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Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung

Titel: Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Schreyoegg
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organisatorischer Einheiten. Nicht selten begegnen uns nämlich beim Coaching destruktive Prozesse, die ein gesamtes
     soziales System infiltrieren.
     
    In einer stationären Einrichtung der Drogentherapie hatte sich ein Prozess ergeben, bei dem einige der altgedienten Mitarbeiter,
     angefeuert durch eine Teamsupervisorin, die Überzeugung entwickelten, dass ihre Tätigkeit als Ganztagsarbeit zu aufreibend
     sei. Sie übten zu fünft einen beträchtlichen Druck auf Leitung und Geschäftsführung aus, um Halbtagsstellen durchzusetzen.
     Der Leiter als Hüter des hauseigenen Konzeptes, der das System von Anfang an aufgebaut hatte, widersetzte sich ihrem Anliegen
     mit dem Hinweis, dass in diesem Fall mehr Personal angestellt werden müsste, was für die Klienten ein unvertretbar hohes Maß
     an Komplexität des Systems mit sich brächte. Im weiteren Verlauf entwickelte sich eine zunehmende Eskalation zwischen Befürwortern
     und Gegnern der Halbtagsidee. Die einen drohten mit Kündigung, um ihre Interessen durchzusetzen, die anderen reagierten mit
     Verweigerung der Kooperation. Der Leiter fühlte sich innerlich wie gelähmt, trug aber aus Abwehr gegen seine Ohnmachtsgefühle
     eine eher aggressive Fassade zur Schau. Beim Coaching artikulierte er seine Angst, das System könne durch Weggang der fünf
     »Halbtägler« Schaden nehmen; denn »es ist doch sehr schwer, fünf so potente Therapeuten wieder heranzuziehen«. Zu der schon
     bestehenden Empörung über die Halbtagsideen war er auch verärgert, dass er aufgrund seiner Befürchtungen um das System erpressbar
     sein könnte.
    Als er sich mit der weiteren Zukunft des Systems beschäftigte, wurde ihm deutlich, dass der Ausstieg dieses Teilsystems auch
     eine Erleichterung darstellen könnte; denn genau diese Mitarbeiter bildeten einen »sozial-orientierten« Kulturflügel (
Brody
1993), der in der letzten Zeit jeweils alle seine professionellen Anforderungen infrage gestellt hatte. »Ich glaube fast,
     ich selbst habe in den letzten Jahren einen starken Veränderungsprozess durchlaufen«, meinte er nun, »den wollten diese Kollegen
     einfach nicht mitvollziehen. Schade, wir haben uns früher gut verstanden, aber ich bin ganz klar entschieden, dass unser System
     deutlicher professionalisiert werden muss, sonst geht es unter. Da passen solche Wehleidigkeiten nicht mehr.« Er stellte diesen
     Zusammenhang nun ganz ruhig im Team dar, worauf eine »wehmütige Stille« im Raum einkehrte. Jetzt wurde es ihm auch möglich,
     die fünf Mitarbeiter in Frieden gehen zu lassen und zielstrebig eine neue Crew von Teamern aufzubauen. Seine vorher gut ausgeprägten
     Möglichkeiten sozialer Integration kamen nun wieder voll zum Tragen.
    |170| 2.2 Ausbau von Gestaltungspotenzialen
    Eine besondere Aufgabe von Coaching besteht im Ausbau menschlicher Gestaltungspotenziale im Beruf. Sie lassen sich auf individuelle
     und soziale Gestaltungsmöglichkeiten fokussieren.
    Ausbau individueller Gestaltungspotenziale
    Zu diesem Bereich finden wir in der Coaching-Literatur (z. B.
Ulrich
1993) umfangreiche Kataloge, die Kreativität, Kommunikationsfähigkeit, die Möglichkeit zur Selbstkongruenz, maximale Konfliktverarbeitungsfähigkeit
     usw. umfassen. In jedem gelungenen Coaching-Prozess können diese und andere individuellen menschlichen Möglichkeiten entlang
     der Bearbeitung konkreter Arbeitsthemen kontinuierlich gefördert werden. Sie sind gewissermaßen Nebeneffekte eines qualifizierten
     Coaching.
    Wie im 3. Kapitel schon beschrieben, besteht das Ziel von Coaching in manchen Fällen auch darin, Klienten zu unterstützen,
     ein neues Wirkungsfeld zu finden, das ihren schon vorhandenen Potenzialen besser als das aktuelle entspricht. Dabei handelt
     es sich dann idealerweise nicht um einen »dramatischen Weggang«, sondern um einen wohl überlegten Wechsel.
    Ausbau sozialer Gestaltungspotenziale
    Wie aus allem bisher Gesagten deutlich wurde, zielt Coaching nie auf eine »solipsistische Nabelschau«. Als Form beruflicher
     Beratung ist es in der einen oder anderen Weise fast automatisch mit sozialen Phänomenen befasst. In diesem Sinn geht es beim
     Coaching oft um eine effektivere oder humanere Ausgestaltung beruflicher Beziehungen; oder es geht im Sinne von »Selbstmanagement
     in Rollen« (
Auer-Hunzinger, Sievers
1991) um sinnvollere oder umfassendere Ausgestaltungen einer gegebenen Position. Eine besonders günstige Möglichkeit zur Realisierung
     solcher Ziele ergibt sich, wenn

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