Club Suizid: Ein lustiger Roman über ein weniger lustiges Thema (German Edition)
wie in unserem Hotel. Während des Essens ließ Devi Rana von sich erzählen, von ihren besten Reportagen und ihren größten Erfolgen. Rana trank nur zwei Gläser Wein, wirkte aber trotzdem sehr gelöst und aufgedreht. Devi dagegen war eher still, allerdings erzählte sie doch einiges von sich, vor allem über ihre Kindheit. Wie ihre Mutter sie immer spüren ließ, dass sie ungeplant war, ein peinlicher Urlaubsunfall. Der Vater merkte bald, dass Devi nicht sein Kind sein konnte, behandelte sie aber trotzdem sehr liebevoll. Auch die anderen Geschwister machten keinen Unterschied. Nur die Mutter ließ sie immer spüren, dass sie nicht hätte existieren sollen. Und egal, wie sehr Devi sich bewies, nie kam ein Wort des Stolzes oder der Anerkennung.
„ Lebt sie noch, deine Mutter?“ fragte Rana.
„ Na, im Sommer iss sie g‘storben.“
„ Oh, das tut mir leid“, sagte Rana. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Das hatte sie mir überhaupt nicht erzählt. War das wahr? Ich schickte Devi einen fragenden Blick, aber sie bemerkte ihn nicht.
Später, nachdem ich den Rückweg dieses Mal in einer halben Stunde geschafft hatte, und wir das Boot wieder an seinen Platz gebracht hatten, flüsterte mir Rana zu: „Sie ist sehr nett, ich freue mich für dich!“ bevor sie sich verabschiedete.
Leider verabschiedete sich auch Devi. Sie sei sehr müde und müsse heute bei sich schlafen. Ich ging alleine aufs Zimmer zurück und schlief erst ein, als die Sonne bereits wieder aufging.
Kapitel 24
Es war nach zwölf, als ich aufwachte. Ich bestellte mir einen Kaffee aufs Zimmer und ein kleines Omelette. Leider hatte ich meinen Termin bei Dr. Rosenblatt verpasst. Schade. Ich hätte ihm gerne von meinem Traum erzählt. Ich hatte einen Flugzeugabsturz überlebt und mich aus der Meerestiefe nach oben gestrampelt, als ich sah, wie langsam die anderen Passagiere neben mir in die Tiefe sanken. Devi war auch dabei und ich versuchte verzweifelt, sie zu erreichen. Aber ich brauchte auch Luft und schaffte es einfach nicht. Ich kam endlich an die Oberfläche und atmete tief ein. Dann tauchte ich wieder, fand sie auch, aber es war hoffnungslos. Sie entglitt mir immer wieder und ich wusste im Innersten, dass sie schon zu lange unter Wasser war, um noch wiederbelebt zu werden. Ich war kurz aufgewacht, hatte mein nasses Kopfkissen auf den Boden geworfen und war schließlich wieder eingeschlafen. Aber die bleierne Hilflosigkeit steckte mir noch in den Knochen. Vielleicht konnte ich sie abbrausen? In der Dusche ließ ich reichlich kühles Wasser über mich strömen, aber noch immer hatte ich das Gefühl, ich müsste um Atem ringen und kämpfen, um wieder an die Luft zu kommen. Als ich mit einem Handtuch um die Hüften aus dem Bad kam, stand mein Frühstück auf dem Tisch. Ich nahm es und setzte mich damit auf die Terrasse.
Das Meer sah so friedlich aus. Es war heute relativ ruhig, man hörte die Wellen kaum, nur die Vögel kreischten wie immer am Himmel. Wenn ich mich nicht täuschte, flog gerade ein Schwarm Flamingos landeinwärts. Vor mir auf einem Stein saß ein kleiner Leguan und sonnte sich. Wie lange er wohl schon so da saß? Ich warf ihm ein Stück Ei hin, aber er beachtete es nicht. Ob Devi auch gerade auf das Meer schaute? Eigentlich war mein Traum ja großer Unsinn, denn bestimmt war Devi eine bessere Schwimmerin als ich. Ob ich sie anrufen sollte?
Ich wollte gerne, aber aus irgendeinem Grund hatte ich Angst davor und wählte stattdessen die Nummer von Dr. Rosenblatt, um ihn um einen Termin am Nachmittag zu bitten, da ich ihm gerne von meinem Traum erzählt hätte. Leider, meinte er, sei er dann ausgebucht, aber jetzt gerade habe er ein paar Minuten Zeit. Er würde gerne wissen, was ich geträumt hatte.
„ Gerne, danke! Es war nicht so richtig ein Albtraum, aber ich bin total panisch aufgewacht. Ich war im Meer, nach einem Flugzeugabsturz, und Devi war auch mit unten. Ich habe es an die Oberfläche geschafft, aber ich habe Devi nicht mit hochziehen können. Als ich endlich wieder Luft bekam, bin ich aufgewacht. Aber ich fühle mich noch immer so abgekämpft, und so traurig.“
Dr. Rosenblatt fragte nach: „Devi ist ertrunken?“
„ Wahrscheinlich, es war nicht so ganz klar.“
„ Aber Sie selbst haben überlebt?“
„ Ja.“
„ Sie haben Angst um Devi. Oder davor, sich mit ihr einzulassen? Haben Sie Angst zu versagen?“
„ Ich weiß nicht. Was glauben Sie?“
„ Letztlich weiß immer nur der Träumer selbst, was ein
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