Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung
Tagungshotels, in dem die Veranstaltung stattfand, einen vollen Eimer mit Kartoffeln und möglichst
viele Kartoffelschälmesser zu bringen. Nun schlug sie dem Abteilungsleiter vor, den »Antreiber« zu spielen. Er sollte die
übrigen Mitarbeiter, die nun alle Kartoffeln schälten, zu mehr Eile veranlassen. Bei dieser Sequenz wurde für alle Beteiligten
deutlich spürbar, zu welch vielfältigen psychischen und somatischen Symptomen sie durch die Haltung des Abteilungsleiters
gelangten. Er selbst war jetzt sehr betroffen, zumal sich deutlich zeigte, dass die Antreiberei für die Qualität und sogar
die Geschwindigkeit eher gegenläufige Effekte erbrachte.
Zusammenfassung
Dieses Kapitel beschreibt »methodische Anleihen im Kinderzimmer«, d. h. bislang eher unübliche methodische Maßnahmen im Coaching.
Dabei handelt es sich um den Einsatz von Materialien, deren Anwendung meistens höhere Grade von Selbstoffenbarung und Regression
erfordert. Die grundlegende Bedeutung dieser Mediengruppe wird in ihrer Transferfunktion für rationale und nichtrationale
Botschaften von Klienten verortet. Daneben kommt gerade diesen Medien eine hohe Bedeutung für die Flexibilisierung des Selbstausdrucks
von Klienten zu. Die Anwendung dieser Medien erfordert vom Coach eine fast noch größere Umsicht als die im letzten Kapitel
beschriebenen erlebnis- und handlungsorientierten Maßnahmen. Auswahl und Einsatz des jeweiligen Mediums müssen auf die Person
des Klienten, auf die Situation und auf den zeitlichen Rahmen des Coaching abgestimmt sein. Sie dienen besonders zu Rekonstruktionen
und anschließenden Problemformulierungen. Außerdem begünstigen |308| sie spontane Umstrukturierungen von Deutungsmustern. Und manche dieser Medien wirken sogar unterstützend bei Rollentrainings.
Als potenzielles Problem bei der Anwendung dieser Mediengruppe wird die Deutungshaltung des Coach thematisiert. Er hat keine
eigenen Deutungen zu geben, sondern er steht dem Klienten eher als »Hebamme« für eigene Ausdeutungen zur Seite. Zum Abschluss
stelle ich dann etliche fürs Coaching anwendbare »Materialien aus dem Kinderzimmer« vor. Hier reicht das Repertoire von Stiften
über Puppen und Collagen bis zur Arbeit mit Musikinstrumenten und Masken.
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|309| Kapitel 12
Der Coaching-Prozess
Auch die Handhabung des Coaching-Prozesses bedarf einer Reihe von Überlegungen. Am Anfang steht die Eingangsdiagnostik, d.
h. eine erste Sichtung und Einschätzung des Berufs- und Themenfeldes der Klienten durch den Coach. Darauf folgt eine Kontraktphase,
in der formale und soziale Vereinbarungen für die gemeinsame Arbeit getroffen werden. Aus den Kontrakten ergeben sich je spezifische
Verlaufsformen des Coaching, die vom Berater je unterschiedlich zu handhaben sind. Jede Beratung findet aber nun irgendwann
ein Ende. Auch dieses bedarf einiger professioneller Überlegungen.
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1. Die Eingangsdiagnostik im Coaching
Es ist eine grundlegende Aufgabe des Coach, für die Bedürfnisse von Klienten nach Beratung jeweils die passende professionelle
Form zu finden. Dies gelingt allerdings nur dann, wenn die Beratung bei einer kompetenten diagnostischen Einschätzung des
Themen- oder Problemfeldes von Klienten ihren Ausgang nimmt. Dabei kommt dem Coach im Prinzip die Aufgabe der Komplexitätsreduktion
zu, d. h. er muss das anfangs oft unübersehbar wirkende Themen- und Problemfeld zumindest vorläufig strukturieren. Erst anhand
der Eingangsdiagnostik lassen sich nämlich angemessene Empfehlungen für die »richtigen« Ziele des Coaching, für sein »richtiges«
Setting und seinen »richtigen« Ablauf aussprechen.
Eine kompetente Eingangsdiagnostik erweist sich als umso wichtiger, je komplexer die von Klienten vorgetragene Thematik ist,
je mehr Personen in sie verwoben sind und je mehr Personen am Coaching teilnehmen. Je höher allerdings der aktuelle Problemdruck
von Klienten ist, desto mehr Widerstand setzen sie einer reflexiven Sichtung des Problemfeldes |310| entgegen. Sie wollen dann natürlich so schnell wie möglich »zur Sache« kommen. Ein Coach tut aber meistens gut daran, zu Beginn
der gemeinsamen Arbeit eine zweistündige Sitzung als primär diagnostische zu nutzen. Methodisch sollte hier eine möglichst
anschauliche Rekonstruktion des fraglichen Ist-Zustandes der Klienten in ihrem jeweiligen Umfeld erfolgen, außerdem eine erste
Prozessanalyse der fraglichen
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