Club Noir - 1
aus dem Weg oder ich beiß dir die Kehle durch!“ Wutfunken tanzten in Andrews Augen. Er wollte hinein. Nur hinein! Es war ihm vollkommen egal, was der minderwertige Mensch eigentlich gemeint hatte.
Jacques wollte zur Seite ausweichen, doch im selben Moment spürte er den groben Handgriff des Vampirs, der ihn gegen die Wand presste. Andrews Gesicht war so nahe, dass er dessen Atem auf seiner Haut spüren konnte.
„Heb dir solche Späße für jemand anderen auf!“
Jacques sah zur Seite. Er wagte kein Wort mehr zu sagen. So hatte er Andrew noch nie zuvor erlebt. Erst als der Druck auf seine Brust schwand, rührte er sich wieder. Er drehte den Kopf, gefasst darauf, dem Vampir erneut in die Augen zu blicken.
Doch der war längst fort und das nächtliche Schweigen hüllte ihn ein, als hätte diese Begegnung niemals stattgefunden.
„Der Letzte“, atmete Jacques erleichtert auf. Alle anderen Vampire befanden sich bereits in ihren Zimmern, Kammern oder sonstigen, eigens erschaffenen Ruhestätten im Club. Mehr Aufregung konnte und wollte er auch nicht ertragen. Er schloss die Pforte und erklärte somit das Ende dieser Nacht. Nun würde auch er sich endlich seinem wohlverdienten Schlaf widmen können.
„So was, so was“, vernahm Jacques plötzlich eine weitere vertraute Stimme.
Erschrocken ließ er von der Pforte ab. Hatte er ihn übersehen? Wie konnte das möglich sein! Doch gleich darauf erkannte er, dass dieser Vampir sich längst im sicheren Inneren befand und nur noch einmal neugierig hinauslugte.
Louis lehnte ihm gegenüber neben der Tür, die in einen geheimen Flur führte. Sein dunkelbraunes Haar hing ihm ins Gesicht und verbarg so ein gutes Stück seiner verwegenen Miene.
„Ausgerechnet Andrew ist der Letzte?“
„Ja, so ist es.“ Jacques hielt den Kopf gesenkt. Er wollte keinen neuen Ärger.
„Und das kommt dir nicht merkwürdig vor?“
„Doch, natürlich, aber …“ Nie zuvor hatte er im Gespräch mit einem Vampir so sehr gezittert. Unbändige Angst ergriff von ihm Besitz. Es schüttelte ihn bei dem Gedanken daran, wie es sich wohl anfühlen würde, von einem wie ihnen blutleer gesaugt zu werden.
„Jacques, mein Lieber.“ Louis beugte sich zu ihm vor und legte eine Hand mit festem Druck auf dessen Oberkörper. Immer stärker schob er ihn gegen die kalte Steinwand.
„Du willst doch sicher, dass wir auch weiterhin Freunde bleiben, habe ich Recht?“
Jacques nickte verzweifelt.
„Dann wirst du schön aufpassen, wann unser guter Andrew in Zukunft den Club verlässt und wieder zurückkehrt. Am besten, du findest auch gleich heraus, wo er sich in der Zwischenzeit aufhält. Das wirst du doch sicher hinkriegen oder?“
„Sicher.“
Louis verschwand so schnell, wie er aufgetaucht war. Kraftlos rutschte Jacques an der Wand hinunter in die Knie. Von einem Vampir ausgesaugt zu werden hätte kaum schlimmer sein können, als dessen Bedrohungen und Forderungen über sich ergehen zu lassen. Wie war er nur jemals auf die Idee gekommen, den Job als Wächter anzunehmen!
Er verharrte in dieser Position am Boden so lange, bis sich die ersten Strahlen der Morgensonne an den Häuserdächern brachen. Erst dann wagte er es, sich aufzurichten und die Pforte zu schließen.
Jesse erwachte mit einem wohligen Gefühl in der Magengegend. Mehr noch. Sie befand sich in einem Zustand vollkommener Glückseligkeit. Mit geschlossenen Augen kuschelte sie sich tiefer in die weichen, warmen Kissen hinein. Ihre Hand glitt über das Laken und suchte die Berührung mit dem Mann, der sie in dieser Nacht in die wunderbarsten Träume geschickt hatte.
Doch da war nichts.
Ihre Fingerspitzen tasteten ins Leere. Die Stelle ihres Bettes, an der sie Andrew vermutet hatte, fühlte sich kalt und allein gelassen an. Sie öffnete die Augen. Tatsächlich lag er nicht mehr neben ihr. Auch als sie sich umdrehte, entdeckte sie nur die Leere ihres Schlafzimmers.
„Andrew?“, flüsterte sie.
Das Kinn hoch reckend erhob sie ihre Stimme: „Andrew?“
Lauschend verharrte sie. Nichts. Allem Anschein nach hatte er sich einfach klammheimlich aus dem Staub gemacht.
Sie fühlte sich so unglücklich, dass sie am liebsten zu weinen angefangen hätte.
Sie saß inmitten ihres Bettes, das ihr mit einem Mal so unglaublich groß vorkam. Viel zu groß für sie allein. Sie zog die Beine ganz nah an ihren Oberkörper und wickelte die Decke eng um sich. Wie ein Vorhang, der die grausame Welt aussperren sollte, fielen ihr die Haare vors
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