengefaßt.
    Sein Kameramann Igor Kornejew, ein kleiner stämmiger Mann von etwa vierzig Jahren, lief mit hängenden Schultern, die Hände in den Taschen seines schwarzen Regenmantels vergraben, nervös auf und ab. Er hatte sich mal wieder mit Artjom gestritten.
    Nach dem gestrigen Skandal mit dem Vater des ermordeten Casinobesitzers hatte Igor sich lange geweigert, zur Metschanskaja-Straße, zum Haus des Ermordeten, zu fahren und überhaupt noch an »diesem Bockmist« mitzuwirken. Viel mehr als dieser Skandal hatten ihn die Einzelheiten des Todes von Prinzessin Diana interessiert, die in der letzten Zeit alle Medien überschwemmten.
    »Was hat Diana damit zu tun?« fragte Artjom befremdet.
    »Sie ist von solchen Schweinen, wie wir es sind, in den Tod gehetzt worden. Es gibt schließlich auch noch so etwas Altmodisches und Lächerliches wie Berufsethik.«
    »Dann hau doch ab mit deiner bescheuerten Ethik«, hatte Artjom höhnisch gesagt. »Ich rufe Smalzew an, für soviel Geld fährt der überall mit hin und dreht alles, was ich ihm sage.«
    Das war ein ganz gewöhnlicher Trick. Kein Kameramann des Senders hätte zugelassen, daß man an seiner Stelle Smalzew zum Drehen mitnahm. Smalzew verstand nichts vom Filmen, aus seinen Perspektiven sahen selbst die fotogensten Gesichter monströs aus. Eine so unverblümte Anspielung, er sei durch einen Pfuscher wie Smalzew ersetzbar, war für Igor Kornejew beleidigend und traf ihn schmerzhaft in seiner Berufsehre.
    So war er also doch mitgefahren. Um eins waren sie am Haus an der Mestschanskaja angekommen. Bewacht war der Hauseingang nicht, aber die Tür war aus Eisen, und es gab eine Gegensprechanlage. Ohne an die möglichen Konsequenzen zu denken, schlüpften sie zusammen mit einer uralten Oma ins Haus und stiegen in den zweiten Stock. Artjom klingelte.
    Ein Spion war nicht in der Tür. Eine weibliche Stimme fragte: »Wer ist da?«
    »Ihr Nachbar aus der Wohnung Nummer vierzig«, antwortete Siwolap.
    Die Ballerina Orlowa war für ihre Selbstbeherrschung und ihre guten Manieren bekannt. Sie würde sie nicht die Treppe hinunterwerfen, sondern höflich bitten zu gehen. Und dabei könnte er vielleicht doch noch irgend etwas aus ihr herausholen.
    Das Türschloß klackte. Auf der Schwelle stand eine kleine rundliche Frau von etwa dreißig Jahren mit hellblonden, flaumigen Löckchen.
    »Guten Tag.« Artjom machte einen Schritt in die Wohnung. »Ist Jekaterina Filippowna zu Hause?«
    »Nein, worum geht es denn?« fragte die blonde Frau mürrisch und versperrte Artjom den Weg.
    Sie hatte hinter ihm im Treppenhaus den Kameramann bemerkt und rüstete sich nun zu energischer Gegenwehr.
    »Verzeihung, mit wem habe ich die Ehre?« fragte Artjom mit breitem Lächeln.
    Er war der Meinung, er habe ein umwerfendes, unwiderstehliches Lächeln,

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