Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Cobra

Titel: Cobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Zahn
Vom Netzwerk:
Arme und Beine heftig an den Körper riss. Als seine Gliedmaßen eine Sekunde später wieder in ihre normale Stellung schnellten, stellte er erleichtert fest, dass die Berechnung seines Computers korrekt gewesen war. Jetzt wieder aufrecht, landete er auf seinen Füßen. Die Servos fingen den Aufprall ab, stemmten sich gegen seine Vorwärtsbewegung, so dass er sein Gleichgewicht wiederfand. In vollem Tempo rannte er auf das Gebäude zu, das gegenüber seinem vormaligen Gefängnis lag. Die Mühe war von Erfolg gekrönt. Er bog ab, lief parallel zum Gebäude, sprintete zur nächsten Ecke und umrundete sie.
    Bisher hatte er noch keine Gelegenheit gehabt, sich auf seine Umgebung zu konzentrieren, als er jetzt jedoch wieder Tempo zulegte, erkannte er, dass ihn das Universum ein weiteres Mal im Stich gelassen hatte. Direkt vor ihm gingen die Gebäude und Straßen in jene Art offenen Graslandes über, das auch Sollas umgab. Der Bus hatte ihn mehrere Kilometer weit durch die
Stadt transportiert, bevor sie den Turm erreichten, was er demzufolge jetzt vor sich hatte, war die südwestliche Stadtgrenze von Purma.
    Er entfernte sich demnach von Cerenkov und Rynstadt … und von der Dewdrop .
    Ich sollte umkehren, überlegte er. Oder zumindest ein oder zwei Straßen weit einen Bogen schlagen und durch eine andere Straße zurücklaufen. Doch seine Füße liefen weiter, und als er die scharfe Trennlinie zwischen Stadt und Grasland überquerte, wurde ihm endgültig bewusst, dass keine Macht der Welt ihn dazu bringen konnte, sich umzudrehen. Hinter ihm waren die Mojos, und die lähmende Angst, die ihre Krallen in ihm erzeugten, war weit entsetzlicher als die Krallen selbst.
    Sein Vater hatte der Macht ganzer Troftarmeen getrotzt und sich, ohne mit der Wimper zu zucken, durchgesetzt … und sein einziger Cobra-Sohn hatte sich als Feigling erwiesen.
    Die Stadt lag jetzt weit hinter ihm. Als Justin seine optischen Verstärker einschaltete, sah er, dass der Wald, der die Straße nach Purma hinein säumte, hier weit nach Süden zurückwich. An der nächsten Stelle war er, wie ihm der Entfernungsmesser seines optischen Verstärkers verriet, über einen Kilometer entfernt – viel zu weit, um ihn rechtzeitig zu erreichen, falls die Qasamaner die Verfolgung aufgenommen hatten. Justin warf einen Blick über die Schulter, kam rutschend zum Stehen, ließ sich im kniehohen Gras auf den Bauch fallen und drehte sich, alle Sinne in Alarmbereitschaft, Richtung Stadt.
    Bislang deutete nichts auf eine Verfolgung hin. Nahmen sie an, er sei nach Norden gelaufen, wie es sinnvoll gewesen wäre? Oder hatten sie nicht mal mitbekommen, dass er aus dem Gebäude geflohen war?
    Es gab keine Möglichkeit, das festzustellen … und jetzt, da ihn eine gefühlsmäßige Erschöpfung überkam, war es Justin fast auch schon egal. Was immer er tat, Cerenkov und Rynstadt waren so gut wie tot, es sei denn, Pyre wäre es inzwischen gelungen, die beiden zu befreien. Ganz gleich, wie schnell Justin
ihr Gefängnis erreichte, es würde dort von Wachen nur so wimmeln.
    Seine Wunden pochten schmerzhaft, stechend und dumpf, mit seiner Erschöpfung konnten sie es hingegen nicht aufnehmen. Langsam, aber unausweichlich, fielen ihm die Augen zu, sein Kopf sank auf das Kissen seiner Arme, und seine Scham fand den einzigen Trost, der ihm noch blieb.
    Er schlief ein.

26
    Zum dritten Mal innerhalb von fünf Minuten näherte sich von vorn ein Fahrzeug, und zum dritten Mal zuckte Pyre zusammen und zwang sich, ruhig weiterzugehen. Das Fahrzeug fuhr vorbei, ohne langsamer zu werden, und der Cobra seufzte erleichtert.
    Erleichtert, aber bestenfalls für einen kurzen Augenblick. Wenn seine Erinnerung an die Karte von Sollas richtig war, befand er sich nur zwei oder drei Straßen von dem Gebäude entfernt, in dem Joshua und die anderen vor einer Woche Bürgermeister Kimmeron getroffen hatten. Bis jetzt wies nichts darauf hin, dass die Qasamaner die Möglichkeit in Betracht zogen, einer der Aventinier könnte so weit in die Stadt vorgedrungen sein. Doch diese Illusion konnte jederzeit wie eine Seifenblase zerplatzen. Bestimmt gab es rings um das Büro des Bürgermeisters Posten, und ebenso sicher herrschte dort reger Betrieb von Menschen, die ihre Besorgungen machten, während dieses angeblich so friedvolle Volk seinen Krieg gegen die Dewdrop fortsetzte. Cobra-Feuerkraft oder nicht, ein direkter Vorstoß würde vermutlich ziemlich blutig enden. Für beide Seiten.
    Aber bisher war ihm noch nichts

Weitere Kostenlose Bücher