Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung
sprachlich zwischen
den Zeilen mitteilt oder in Mimik und Gestik offenbart, wie z. B. Beziehungsaspekte, Appelle usw. Der Informationsgehalt,
der vom Sprecher noch nicht eigens prägnant gemacht wurde, wird nun vom Coach verbalisiert. In diesem Sinne übernehmen Berater
eine »Hebammenfunktion« (
Comelli
1985). Klienten lernen damit, Botschaftsanteile bei sich selbst zu beachten, die bislang eher in ihrem Un- oder Vorbewussten
ruhten. Durch die sprachliche Artikulation dieser Anteile durch den Coach und damit die Transformation ins wache Bewusstsein
setzen sich Klienten oft erst mit diesen auseinander. Hierbei handelt es sich also um Feedbacks, in die schon Interpretationen
des Coach einfließen. Sie orientieren sich allerdings immer noch stark an den Aussagen der Klienten.
4.3 Fragen stellen
Fragen zu stellen und vor allem die richtigen zu stellen wird von manchen Autoren als die wichtigste Aufgabe eines Coach betrachtet
(z. B.
Whitmore
1994). Wie Zuhören kann natürlich auch jeder Mensch Fragen stellen. Um aber in einem professionellen Zusammenhang gezielt
zu fragen, bedarf es ebenfalls einer gewissen professionellen Kunstfertigkeit. Dem Fragenstellen kommt beim Coaching eine
Reihe von Funktionen zu: Zunächst muss der Coach zum Zwecke einer sinnvollen Verständigung mit dem Klienten faktische Informationen
von diesem erfragen. Sodann |244| sind durch Fragen die Sichtweisen und Bewertungen von Klienten im Hinblick auf ihre Anliegen zu ermitteln. Fragen des Coach
können aber auch wichtige Entwicklungsanstöße für Klienten ergeben.
(a) Informationsfragen:
Jeder Coach muss sich in die Berufswelt seines Klienten erst einfinden, d. h. eine spezielle »Landkarte« in seinem Kopf zurechtbasteln,
um mit dem Klienten über diese seine Welt angemessen kommunizieren zu können. Dabei geht es oft um komplexe Phänomene, wie
z. B. die Funktionen des Klienten, seine Stellung in einem System, um die Konstituenten eines Systems, um Einflüsse der Systemumwelt
usw. Solche zu großen Teilen objektiven Daten sollte sich ein Coach nicht scheuen, bei Bedarf zu erfragen, weil er sonst zu
groben Fehleinschätzungen gelangt. Ein Coach kann erst dann die »richtigen« Fragen stellen, wenn er in seinem Hinterkopf einen
fachlich kompetenten Fragenkatalog bereithält. Dieser resultiert aus seiner je spezifischen Feldkompetenz.
(b) Fragen nach Sichtweisen und Bewertungen:
Eine andere Kategorie von Fragen betreffen die speziellen Sichtweisen von Klienten, d. h. ihre Einschätzungen und Bewertungen.
So ist es im Coaching geradezu selbstverständlich, dass Klienten immer wieder nach ihrer Einschätzung im Hinblick auf bestimmte
Situationen, im Hinblick auf ihre eigenen Erklärungen von Problemen usw. befragt werden müssen (
König, Volmer
1993); denn erst auf diese Weise erschließt sich ja dem Coach der spezielle Horizont des Klienten und die jeweilige Problemformulierung,
die er bislang vorgenommen hat. Es ist auch geradezu selbstverständlich, Klienten im Hinblick auf ihre bisherigen Lösungsversuche
zu interviewen (
Whitmore
1994), denn nur so gelingt es ja einzuschätzen, an welchem Punkt die Beratung ansetzen kann. Auf diese Weise lässt sich der
Beratungsradius erst einkreisen. Und nicht zuletzt sollten Klienten immer nach ihren eigenen Zielsetzungen, mit denen sie
in die Beratungssituation eingetreten sind, befragt werden. Zentrale Voraussetzung aufseiten des Coach ist bei dieser Art
von Fragen, dass er dem Klienten aufmerksam zuhören kann und auch die erstaunlichsten Einschätzungen, Problemformulierungen
usw. fürs Erste gelten lässt.
(c) Entwicklungsfragen:
Fragen zu stellen, die zur Entwicklung von Klienten förderlich sind, erfordert vom Coach hohe Kompetenzen als Kommunikator.
Ziel dabei ist es, dem Klienten zur Veränderung seiner |245| Deutungsmuster zu verhelfen. Dabei sind die Art und der Inhalt von Fragen relevant:
Jeder professionelle Kommunikator wird es vermeiden, Fragen zu stellen, die nur mit »ja« oder nur mit »nein« zu beantworten
sind. Entwicklungsfördernd wirken dagegen offene Fragen, auf die schon automatisch detailreich geantwortet werden muss. Die
auf diese Weise gelockerte Antwortenfülle eröffnet dem Coach zunächst ein breites Themenfeld zum aufmerksamen Zuhören. Dieses
Themenfeld muss aber nun im Hinblick auf seine subjektive Relevanz sortiert werden. Dabei wird der Coach zuerst durch Feedbacks,
sodann durch Nachfragen zu
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