Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung
Er stöhnte: »Ich habe immer versucht |300| mitzumischen. Alle meine Handlungen waren nur Reaktionen. Deshalb habe ich mich im Verlauf meiner letzten beiden Berufsjahre
auch immer bodenloser gefühlt, obwohl ich doch meinte, mich vom Vater und dem Therapiesystem emanzipiert zu haben.« Der Klient
wirkte nun erleichtert. »Ich glaube, ich muss einfach mir selbst treu bleiben und diesen albernen Rivalitätsclinch nicht mehr
mitmachen«, war sein abschließender Kommentar.
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5. Einzelne Materialien und ihre Anwendung im Coaching
Im Folgenden will ich nun Materialmedien, die sich fürs Coaching nutzen lassen, darstellen und ihre Anwendung an Beispielen
erläutern. Die Reihenfolge ist dabei allerdings nicht zufällig. Sie erfolgte nach dem Kriterium »Üblichkeit« versus »Unüblichkeit«
bzw. nach der subjektiven Kompatibilität zur Führungsberatung. Von den meisten Klienten werden Zeichnungen auf Papier spontan
durchaus als zum Coaching passend erlebt. Medien wie Musikinstrumente oder gar solche zum Maskenbau wirken für viele Coaching-Klienten
aber nicht passend oder »stark gewöhnungsbedürftig«. Die »Gewöhnungsbedürftigkeit« bestimmt sich allerdings hochgradig danach,
wie viel Selbstoffenbarungs- und Regressionsbereitschaft die Ladung eines Mediums bzw. seine Anwendung erfordert. Da die Ladung
von Materialmedien jeweils unterschiedlich viel Zeit in Anspruch nimmt, werde ich bei der Darstellung der einzelnen Medien
auch diesen Gesichtspunkt berücksichtigen.
5.1 Zeichen- und Malutensilien
Die meisten Menschen sind es gewöhnt, schnell eine Skizze auf ein Blatt Papier zu bringen. So ist es auch für die meisten
Klienten keineswegs erstaunlich, wenn sie gebeten werden, mit einem Bleistift auf Papier z. B. die formale Struktur ihrer
Organisation aufzuzeichnen. Als weniger selbstverständlich wird aber schon das Malen mit bunten Farbstiften oder gar mit Fingerfarben
erlebt.
Vielfach äußern Klienten nur ein diffuses Unbehagen über ihren Arbeitsplatz. Dann ist es sinnvoll, sie zu bitten, ein »phänomenologisches
Organigramm« (
Massarik
1983) anzufertigen. Dabei malen sie, so wie es |301| ihnen gefühlsmäßig zugänglich ist, zum Thema »Ich in meiner Organisation«. Verwendet werden dabei große Bögen von Papier und
bunte Filzstifte, Wachsmalkreiden oder Fingerfarben. Am Ende der Malaktion deuten die Klienten das Bild im Dialog mit dem
Coach aus. Solche Medienanwendung setzt bereits eine höhere Bereitschaft zur Regression voraus. Die meisten Menschen verbinden
nämlich mit bunten Farbstiften und besonders mit Wasser-, Plaka- oder Fingerfarben »Kinderschmierereien« oder »Kunstunterricht«
in der Schule.
Für die Arbeit mit feuchten Farben ist im Allgemeinen ein höheres Maß an Muße notwendig, das nur bei zwei- oder dreitägigen
Veranstaltungen gegeben ist. Beim Einsatz dieser Medien haben auch viele Klienten die Befürchtung, ihre Kleidung zu beschmutzen,
sodass es sich empfiehlt, sie auf die Verwendung solcher Medien eigens vorzubereiten.
Das dreitägige Team-Coaching des Führungskaders eines Kinderheims wurde mit den Teilnehmern ausführlich vorbereitet. Dabei
ging es nicht nur um die Ermittlung von Themen wie z. B. die »Elternarbeit« oder die »Gruppenpädagogik«, es ging auch um Fragen,
welche Medien an dem Wochenende zum Einsatz kommen sollten. Die Teilnehmer interessierten sich für die Verwendung von Ton,
Fingerfarben und Puppen. Sie beschlossen, die Medien zu besorgen und den bei der Planung nicht anwesenden Kolleginnen und
Kollegen wegen passender Kleidung und einiger noch mitzubringender Utensilien Bescheid zu sagen.
Malutensilien lassen sich im Coaching zur Auseinandersetzung mit Ist-Zuständen von einzelnen Menschen und von Kontexten nutzen.
Sie werden aber auch häufig angewandt, um prozessuale Phänomene darzustellen. In diese Kategorie fallen alle »Panoramen«.
Bei Panoramen werden im Allgemeinen verschiedene bislang erlebte Stadien auf eine Tapetenrolle aufgemalt. So lässt sich ein
generelles »Arbeitspanorama« (
Heinl
et al. 1983), ein »Leistungspanorama«, ein »Panorama der Organisationsgeschichte« usw. fertigen. Ein Panorama gibt dann den
je individuell erlebten Entwicklungsprozess der eigenen Leistungsgeschichte, der Berufsgeschichte, der Geschichte einer Organisation
usw. wieder.
5.2 Bausteine, Magnetsteine
Bei bunten Bausteinen handelt es sich nun wieder um ein »sauberes
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