Club Kalaschnikow
Kopf. »Ich friere nicht. Wenn ich nervös bin, bekomme ich immer kalte Hände.«
»Ich koche uns Kaffee, mit Nelken, wie du ihn gern magst. Und dann besprechen wir alles in Ruhe. Einverstanden?«
»Einverstanden … Ich muß Shannotschka anrufen.«
»Tu das. Sie macht sich Sorgen um dich. Eigentlich sollte ich dir gar nicht sagen, daß sie mich angerufen hat. Sie wollte einfach, daß ich dich ein bißchen im Auge behalte, für alle Fälle. Immerhin handelt es sich um Erpressung, und diesem Weib ist alles zuzutrauen.«
»Danke, daß du gekommen bist«, sagte Katja so ruhig und kühl wie möglich.
Er gab keine Antwort.
Shannotschka nahm augenblicklich ab.
»Und? Ist sie erschienen? Wo bist du?«
»Nein. Ich versuche sie ausfindig zu machen.«
»Wie? Du weißt doch gar nichts über sie! Wo bist du? Komm nach Hause. Margarita ist hier, und deine Mutter hat angerufen, sie kommt später, so gegen Abend, sie hilft mir beim Kochen. Hör mal, diese Typen vom Fernsehen sind hier aufgetaucht. Erinnerst du dich an den einen vom Jugendsender, den mit dem Pferdeschwanz? Der hat direkt an der Wohnungstür geklingelt, kannst du dir das vorstellen? Und der Kameramann stand schon hinter ihm. Er hat sich als Nachbar aus der Wohnung Nummer vierzig ausgegeben, der Saukerl.«
»Hast du Margarita schon etwas erzählt?«
»Bis jetzt noch nicht.«
»Erzähl ihr nichts von der ganzen Sache. Sag überhaupt zu niemandem etwas.«
»Warum?« fragte Shannotschka erstaunt.
»Je weniger Leute davon wissen, desto besser. Versprochen?«
»Versprochen.« Shannotschka seufzte tief auf. »Und du bist jetzt …«
»Ich bin bei Pawel Dubrowin. Aber behalt das für dich. Ich komme so gegen fünf. Sag Mama und Margarita, du wüßtest nicht, wohin ich gefahren bin. Wenn ich wieder da bin, erzähle ich es. Also, mach’s gut.«
Katja legte auf und hörte, wie in der Küche die Kaffeemühle surrte.
Gleb ist noch nicht beerdigt, und ich bin schon bei Pawel. Er kocht mir meinen Lieblingskaffee, im Flur stehen Pantoffeln in meiner Größe. Wie heißt es doch im »Hamlet«? »Die Schuh’ noch nicht verbraucht, womit sie folgte meines Vaters Sarg … Schwachheit, dein Nam’ ist Weib …«
Mein Gott, was für dumme Gedanken! Eine widerliche, verworrene Geschichte ist das, in die ich da hineingeschlittert bin. Ich habe Angst. Außer Pawel habe ich niemanden, mit dem ich mich beraten könnte. Mama und Papa würden in Panik geraten, Papa würde seine Bekannten im Innenministeriumund bei der Staatsanwaltschaft alarmieren. Es gäbe eine Menge Hektik und kein Resultat. Lieber Gott, mach, daß dieser idiotischen Sweta Petrowa nichts passiert ist! Aber warum bin ich eigentlich so sicher, daß sie es war, die angerufen hat?
»Warum bist du so sicher, daß gerade diese Frau dich erpreßt?« fragte Pawel, als er mit dem Tablett in der Hand das Zimmer betrat.
Katja fuhr zusammen. Er hatte ihre Gedanken gelesen, noch dazu durch die Wand. Nein, ihm waren einfach dieselben Dinge durch den Kopf gegangen, während er den Kaffee kochte.
»Ich bin gar nicht restlos sicher«, gab Katja zu. »Aber andere Kandidatinnen habe ich vorläufig nicht. Außerdem – die ›Dörr-Giselle‹ … So hat mich in meinem ganzen Leben nur ein Mensch genannt. Vor vielen Jahren. Als ich auf der Bank saß und gewartet habe, fiel mir wieder ein, wer. Sweta Petrowa.«
»Hast du dem Untersuchungsführer von diesen Anrufen erzählt?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Weil ich nicht will.«
»Katja, das ist doch kindisch. Was heißt – ich will nicht? Du merkst doch selber, zwischen dem Mord und diesen Anrufen gibt es einen Zusammenhang.«
»Das habe ich erst gestern gemerkt. Aber ich werde dem Untersuchungsführer trotzdem nichts sagen.«
»Hast du dafür konkrete Gründe oder ist das bloß Trotz?« fragte Pawel leise.
»Ich habe meine Gründe. Und jetzt möchte ich nicht mehr davon sprechen.« Katja nahm ihre Zigaretten aus der Handtasche.
Pawel schob ihr den Aschenbecher zu und gab ihr Feuer.
»Willst du es mir nicht erklären? Oder dir selbst?«
»Dir will ich es nicht erklären. Dir persönlich.« Katja spürte, sie war kurz davor, in Tränen auszubrechen.
Und warum eigentlich nicht? Es ist sonderbar – aber Pawel ist der einzige Mensch, vor dem ich weinen kann, ohne mich zu genieren, dachte Katja. Aber sie riß sich doch zusammen und hielt die Tränen zurück.
»Dann eben nicht.« Pawel zuckte die Achseln. »Dann trinken wir unseren Kaffee aus und fahren auf den
Weitere Kostenlose Bücher