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Cobra

Titel: Cobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Zahn
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Methode: mit der Erkundung des Geländes. Manchmal stundenlang wanderte er auf der Menssana umher, lernte alles über sie und stellte in Gedanken lange Listen mit Stärken, Schwächen, Eigenarten und Möglichkeiten auf. Er lernte die Namen jedes Einzelnen der vierzehn Besatzungsmitglieder und der sechs Marines auswendig und versuchte, möglichst gut einzuschätzen, wie sie in einer Krisensituation reagieren würden. Bei den Passagieren erwies sich das als etwas einfacher: Da sie das gleiche Übermaß an Freizeit hatten wie er selbst, waren sie nur zu gern bereit, sich mit ihm beim Schachspielen oder mit einem Gespräch die Zeit zu vertreiben. Mehr als einmal wünschte sich Jonny, er hätte Cally Halloran mitgenommen, aber auch ohne dessen Geschick bei psychologischen Einschätzungen gelang es ihm bald, die Passagiere in die alte militärische Kategorie einzuteilen: in jene, die mit einer Krise umgehen und sich auf sie einstellen konnten, und jene, die dies nicht konnten. Die Gruppe der Ersteren wurde von zwei leitenden Handelsvertretern angeführt, die Jonny schon bald als seine Freunde und auch als mögliche Verbündete betrachtete: Dru Quoraheim, leitende Angestellte eines Pharmakonzerns, die ihn wegen ihres Gesichts und ihres trockenen Humors ein wenig an Ilona Linder erinnerte, und Rando Harmon, der sich für seltene Metalle und – gelegentlich – für Dru Quoraheim interessierte. Eine Weile überlegte Jonny, ob Dru sich ihm angeschlossen hatte, um einen gewissen Schutz vor Harmons Annäherungsversuchen zu finden. Dann wurde ihm klar, dass diese Annäherungsversuche absolut nicht ernst gemeint waren. Das Ganze war nur ein wohldurchdachtes Spiel, das den Teilnehmern Gelegenheit gab, sich von den Phantasiebildern lautloser Troft-Kriegsschiffe abzulenken.

    Und als seine Erkundung abgeschlossen war … hieß es wieder warten. Er spielte Schach mit Dru und Harmon, hielt sich über das Vorankommen des Schiffes auf dem Laufenden und versuchte – allein, spätabends -, irgendeinen Weg zu finden, wie sich der Krieg verhindern ließe, wenigstens für Aventine. Und er fragte sich, ob und wann die Trofts einen Angriff gegen die Menssana führen würden.
    Fünfundzwanzig Lichtjahre vom Weltraum des Imperiums entfernt war es dann schließlich so weit.
     
    Es war Abend, laut Bordzeit, und die meisten Passagiere saßen im Salon, unterhielten sich in Zweier- oder Dreiergruppen, tranken ein Glas miteinander oder machten ab und zu ein Spiel. An einem Tisch in der Nähe der Bar war es Jonny, Dru und Harmon gelungen, alle drei Betätigungen in Form eines leichten aventinischen Sherrys und einer ganz besonders tückischen Runde Dreiseitenschachs zu einer Synthese zu vereinen.
    Ein Spiel, das Jonnys rote Figuren gnadenlos zu verlieren drohten. »Sie sind sich natürlich darüber im Klaren«, bemerkte er dazu an seine Gegner gerichtet, »dass die freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen Ihnen beiden allem Anschein nach auf eine betrügerische Absprache Ihrer Firmen hindeutet. Sollte ich dieses Spiel verlieren, werde ich gleich nach unserer Ankunft auf Asgard einen Haftbefehl erwirken.«
    »Der hat vor Gericht niemals Bestand«, murmelte Harmon gedankenverloren. Er hatte allen Grund, auf der Hut zu sein. Dru verstärkte langsam, aber unerbittlich den Druck auf seine Königsflanke, und viel zu viele seiner Figuren befanden sich in der falschen Stellung, um eingreifen zu können. »Dru ist diejenige, die sich offenbar heimlich Unterlagen der Taktischen Abteilung beim Vereinten Oberkommando besorgt hat.«
    »Schön wär’s.« Dru schüttelte den Kopf. »Wenigstens hätte ich dann während des Krieges eine Aufgabe. Marktentwickler bekommen nicht viel zu tun, wenn der Markt schrumpft.«

    Für ein paar Minuten war das Klicken der Schachfiguren das einzige Geräusch. Dru startete ihren Angriff, Harmon verteidigte sich, und Jonny nutzte die Atempause, um seine eigenen Figuren erneut in Stellung zu bringen. Harmon lag beim Figurentausch einen Zug zurück, was damit endete, dass er seine gemütliche Mauerstellung aufgeben musste. »Erklären Sie mir doch nochmal das mit der betrügerischen Absprache«, beschwerte er sich.
    »Nun, ich könnte mich natürlich geirrt haben«, räumte Jonny ein.
    Harmon brummte etwas und nippte an seinem Drink. »Das wird für lange Zeit der letzte aventinische Sherry sein, den irgendjemand zu Hause bekommt«, meinte er. »Wirklich ein Jammer.«
    »So ist das im Krieg gewöhnlich.« Jonny zögerte. »Sagen

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