Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung
an, dass Zuhören oft die einzig sinnvolle »Antwort« auf die Aussagen von Klienten darstellt. Mancher mag
sich nun denken: »Zuhören kann doch jeder, was ist denn daran professionell?« Gerade Zuhören stellt aber etwas sehr Bedeutungsvolles
in der Gesprächsführung dar und wird dementsprechend auch immer wieder von Experten thematisiert (z. B.
Tausch
1973;
Gordon
1979). Beim Zuhören im hier unterlegten Verständnis handelt es sich ja nicht um ein distanziertes »Sich-Überrollen-Lassen«,
sondern um ein »präsentes Zuhören«. Je nach dem Ausmaß, in dem der Professionelle dem Gesprächspartner gegenüber seine Präsenz
deutlich macht, lässt sich passives Zuhören von aktivem unterscheiden.
Passives Zuhören
Passives Zuhören entspricht am ehesten dem, was sich der Laie unter Zuhören vorstellt. Der Gesprächspartner gibt keinerlei
Statements von sich, sondern demonstriert nur seine Aufmerksamkeit durch akustische Signale wie »hm«, »aha« usw. oder durch
mimische und gestische Rückmeldungen, wie Nicken und dergleichen. Das passive Zuhören stellt für viele Menschen eine echte
Herausforderung dar, weil sie auch das Unwahrscheinlichste erst einmal maximal akzeptierend anhören müssen. In |242| Coaching-Gesprächen erhält passives Zuhören grundlegende Bedeutungen für den Klienten und für den Coach.
(a )Die Bedeutung des passiven Zuhörens für den Klienten:
Viele Klienten wollen sich zu Beginn eines Coaching-Prozesses oder einer Coaching-Sitzung zuerst einmal alle ihre aktuell
relevanten Themen von der Seele reden. Für viele Führungskräfte stellt Coaching der einzige Ort dar, an dem sie einem innerlich
beteiligten Zuhörer alles, was ihnen einfällt, sprachlich ausbreiten können. Besonders in Arbeitsfeldern wie Psychotherapie,
Sozialarbeit oder Theologie müssen Führungskräfte ständig anderen »ihr Ohr leihen«, sodass sie es nach anfänglicher Irritation
im Allgemeinen sehr genießen, nun endlich mal bei einem anderen legitimerweise Gehör zu finden. Ein aufmerksamer Zuhörer bietet
dem Klienten auch den Vorteil, dass er alle seine Gedanken und Gefühle in sprachliche Strukturen fassen muss/kann, sodass
er selbst schon eine zumindest vorläufige Strukturierung seiner Anliegen vornimmt. Darüber hinaus bietet gerade ein schweigender
Zuhörer den Vorteil, dass der Klient bei Bedarf immer wieder einen inneren Rollentausch mit ihm vornehmen kann und dadurch
sogar noch einen »selbsterfundenen« Gesprächspartner gewinnt. Für viele andere Klienten erhält das passive Zuhören des Coach
die Bedeutung eines Warming-up. Sie wollen sich erst einmal »warm quatschen«, d. h. sich der Beziehung zum Coach (und eventuell
auch der zu sich selbst) vergewissern, bevor sie zu ihren eigentlichen Anliegen vorstoßen.
(b) Die Bedeutung des passiven Zuhörens für den Coach:
Aufseiten des Coach erfordert das passive Zuhören eine maximale Konzentration auf den Klienten und seine Darstellungen. Alles,
was der Klient sprachlich artikuliert, kann nun im Sinne einer weltoffenen Haltung auf den Coach erst einmal wirken, bevor
er irgendein Statement abgibt. Der Vorteil dieser Haltung besteht darin, dass sich die Eindrücke, die der Coach vom Klienten
gewinnt, umfassend verdichten können und er für darauf folgende sprachliche Artikulationen eine sehr viel höhere Treffsicherheit
gewinnt.
Aktives Zuhören
Beim aktiven Zuhören dagegen handelt es sich um spezielle Feedback-Formen. Sie können je nachdem, wie viel der Coach von sich
selbst einbringt, wieder unterschieden werden in Paraphrasieren und Verbalisieren.
|243| (a)
Paraphrasieren:
Beim Paraphrasieren versucht der Zuhörer mitzuteilen, was er vom Sender verstanden hat. Der Sender kann dann sofort gezielt
korrigieren oder erläutern. Paraphrasieren dient also primär der Überprüfung des sachlichen Informationsverständnisses. Dementsprechend
werden vom Coach auch keine eigenen Anteile eingebracht. Wie ich aber im Zusammenhang mit dem passiven Zuhören ansprach, ergibt
oft schon die sprachliche Strukturierung beim Klienten eine Klärung. Und diese Strukturierungsleistung des Klienten wird durch
Paraphrasieren seitens des Coach noch unterstützt. Beim Paraphrasieren handelt es sich also um Feedbacks, die eng an die Aussagen
von Klienten anschließen.
(b)
Verbalisieren:
Beim Verbalisieren gibt der Coach bereits ein breiteres Feedback. Hierbei fasst er in Worte, was der Klient
Weitere Kostenlose Bücher