Cobra
wusste, wie absichtlich irreführend Moff sich ausgedrückt hatte. »Mich interessiert auch das Verhältnis zwischen Tarbinen und Bololins. Ist der Tarbin ausschließlich ein Parasit, der einfach mitgeschleppt wird, ohne selbst etwas beizusteuern?«
»Nein, das Verhältnis ist ausgeglichener. Oft helfen die Tarbine, ihre Bololins gegen Angriffe von Raubtieren zu verteidigen,
und man nimmt an, sie suchen aus der Luft geeignete Weidegründe.«
»Ich dachte, die Bololins wandern gern entlang der magnetischen Feldlinien«, warf Rynstadt ein. »Können sie jederzeit von diesem Pfad abweichen, wenn sie auf Nahrungssuche sind?«
Moff warf ihm einen befremdeten Blick zu. »Natürlich, die magnetischen Linien benutzen sie lediglich als Linien zu den Weidegründen im Norden. Woraus haben Sie dieses Verhalten abgeleitet?«
»Der entscheidende Hinweis war die Anlage von Sollas«, erwiderte Cerenkov, bevor ihm Rynstadt zuvorkommen konnte. »Die breiten Boulevards sind alle parallel zu den Feldlinien ausgerichtet, jedoch fehlen jegliche Vorkehrungen für den Fall, dass die Bololins in eine andere Richtung ausweichen. Ich glaube, Marcks Frage bezieht sich auf den Umstand, dass die Menschen, als die Herde durch die Stadt zog, sich nur in die Nebenstraßen zurückgezogen haben, so als wüssten sie, dass die Bololins nicht auch nur geringfügig von ihrem Pfad abweichen würden. Einer unserer Wissenschaftler an Bord hat sich gefragt, ob sie nicht sogar gezwungen sind, sich genau an ihren jeweiligen Weg zu halten.«
»Nein, natürlich nicht.« Moffs fragender Blick bekam einen argwöhnischen Zug. »Sonst würden viele gegen Gebäude prallen, anstatt ihren Weg durch die Straßen zu suchen. Aber woher wusste Ihr Kollege eigentlich, wo die Menschen standen?«
Joshuas Herz setzte einen Schlag aus. Die Qasamaner hatten sich nicht im Geringsten anmerken lassen, ob sie von seinen implantierten Sensoren wussten, und doch kam er sich plötzlich vor, als hätte sich jeder im Wagen nach ihm umgedreht. Mit einem Mal fühlte er sich wieder in die Kindheit zurückversetzt, in all die Situationen, in denen seine Mutter mühelos seinen unschuldigen Gesichtsausdruck durchschaut hatte.
Doch Cerenkov war bereits wieder Herr der Situation. »Wir haben ihnen natürlich davon erzählt«, sagte er im Tonfall aufrichtiger Verwunderung. »Wir haben ihnen den gesamten Vorfall geschildert, während Sie geschossen haben. Unsere Leute an
Bord waren auch an dem sonderbaren Paarungsverhalten der Mojos interessiert – zumindest kam ihnen das, was ich ihnen darüber berichten konnte, sonderbar vor. War das eine Art ritueller Tanz oder ein sonstiges rituelles Verhalten, das ich nicht ganz mitbekommen habe?«
»Sie scheinen sich sehr für die Mojos zu interessieren«, sagte Moff, während sich sein Blick in Cerenkovs Augen bohrte.
Cerenkov zuckte mit den Achseln. »Wieso auch nicht? Sie müssen zugeben, Ihr Verhältnis zu ihnen ist in der Geschichte der Menschheit einzigartig. Ich weiß von keiner anderen Kultur, in der die Menschen über einen so universellen Schutz verfügen – einen Defensivschutz, meine ich, nicht bloß das weitverbreitete Tragen von Waffen. Das muss doch jede Form der Aggression vermindert haben, von einfachen tätlichen Angriffen bis hin zu großen Kriegen.«
Joshua runzelte die Stirn, als es ihm plötzlich dämmerte. Er war so damit beschäftigt gewesen, die Einzelheiten und Kleinigkeiten qasamanischen Lebens zu beobachten, dass ihm das große Ganze entgangen war. Cerenkov offenbar aber nicht … und wenn er Recht hatte, dann hatten die Trofts vielleicht doch allen Grund, besorgt zu sein. Eine menschliche Kulturform, die über die Willenskraft verfügte, das Muster zu durchbrechen, demzufolge die Starken die Schwachen zu ihrer Beute machen, besäße reichlich Kooperationsbereitschaft und hätte nur wenig Sinn für Wettbewerb … und wäre eine mögliche Bedrohung für ihre Nachbarn, ganz gleich, auf welchem technologischen Stand sie sich befand.
Inzwischen sprach Moff wieder. »Und das haben wir Ihrer Ansicht nach unseren kleinen Mojos zu verdanken?«, fragte er und streichelte den Hals seines Vogels. »Unserem Volk oder unserer Lebenseinstellung trauen Sie das nicht zu?«
»Doch, natürlich«, sagte Rynstadt. »Aber es hat zahllose Kulturen in der Geschichte gegeben, die großartige Lippenbekenntnisse über Gerechtigkeit und Angstfreiheit abgegeben haben, ohne tatsächlich etwas für ihre Bürger zu tun. Sie – und besonders jene
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