Club Noir - 1
Sie taten das für die anwesenden männlichen Clubmitglieder, die für sie eine befremdliche Art hatten. Niemand aber hatte ihnen bisher verraten, dass Vampire keinen Wert auf übermäßige Schminke legten, am allerwenigsten auf bleiche, puppenhafte Angesichter. Es war den Vampiren vollkommen egal, denn sie wollten nur das Leben in den Frauen sehen, den Blutfluss fühlen, der sie durchströmte.
Ein Mädchen im rosa Korsett und weißen Strapsen schob sich Andrew vor die Nase. Kokett schlug sie die Augen auf. Eine Hand legte sie auf seine Schulter, während sie mit der anderen über seinen Oberkörper fuhr und mit kreisenden Hüftbewegungen in die Knie ging. Sie machte einen Satz nach vorn, presste sich an ihn, so dass sie selbst schwer zu atmen begann. Es musste eine völlig neue Erfahrung für sie sein. Andrew hatte sie noch nie gesehen - und es kam so gut wie nie vor, dass ihm ein Gesicht entging.
Er lächelte auf sie hinab. Ein dummes, naives Mädchen! Sie wusste noch nicht, auf was sie sich da einließ. Er hätte sie auf der Stelle packen und flach legen können. Allerdings regte sich in ihm nicht das geringste Verlangen, sie zu berühren.
Aus dem Augenwinkel erhaschte er den Blick einer alten Bekannten. Cecile lehnte in aufreizender Pose an der Wand. Sie trug ein knappes rotes Lackkostüm mit passenden Stiefeln. Ihre langen blonden Locken trug sie offen unter einem schwarzen Hut. Die Zeiten, in der diese Frau sich allen Vampiren angeboten hatte, waren längst vorbei. Hugo legte seine beschützenden Arme um sie. Halb so alt wie Andrew glaubte er bereits, seine Gefährtin für die Ewigkeit gefunden zu haben. Allerdings ließ er Cecile auf den ersehnten Biss warten.
Das Mädchen in dem rosa Korsett hatte unterdessen begonnen, die Knöpfe von Andrews Hemd zu öffnen. Sie küsste die nackten Stellen seiner Brust, die zum Vorschein kamen.
Andrew legte den Kopf schief und warf Cecile einen fragenden Blick zu, die das Paar amüsiert beobachtete.
Dann stieß sie sich von der Wand ab und zog das erkundungsfreudige Mädchen von ihm zurück.
„Das ist Leandra. Meine Schwester.“
Mit formvollendeter Bewegung lehnte Andrew sich vor und hauchte einen Kuss auf Leandras Handrücken. „Es freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen.“
Das Mädchen lief auf der Stelle puterrot an und wusste vor Scham nicht, wo sie hinsehen sollte.
Zu gerne hätte er belustig aufgelacht. Aber das hätte sie nur noch mehr eingeschüchtert. Daher strich er ihr lediglich sanft über das Haar und brachte sein Gesicht ganz dicht an ihr Ohr. „Keine Angst. Ich werde dir nichts tun.“ Dann drehte er sie herum, so dass sich ihr Blick auf die vielen anderen Vampire richtete. „Suche dir einen von ihnen aus. Ich bin für heute schon vergeben.“
Cecile hob eine Augenbraue.
Andrew verstand selbst nicht, warum er so reagierte. Leandra war wirklich sehr hübsch und machte obendrein einen verführerisch unschuldigen Eindruck. Es musste eine Freude sein, sich mit ihr zu vergnügen, ihr Lust und Schmerz aller Arten der Leidenschaft zu zeigen. Dennoch spürte er bei ihrem Anblick nicht das geringste Verlangen nach derlei Spielen. Es gab eine andere, die seine Gedanken und Empfindungen beherrschte.
„Cecile“, er lächelte ihr zu, „du kennst dich aus. Zeig ihr, wie es läuft.“
„Wie es läuft?“
Andrew ließ die beiden Mädchen und den verdutzt dreinblickenden Hugo stehen. Doch Cecile holte ihn schnell ein und ergriff energisch seinen Arm.
„Was soll das?“
Ihn traf ein wütendes Aufblitzen ihrer Augen, als er sich umwandte.
„Was stimmt nicht mit ihr? Warum lässt du sie stehen – wie eine Aussätzige?“
Andrew packte sie bei den Schultern und versuchte sie ruhig zu stellen. „Es hat nichts mit ihr zu tun. Sie ist zauberhaft. Aber wie ich ihr schon sagte, bin ich heute vergeben.“
„An wen?“
„Das geht dich nichts an. Und jetzt geh und amüsier dich mit Hugo!“
Damit schüttelte er sie endgültig ab. Ohne Umschweife durchquerte er den Innenraum des Clubs und ging schließlich durch eine Seitentür, deren Beschilderung auf einen Privatraum hinwies.
Andrew befand sich nun in der „Roten Zone“. Dabei handelte es sich um einen Teil des Clubs, den nur Auserwählte und Eingeladene betreten durften. Die zwei Vampire im Eingangsbereich machten deutlich, dass sie jeden unbefugten Eindringling ohne Zögern hinausbefördern würden. Andrew jedoch nickten sie freundlich zu. Er war einer der Auserwählten. Einer der wenigen, der
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