Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Club Suizid: Ein lustiger Roman über ein weniger lustiges Thema (German Edition)

Club Suizid: Ein lustiger Roman über ein weniger lustiges Thema (German Edition)

Titel: Club Suizid: Ein lustiger Roman über ein weniger lustiges Thema (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Thun
Vom Netzwerk:
unterdrückt in mir schwelte.
    „ Wer weiß, vielleicht hätte ich mich dann empört und wäre überhaupt nicht mehr einverstanden gewesen, hier zu sterben.“
    „ Stimmt, das wäre vielleicht sogar die wahrscheinlichere Reaktion. Ich glaube, an uns selbst zu zweifeln, ist eine Sache, aber wenn uns andere sagen, dass wir es nicht verdienen, hier zu sein, dann denkt man doch zumindest noch mal ganz anders darüber nach.“
    „ Zumindest wenn noch ein Rest Trotz in uns steckt.“
    „ Trotz? Ich glaube das ist eher der Wille, zu überleben, der Wille, nicht aufzugeben. Innere Stärke!“
    „ Also innere Stärke ist nicht der erste Begriff, der mir einfällt, wenn ich mich beschreiben sollte.“
    „ Das ist aber schade. Was würde Ihnen denn einfallen?“
    „ Gute Frage. Verwöhnt. Neben dem Leben stehend. Zuschauer.“
    „ Fallen Ihnen denn vielleicht auch ein paar positive Attribute ein?“
    „ Da muss ich nachdenken. Stark nachdenken.“ Mir fiel wirklich nichts ein. Aber Dr. Rosenblatt hatte Geduld. Als er auch noch drei Minuten später aufmunternd lächelte, strengte ich mich nochmal an und brachte schließlich hervor: „Mitleidig? Ich muss im Kino immer weinen. Manchmal bin ich großzügig. Auch nicht immer, ist schon passiert, dass ich mich ärgere, weil jemand mir einen Euro zu wenig Wechselgeld gibt. Mein Lehrer meinte, ich sei phantasievoll, aber ich glaube, das war eher negativ gemeint. Also mehr fällt mir nicht ein.“
    „ Na, das ist doch schon was. Mir würden auch noch ein paar Dinge einfallen, aber lassen wir es halt mal so stehen. Einverstanden?“
    Ich nickte. Doch bevor ich mich verabschieden konnte, sagte Dr. Rosenblatt: „Da ist noch was. Die Hotelleitung, also Henry und ich, wir treffen uns jetzt gleich, um zu besprechen, wie es jetzt weitergeht mit unserer Deutschlandkampagne. Ihre Bekannte wird auch dabei sein. Hätten Sie Lust, mitzumachen? Wir könnten guten Rat gebrauchen.“
    Klar, wenn Rana dabei sein würde, durfte ich nicht fehlen. Jemand musste doch dagegen halten, wenn sie versuchen würde, die Misere der Klinik und der potentiellen Patienten für ihre Boulevardjournalistik auszunutzen.
     
     

    Kurze Zeit später saßen wir in einem kleinen Konferenzzimmer zusammen, schoben vier Sessel zusammen und machten es uns gemütlich.
    Dr. Rosenblatt ergriff das Wort.
    „ Danke, dass Sie sich die Zeit nehmen, uns zu beraten. So ein Hotel- und Klinikbetrieb ist nicht so einfach, wenn man nur zu zweit ist. Und in diesem Fall sind wir beide etwas ratlos. Aber lassen Sie mich Ihnen erst einmal ein bisschen Hintergrundinformation geben. Ich heiße Allan. Früher ging es mir so, wie einigen von meinen Patienten. Ich war alkoholkrank. Nach meinem Studium ging ich nach Deutschland, dort hatte ich schon einmal als Kind fünf Jahre lang gelebt. In Deutschland fiel es mir leichter, trocken zu bleiben. Ich war Sportarzt in verschiedenen Bundesligavereinen, und da traf ich Henry. Wir hatten eine Affäre, und als das eines Tages rauskam, wurde es schwierig für Henry. Mir wurde nahegelegt, mir eine andere Stelle zu suchen. Als Henry dann auch noch erpresst wurde, beschlossen wir, zusammen ganz woanders hinzugehen. Ja, und so kamen wir hierher.“
    Dr. Rosenblatt hatte während seiner kurzen Rede mich und Rana angeschaut, jetzt sah er in Henrys Richtung. Ich war etwas unangenehm berührt. War ich etwa der einzige Hetero in diesem Raum? Seltsamerweise war das kein erhebendes Gefühl, vielmehr fühlte ich mich verdammt wie ein Außenseiter.
    Henry hatte während der Erklärung von Dr. Rosenblatt nach unten geschaut. Jetzt schien er froh, dass der Teil vorbei war. „Gut, dann können wir ja jetzt zum Thema kommen. Sie haben die Broschüre gesehen, Sie wissen, was drin steht. Die Werbekampagne ist ja ganz effektiv, aber offensichtlich beruht sie auf falschen Tatsachen.“
    Rana fragte: „Wissen Sie denn inzwischen, wie es zu so einem verrückten Missverständnis kommen konnte?“
    „ Nein, nicht wirklich. Die Werbeagentur in Deutschland gibt es anscheinend nicht mehr. Der Inhaber, der gleichzeitig der einzige Mitarbeiter zu sein scheint, ist spurlos verschwunden. Es sieht so aus, als ob unsere Broschüre das letzte war, woran er gearbeitet hatte. Ich kann nur hoffen, dass er sich nicht umgebracht hat.“
    „ Wie hieß denn die Werbeagentur?“ Rana klang bemüht uninteressiert, was in mir sofort den Verdacht weckte, dass sie hier eine Story witterte.
    Henry ging aber gar nicht auf die Frage ein:

Weitere Kostenlose Bücher