Cobra
Ernährung als auch den Schutz seiner Jungen auf ein anderes Individuum – eine vollkommen andere Spezies, um genau zu sein – und braucht sich daher nicht selbst aufzuopfern.«
»Aber was treibt den Tarbin, so lange zu leben, bis der Embryo ihn tötet?«, wandte Pyre ein. »Und was ist mit der Erziehung, die die meisten Jungtiere von ihren Eltern bekommen?«
Christophers Stimme ertönte in der Leitung. »Sie denken an das bei Insekten übliche Verhaltensmuster, bei dem eine Art ihre Eier im Körper einer anderen ablegt, die daraufhin nach dem Schlüpfen den Larven als Nahrung dient. Der junge Mojo dagegen muss sein Wirtstier nicht unbedingt töten. Wenn Sie sich einmal genau ansehen, wie Haut und Muskeln auf dem Rücken eines Tarbins angeordnet sind, dann sieht es ganz danach aus, als könnte die kritische Zone einfach geöffnet und wieder geschlossen werden, und das bei nur minimaler Verletzung
und ohne dass er tatsächlich die Fähigkeit zum Fliegen verliert.«
»Vorausgesetzt, der Mojo überschreitet eine gewisse maximale Größe nicht«, fügte Telek hinzu. »Und was die Erziehung anbetrifft, im Gehirn des Mojos scheint der Teil, in dem die Urprogramme festgelegt sind, größer zu sein als bei vergleichbaren Tieren von der Erde oder von Aventine, die ich untersucht habe. Das ist natürlich bloß eine Vermutung. Die qasamanische Biochemie muss unserer nicht zwangsläufig analog sein.«
»Außerdem haben Sie beim Abschuss einen Teil des Gehirns des Tieres verbrannt«, warf Christopher ein.
»Seien Sie still, Bil. Jedenfalls sieht es ganz danach aus, als könnte das Mojojunge einfach die Haut des Tarbins durchstoßen, seinen eigenen Weg fliegen und sich irgendwo im Wald niederlassen.«
»Oder auf irgendjemandes Schulter … so, wie die Tarbine auf den Bololins reiten?«
»Ihnen ist die Parallele also auch aufgefallen, ja?«, meinte Christopher. »Noch aufregender wird das Ganze, wenn man bedenkt, dass die Tarbine das gleiche Injektionsorgan besitzen wie die Mojos.«
»Wie auch die Bololins selbst«, fügte Telek hinzu. »Auch wenn Gott allein weiß, welche Art sie als Wirtstiere benutzen. Vielleicht ihre eigene. Das letzte Glied dieser Kette muss zwangsläufig etwas anders machen.«
»›Große Flöhe haben kleine Flöhe auf ihrem Rücken sitzen, die sie stechen‹«, zitierte Pyre das alte Sprichwort.
»›… und die wiederum haben noch kleinere auf dem Rücken sitzen und so weiter bis in alle Ewigkeit‹«, beendete Telek den Satz für ihn. »Sie sind der Dritte, der mir heute Abend damit kommt. Angefangen bei mir selbst.«
»Ah. Tja … will das Kontaktteam noch immer morgen auf Besichtigungstour gehen?«
»Ja. Ich denke, ich werde sie über all dies ins Bild setzen, sobald sie aufwachen – vielleicht gelingt es Yuri, Moff noch ein
paar weitere Informationen zu entlocken.« Telek hielt inne, und Pyre konnte schwach das Geräusch eines Gähnens mit drohender Kiefersperre hören. »Sie gehen besser wieder in Deckung und schlafen etwas, Almo«, sagte sie. »Ich glaube, Sie können sich die Untersuchung der Uferfauna, über die wir gestern gesprochen haben, zunächst sparen – ich habe genug Daten, um mich für eine Weile zu beschäftigen.«
»Da widerspreche ich Ihnen nicht«, gab Pyre ihr Recht. »Ich melde mich, sobald ich aufwache.«
»Achten Sie nur darauf, dass niemand Sie sieht. Gute Nacht – oder besser: Guten Morgen.«
»Ihnen auch.« Pyre schaltete das LaserKom aus und verbrachte ein paar Minuten damit, seine Ausrüstung zu verstecken und sich selbst zu tarnen. Ein Dutzend Meter entfernt befand sich der Baum mit seiner Schutzbehausung – hoch und mächtig, wie er war, befanden sich seine untersten Äste fünf Meter über dem Erdboden. Ein servounterstützter Sprung brachte ihn auf die erforderliche Höhe, und einige Äste darüber erreichte er seine »Schutzbehausung«, einen wasserdichten Ein-Mann-Hängesack, der an einem starken Ast hing und von einer Art Klebgitterkäfig umgeben war. Pyre kam sich ein wenig seltsam vor, in einer solchen Schutzhülle zu schlafen, aber es war die einfachste Methode zu verhindern, dass sich ein Fleischfresser an ihn heranschlich, ganz gleich, wie leise dieser war.
Er stieg hinein, verschloss den Käfig und kletterte mit einem Seufzer in den Hängesack. Einen Augenblick lang überlegte er, ob er die Weckfunktion aktivieren sollte, entschied sich aber schließlich dagegen. Wenn irgendetwas passierte, stand die Dewdrop über seinen Notkopfhörer mit ihm
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