Club Kalaschnikow
brach in Tränen aus. »Ich habe solche Angst. Vielleicht hat dieser Killer ja auf Katja gezielt? Wenn ihr etwas passiert … sie ist für mich wie eine Schwester … Margarita, was soll ich tun? Sie will nicht, daß irgend jemand etwas erfährt. Nicht einmal der Untersuchungsführer.«
»Beruhige dich erst einmal«, sagte Margarita streng. »Setz dich hin und erzähl alles der Reihe nach.«
Shannotschka schniefte, setzte sich gehorsam auf den Hocker und erzählte Margarita alles, was sie wußte. Nur Pawel Dubrowin erwähnte sie mit keinem Wort.
»Die Erpresserin ist also nicht erschienen, und jetzt versucht Katja sie zu finden? Weiß sie denn, wer sie angerufen hat? Hat sie die Frau an der Stimme erkannt?«
»Das weiß ich nicht. Sie hat nur gesagt: zu keinem ein Wort.«
»Und wo ist die Kassette?«
»Ich weiß nicht. Du sagst Katja doch nicht, daß ich alles ausgeplaudert habe? Ich hab doch versprochen …«
»Keine Sorge, ich sage nichts. Ist die Kassette beschriftet?«
»Ja, sie hat sie in meiner Gegenwart aus dem Diktaphon genommen und mit einem Filzstift irgendwas draufgeschrieben.«
Shannotschkas Tränen versiegten, sie blickte Margarita mißtrauisch an. »Warum willst du das alles wissen?«
»Warum? Weil deine Katja nicht mehr alle Tassen im Schrank hat, darum. Das kann noch böse enden. Und sie tut mir leid. Aufrichtig leid. Verstehst du? Außerdem hängt mein Mann sehr an ihr. Ich möchte nicht, daß er noch eine weitere Tragödie erlebt. Katja ist für ihn fast wie ein eigenes Kind, er kennt sie von klein auf und ist schon seit Ewigkeiten mit ihren Eltern befreundet. Du bist die einzige, die sie eingeweiht hat, versuch ihr beizubringen, daß es die Aufgabe der Miliz ist, eine Erpresserin zu suchen, nicht ihre. Habe ich recht?«
»Du hast recht«, stimmte Shannotschka zu, »völlig recht.«
Margarita sah noch einmal zum Fenster hinaus. Weder die Fernsehleute noch der Penner Boris waren zu sehen.
* * *
Auf dem Dynamo-Trödelmarkt war ein solches Gedränge, daß es Katja nach fünf Minuten vor den Augen flimmerte. Viele Leute probierten die Jeans, Pullover, Kostüme und Anzüge direkt vor den Ständen an, zogen sich bis auf die Unterwäsche aus, ohne auf die Menge zu achten. Manche Händler schirmten die Halbnackten mit irgendeinem zerrissenen Bademantel ab, aber die Mehrheit entblößte sich ohne jede Scham.
An den Schuhständen wurde energisch aufgestampft, man reckte und streckte die in Stiefel und Turnschuhe gesteckten Füße. Die Händler mischten sich unter die Käufer und kauerten sich mit einem Spiegel in der Hand nieder: »Das steht Ihnen ganz ausgezeichnet, meine Dame! Den Reißverschluß kann man mit Paraffin einfetten … Die geben noch nach, mein Herr! Das sind echte Salamander-Schuhe. Wo bekommen Sie die noch für eine Million? Im Laden kosten die anderthalb …«
Mit Schuhen handelten viele. Anfangs fragten Katja und Pawel einfach: »Wissen Sie vielleicht, wo wir Sweta Petrowa finden können? Sie handelt auch mit Schuhen.«
»Kenne ich nicht.«
»Swetas gibt es hier wie Sand am Meer.«
»Machen Sie Platz, gehen Sie vom Stand weg, wenn Sie doch nichts kaufen wollen.«
»Ich kann nicht mehr«, stöhnte Katja, als sie an den beiden letzten Reihen angekommen waren. »Ich bin fix und fertig.«
»Laß uns noch bis zum Ende durchgehen.« Pawel legte ihr behutsam den Arm um die Schultern und drückte seine Nase in ihr Haar.
»He, Kinder, seid ihr zum Knutschen hierhergekommen? Hier, junger Mann, Turnschuhe für Sie, absolute Spitzenware!«
Ein blutjunges brünettes Mädchen mit kurzem Herrenschnitt hielt einen riesigen schneeweißen Turnschuh hoch.
»Entschuldigung«, sprach Katja sie müde an, »am Freitag hat Sweta Petrowa hier Schuhe verkauft.«
»Am Donnerstag. Na, was ist, wollen Sie sie mal anprobieren? Das sind echte ›Adidas‹, nur ein halbes Milliönchen. Was für eine Schuhgröße haben wir denn?«
Pawel schnürte rasch seinen Schuh auf.
»Am Donnerstag, sagen Sie? Und wissen Sie, wo sie jetzt ist?«
»Sweta? Was wollen Sie denn von ihr?«
»Sie hatte versprochen, Schuhe mitzubringen«, erklärte Pawel, während er sich bemühte, den Fuß in den Turnschuh zu zwängen.
»Halt, Sie haben ja das Papier gar nicht rausgenommen, deswegen paßt der Fuß nicht rein! Was für Schuhe? Hier bei mir haben Sie jede Menge zur Auswahl …«
»Sie haben nur die großen Größen. Aber wir brauchen eine kleine, vierunddreißigeinhalb für einen schmalen Fuß mit hohem Spann.
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