Club Suizid: Ein lustiger Roman über ein weniger lustiges Thema (German Edition)
merkte, was für einen Schlag er mir gerade versetzt hatte. Sie machte eine Inseltour – ohne mich? Waren wir uns zu nahe gekommen? Machte sie jetzt ihren berüchtigten Rückzieher? Und warum traf mich das so? Was wollte ich denn eigentlich von ihr?
Ich wusste schon, was ich wollte. Das Gefühl im Bauch, das mich seit drei Tagen begleitete, und das manche vielleicht als Glück umschrieben hätten, nicht wieder verlieren, das wollte ich!
An der Rezeption klingelte es und Henry ging ans Telefon. Er hörte kurz zu, sagte dann „Ok“ und legte wieder auf. Dann lächelte er mich an.
„ Devi steht draußen am Tor. Sie will dir was zeigen. Soll ich ihr sagen, dass du kommst?“
„ Sag ihr, ich bin in fünf Minuten da!“
Ich rannte auf mein Zimmer, zog mir eine andere Hose an, packte meine Geldbörse, putzte noch schnell die Zähne, und lief an den Terrassen entlang ums Hotel herum zum Tor. Ich wollte nicht, dass mich jemand so rennen sah. Das Tor war verschlossen. Aber ich wusste ja die Nummer noch: 4-3-2-1. Die Elektrik sprang an und das Tor begann, sich langsam zu bewegen. Draußen stand Devi neben einem großen Motorrad. Zwei Helme lagen auf der Sitzbank.
„ Hast du Lust auf eine kleine Inseltour?“
„ Klar.“ Ich fragte gar nicht erst, ob sie Motorrad fahren konnte und setzte den Helm auf. Es war gar nicht so einfach, mein Bein über den Sattel zu schwingen, und als ich endlich saß, wusste ich nicht, wohin mit meinen Füßen. Ich wollte sie nicht vom Boden heben, denn ich hatte so meine Bedenken, ob Devi mein Gewicht zusätzlich zu der schweren Maschine würde halten können. Das war die falsche Frage, wie ich merkte, sobald sie den Gang eingelegt hatte und losbrauste. Die Frage war eher, ob ich mich würde halten können. Ich war beim Anfahren bedenklich nach hinten gerutscht und arbeitete mich jetzt Zentimeter um Zentimeter wieder nach vorne. Obwohl wir uns ja schon sehr nahe gekommen waren, wollte ich trotzdem meine Hände nicht um ihren Bauch legen. Nur leider fand ich keinen Haltegriff. Also umklammerte ich den Sattel und verlagerte mein Gewicht auf die Füße, die endlich die richtigen Halterungen gefunden hatten.
„ Geht’s dir gut da hinten?“ schrie Devi gegen den Fahrtwind.
„ Super“, brüllte ich zurück.
Schon bald verließ sie die Küstenstraße und fuhr in den tropischen Wald hinein. Hier fuhr sie etwas langsamer. Es duftete intensiv, wahrscheinlich nach den bunten Blumen, die am Wegesrand wuchsen, oder auch von den Obst- und Gewürzplantagen her, die Bauern zwischen den Palmen angelegt hatten. Nach einigen Minuten verließ Devi die Straße und fuhr einen überwucherten Weg hinein, der bald ganz endete. Sie bremste und klappte den Ständer aus.
„ Steig ab, ich zeig dir was!“
Meine Füße berührten endlich wieder festen Boden. Ich war froh, dass ich geschlossene Schuhe anhatte, denn hier gab es bestimmt Schlangen und andere Tiere, die beißen konnten.
„ Hörst du was?“
Ich nahm den Helm ab und lauschte. Irgendwo rauschte Wasser. Die Hitze war hier im Waldesinneren noch intensiver als an der Küste, Grillen zirpten, und etwas huschte durch das Buschwerk. Devi zeigte nach oben, und dort in einem der Bäume saß ein grellroter Vogel und guckte uns neugierig an. Devi nahm meine Hand und führte mich in die Richtung, aus der das Rauschen kam. Plötzlich lichtete sich der Regenwald, und jetzt sahen wir den Wasserfall, der sich aus ungefähr 30 m Höhe in eine Lagune ergoss, die so klar und blau war, dass man kleine Fische erkennen konnte, die langsam umher schwammen.
„ Wow!“ sagte ich. „Wie hast du denn dieses Paradies gefunden?“
„ Komm, zieh dich aus, wir gehen schwimmen!“ sagte Devi.
„ Ich hab‘ aber keine Badehose dabei.“
Devi beachtete meinen Einwand nicht, zog sich ihre Kleidung aus und sprang kopfüber ins Wasser. Ich sprang hinterher – nachdem ich meine Kleidung schön ordentlich auf einen Stein gelegt hatte, in der Hoffnung, dass Krabbeltiere lieber im Gras blieben.
„ Bist du sicher, dass es hier keine Krokodile gibt?“ fragte ich. Als Antwort bespritzte Devi mich mit Wasser. Das Wasser war himmlisch. Wir schwamm auf einen Felsen zu, der genau in der Mitte der Lagune lag. Man konnte sich relativ leicht hochhieven. Der Stein war noch ganz warm, denn die Sonne war erst gerade hinter den Baumwipfeln verschwunden. Ich streckte mich aus und legte meinen Kopf auf Devis weiche Oberschenkel. Wollte ich wissen, warum sie erst ohne mich losgefahren
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