Cobra
Qasamaner auf und stürzten sich auf ihn.
Er ließ sie kommen, und als der Erste in Reichweite war, stieß er ihm mit der Handfläche gegen die Brust. Man hörte ein dumpfes Stöhnen, das schärfere Knacken brechender Rippen, und der Qasamaner flog zwei Meter weit nach hinten und landete krachend auf dem Boden.
Die anderen drei verharrten augenblicklich in ihrem Angriff, und Pyre sah, wie sich plötzlich Angst und Respekt auf ihren Gesichtern breitmachte. Es war eine Sache, überlegte er, von wirkungsvollen magischen Lichtstößen entwaffnet zu werden, aber die rohe physische Kraft dahinter zu sehen war etwas völlig anderes. Oder gar sie zu fühlen. Das zeitweilige Taubheitsgefühl in seiner Handfläche ließ langsam nach. Die Haut an dieser Stelle schmerzte heftig. Der Qasamaner würde sich noch erheblich schlechter fühlen, wenn er wieder zu sich kam. Falls er jemals wieder zu sich kam.
Pyre blickte wieder den Sprecher an. »Ich bin nicht hier, um Bürgermeister Kimmeron zu töten, sondern ich will lediglich mit ihm sprechen«, sagte er so gefasst, wie seine brennende Hand dies zuließ. »Bringen Sie mich zu ihm. Sofort.«
Der Mann befeuchtete sich die Lippen und warf einen Blick hinüber zu der Stelle, wo sich einer seiner Leute um seinen verwundeten Kollegen kümmerte. Dann sah er wieder zu Pyre hinüber und nickte. »Folgen Sie mir hier entlang.« Er sagte noch
etwas zu seinen Leuten, dann machte er kehrt und ging zu einer Tür am anderen Ende des Raumes. Pyre folgte ihm, und die beiden übrigen Qasamaner schlossen sich ihnen an.
Sie traten durch die Tür, und für einen Sekundenbruchteil hatte Pyre das Gefühl eines Déjà-vu. Hier gab es denselben Polsterthron mit niedrigen Tischen wie im Büro oben. Doch dieser Raum war kleiner, und die herabhängenden Vorhänge hatte man durch Reihen visueller Displays ersetzt.
Und vor einem dieser Displays saß finsteren Blickes Bürgermeister Kimmeron.
Er sah auf, als Pyre und seine Begleiter näher kamen, und der Cobra wartete auf die unvermeidliche Reaktion. Kimmeron ließ den Blick über Pyres verfilztes Haar und seine Bartstoppeln schweifen, über die geliehene Jacke, die er über seinem Tarn-und Überlebensanzug trug, über den toten Mojo, der mittlerweile an einem einzigen Faden über seiner Schulter hing. Doch seine Miene blieb unverändert, und als er Pyre wieder ins Gesicht sah, war der Cobra überrascht, wie hell die Augen dieses Mannes strahlten. »Sie stammen aus dem Schiff«, sagte Kimmeron ruhig. »Sie haben es verlassen, bevor die Postenkette eingerichtet wurde. Wie das?«
»Zauberei«, erwiderte Pyre knapp. Er ließ den Blick durch den Raum wandern. Etwa fünfzehn weitere Qasamaner waren anwesend, und fast alle starrten in seine Richtung. Sie alle hatten die übliche Handfeuerwaffe und Mojos, doch keiner wirkte so, als wäre er daran interessiert, zur Waffe zu greifen. »Ihr unterirdischer Befehlsstand?«, fragte Pyre.
»Einer davon.« Kimmeron nickte. »Es gibt noch viele andere. Also wird es Ihnen nicht viel nützen, ihn zu zerstören.«
»Eigentlich bin ich gar nicht daran interessiert, etwas zu zerstören«, meinte Pyre zu ihm. »Ich bin hauptsächlich hier, um die Freilassung unserer Gefährten auszuhandeln.«
Kimmeron kräuselte die Oberlippe. »Sie begreifen bemerkenswert langsam«, fauchte er. »Haben Sie aus dem Tod des anderen Unterhändlers keine Lehren gezogen?«
Pyre spürte, wie sein Mund trocken wurde. »Welcher andere Unterhändler? Sie meinen das Kontaktteam?«
Einen kurzen Augenblick lang runzelte sein Gegenüber die Stirn. Dann hellte sich seine Miene auf, er hatte verstanden. »Ah! Die Störung Ihrer Funksignale hat zumindest bei Ihnen etwas bewirkt. Sie wissen also gar nicht, dass der Mann namens Winward Ihr Schiff ohne Erlaubnis verlassen hat und erschossen wurde?«
Winward? Hatte Telek bereits einen Ausfall versucht? »Warum haben Sie ihn erschossen?«, fuhr er ihn an. »Sie sagten doch gerade, er sei ein Unterhändler gewesen.«
»Für den sinnlosen Tod von acht Männern in Purma und sechs hier sind Sie alle verantwortlich. Sie haben spioniert, und Sie haben gemordet, und Ihre Strafe dafür ist der Tod.«
Pyre starrte ihn an, sein gedankliches Räderwerk war unfähig, Tritt zu fassen. Winward abgeknallt wie ein Stachelleopard, und das wahrscheinlich ohne jede Vorwarnung. Wieso schießen Sie dann nicht auf mich? Einfach aus Angst? Schließlich konnte man ihn nicht überraschen. Oder hatte es praktischere Gründe?
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