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Cobra

Titel: Cobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Zahn
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grauenhaften Tag seiner Rache an Challinor … »Es sieht ganz so aus, als sei Winward von den Toten auferstanden.«

27
    Es kam so unerwartet – so völlig unerwartet, dass Winward nicht die geringste Chance blieb, sofort zu reagieren. Eben noch ging er in Begleitung der qasamanischen Eskorte um den Turm herum, suchte heimlich das Gebäude und seine unmittelbare Umgebung nach Waffen und zusätzlichen Posten ab und versuchte währenddessen, sich genau zu überlegen, was er sagen würde, sobald sie bei demjenigen angekommen waren, zu dem er gebracht wurde. Er lief einfach friedlich dahin … und dann murmelte der Anführer etwas und drehte sich um und bevor Winward ihn noch richtig ansehen konnte, erhellte ein donnernder Blitz die Nacht, und ein Vorschlaghammer traf ihn gegen die Brust und warf ihn zurück ins Nichts, während der peitschende Knall des tödlichen Schusses ihm noch in den Ohren hallte …
    Die Dunkelheit in seinem Kopf ließ langsam nach, und stundenlang, so erschien es ihm, trieb er auf jene Wirklichkeit zu, die er ganz schwach um sich herum zu spüren glaubte. Zuerst kam der Schmerz – ein dumpfer, pochender Schmerz in seiner Brust, spitze, stechende Schmerzen in Augen und Gesicht -, und nach diesem entscheidenden Durchbruch nahm auch der Rest seiner Sinne den Betrieb wieder auf. Geräusche drangen zu ihm durch: Schritte, das Öffnen und Schließen von Türen, manchmal unverständliche Stimmen. Er fand heraus, dass er auf dem Rücken lag, rhythmisch auf- und abfederte, als werde er getragen, und hin und wieder spürte er, wie ihm irgendetwas unter seiner Jacke über die Rippen lief.
    Und ganz allmählich dämmerte ihm, was geschehen war.
    Man hatte auf ihn geschossen. Absichtlich und arglistig auf ihn geschossen. Und wahrscheinlich lag er im Sterben.
    Die einzige allgemeine Regel, an die er sich aus seinem Erste-Hilfe-Training erinnerte, besagte, dass man Verwundete nicht unnötig bewegen sollte. Und so lag er still, die Augen wegen der
Schmerzen geschlossen, und wartete, dass der Blutverlust sein Bewusstsein dämpfte, bis ihm wieder schwarz vor Augen würde.
    Doch dazu kam es nicht. Im Gegenteil, mit jedem Herzschlag spürte er, wie sein Verstand an Schärfe gewann, wie ihm wieder Kraft und Gefühl in die Glieder fuhr. Weit entfernt davon zu sterben, kehrte er tatsächlich ins Leben zurück.
    Was, zum Teufel, war hier eigentlich los?
    Und erst als Körper und Geist wieder so weit ineinandergriffen, dass er feststellen konnte, wo er verletzt worden war, wurde ihm klar, was sich ereignet hatte.
    Der Qasamaner hatte ihn mitten in die Brust geschossen. Direkt oberhalb des Brustbeins. Jenes Brustbeins, das aufgrund seiner Keramikbeschichtung praktisch unzerbrechlich war.
    Was danach geschehen war, war weniger klar, im Wesentlichen aber nicht schwer auszurechnen. Die Wucht der Kugel hatte ihm die Luft aus dem Leib getrieben, möglicherweise sogar vorübergehend einen Herzstillstand herbeigeführt, und während der letzten Sekunden oder Minuten hatte er darum gekämpft, wieder Sauerstoff in sein Blut zu bekommen. Den Schmerzen nach zu urteilen hatten sein Gesicht und seine Augen vermutlich das brennende Treibmittel abbekommen, und einen quälenden Herzschlag lang war er überzeugt, er könnte möglicherweise für immer geblendet sein.
    Doch irgendwie schien selbst das im Augenblick nicht wichtig. Er lebte und war einigermaßen funktionstüchtig.
    Und die Qasamaner hielten ihn für tot.
    Für diesen Fehler würden sie bezahlen. Mit Blut bezahlen.
    Und zwar ab sofort. Vielleicht waren Winwards Augen unbrauchbar, doch seine optischen Verstärker, die man in die Haut rings um sie eingesetzt hatte, waren nicht so einfach zu beschädigen und speisten optische Nerven, die weiter hinten im Schutz des Schädels lagen. Sie waren eigentlich nicht dafür konstruiert, das normale Sehvermögen zu ersetzen, doch eine Minute des Herumexperimentierens ergab, dass die Einstellung Null-Vergrößerung,
kombiniert mit der niedrigsten Stufe der Lichtverstärkung, ein brauchbares Bild lieferte.
    Zwischen den vier Köpfen und Oberkörpern, die am Rande seines Gesichtsfeldes auf und ab tanzten, konnte er sehen, wie oben eine Decke vorüberzog. Vorsichtig, mit ganz langsamen Bewegungen, manövrierte er den Kopf ein paar Grad zur Seite. Ein paar Türen zogen vorbei, die Gruppe bog um eine Ecke, und plötzlich hatten sie eine offene Doppeltür hinter sich gelassen und befanden sich in einem Raum mit weißen Wänden und blitzblankem

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