Cobra
Droge zu sich nehmen?«
»Wahrscheinlich wäre eine hohe Anfangsdosis erforderlich«, gab Jame ihr Recht. »Wozu dann aber überhaupt noch das Blussaschilf besprühen?« Er runzelte die Stirn. »Ich muss allerdings zugeben, das Komitee hat sich in letzter Zeit sehr für die aventinische Flora interessiert, und ich erinnere mich, dass in einer der Studien, die ich bearbeitet habe, Blussaschilf erwähnt wurde.«
»In welchem Zusammenhang?«, fragte Jonny und beugte sich vor.
»Lass mich nachdenken …« Jame starrte in seinen Kahve. »Wenn ich mich recht erinnere, handelte es sich um den Teil einer Studie über strategisch wichtige Mineralien, die D’arl uns hat anfertigen lassen. Irgendwie ging es darum, dass Aventine autark werden soll, falls der Troftkorridor geschlossen wird. Ich hatte die Information ausgegraben, dass eure Blussapflanze ungewöhnlich gut ein bestimmtes Metall absorbiert – welches, habe ich vergessen -, vor allem im Spätherbst.«
»Und aus dieser Studie hat er zweifellos erfahren, dass Gantuas sich als einzige Lebewesen, die größer als Insekten sind, von Blussapflanzen ernähren«, meinte Jonny. »Sein Agent injizierte also einigen Gantuas eine massive Dosis eines Halluzinogens und besprühte zusätzlich die Blussas in der Nähe, damit sie nicht von ihrem High herunterkommen, bevor wir auf sie aufmerksam geworden sind.«
»Jonny, mit dem, was du da sagst, schrammst du haarscharf an staatsgefährdenden Äußerungen vorbei.« Jame sprach kaum hörbar, seine Hand umfasste starr den Becher. »Selbst wenn es stimmt, du hast nicht den geringsten Beweis, der auf D’arl selbst hindeutet.«
»Noch nicht. Aber vielleicht kannst du mir diesen Beweis beschaffen.«
James Gesicht schien zu einer Maske zu erstarren. »Wie meinst du das?«
»Wenn irgendwelche Leute an Bord eures Schiffes darin verwickelt sind, dann haben sie bestimmt Verbindung mit ihrem Agenten hier aufgenommen. Du kannst dir das Funklogbuch vornehmen und nach codierten Nachrichtenübertragungen suchen.«
Eine ganze Weile blickten Jame und sein Bruder sich tief in die Augen. »Jetzt verlangst du von mir, mich unloyal zu verhalten«, meinte Jame endlich.
»Tu ich das? Wenn D’arl in diese Affäre verwickelt ist, sollte dann nicht das gesamte Zentrale Komitee davon erfahren? Und wenn jemand hinter seinem Rücken arbeitet – aus welchem Grund auch immer -, solltest du das nicht herausfinden und ihn davon in Kenntnis setzen?«
»Und wenn das Ganze von irgendeinem aventinischen Gewächs ausgelöst wurde, würde ich dann nicht das Vertrauen verletzen, das Komitee-Mitglied D’arl in mich gesetzt hat?«, entgegnete Jame.
»Du musst mir helfen, Jame«, drängte Jonny ihn vorsichtig und hatte Mühe zu verhindern, dass sich ein Hauch von Verzweiflung in seine Stimme schlich. Jame hatte Recht: Er hatte in der Tat keinerlei Beweis, dass D’arl die aventinische Politik manipulierte. Und solange er diesen nicht beschaffen konnte, würde das Komitee-Mitglied seinen Plan ungehindert weiterverfolgen. »Siehst du nicht, wie die dauernde Anwesenheit von Cobras unsere Gesellschaft entstellen würde? Ich will nicht, dass D’arls Cobra-Kaderschmiede auf Aventine errichtet wird. Und schon gar nicht aufgrund irgendwelcher Betrügereien.«
Er hielt unvermittelt inne, der Ausbruch war ihm peinlich. Jame fuhr gedankenverloren mit dem Finger über den Rand seines Bechers, dann hob er den Kopf und blickte Gwen an. »Wie denkst du darüber?«, fragte er sie.
Sie zuckte leicht mit den Achseln. »Ich bin kaum einen Tag hier, Jame – ich kann mich wirklich nicht über das Für und Wider dieser sogenannten Cobra-Fabrik auslassen. Aber wenn Jonny sagt, es wäre schlecht …« Sie musste grinsen. »Du weißt doch, alles, was Jonny sagt und tut, ist richtig.«
Jame entspannte sich und erwiderte das Grinsen. »Doch nur deshalb, weil er in deiner kritischen Entwicklungszeit nicht da war und du dich nur mit mir streiten konntest«, sagte er.
»Jonny hat in dieser Zeit eine Menge für das Imperium getan«, antwortete sie leise.
Jame blickte wieder in seinen Kahve. »Ja, das hat er, nicht wahr?« Er holte tief Luft und schürzte die Lippen.
»Also schön«, sagte er schließlich und sah Jonny erneut in die Augen. »Ich denke, ich kann es riskieren, mir den Ärger von D’arl für etwas zuzuziehen, das dir wichtig ist. Aber ich kann dir nicht einfach irgendwelche Logbücher überlassen, die ich finde. Schließlich stehen sie unter Geheimhaltung.«
Jonny
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