Cobra
Zeitbombe – sie wären dumm, wenn sie ihn an einem so wichtigen Ort unterbringen würden.«
»Kommt darauf an, was sie mit ihm vorhaben«, brummte MacDonald nachdenklich. »Solange er lebt, sind sie durchaus sicher. Außerdem sind unsere Selbstzerstörer so mächtig auch wieder nicht. Jeder Ort, der, sagen wir, gegen taktische Nukleargranaten abgesichert ist, hätte mit uns keine Schwierigkeiten.«
»Darüber hinaus«, fügte Halloran hinzu, »weist ihre verzögerte Reaktion auf Imel und mich deutlich darauf hin, dass sie mit einem Überfall auf Wolker heute Abend nicht unbedingt gerechnet haben. Jonnys Falle hat vielleicht schon monatelang dort gewartet, und womöglich hatten sie wirklich kein anderes, uns
nicht bekanntes Gebäude vorbereitet, wo sie ihn hätten hinschaffen können. Wenn das Phantomzentrum den anderen taktischen Stützpunkten gleicht, dürfte es in parallele, unabhängig voneinander gesicherte Teile untergliedert sein. Bestimmt würden sie nicht mehr als den einen aufs Spiel setzen, in dem Jonny sich tatsächlich befindet.«
»Diese Geschichte über die taktischen Stützpunkte ist mir neu«, sagte Ama, den Blick fest auf Halloran gerichtet.
Er zuckte mit den Achseln. »Es gibt eine Menge Dinge, die Ihnen neu sein dürften«, erklärte er ihr mit schonungsloser Offenheit. »Sollten Sie sich jemals freiwillig melden, mit uns in eine militärische Anlage der Trofts einzudringen, dann verraten wir Ihnen vielleicht, was wir über diese Höllenlöcher wissen.« Zu seiner Genugtuung sah er, wie sie die Lippen fest zusammenpresste. Für Menschen wie Ama war Wissen die einzig wirkliche Macht. Er drehte sich zu Weissmann um und zog eine Braue hoch. »Nun, Borg?«
Weissmann drückte die Fingerspitzen an die Lippen, starrte Halloran an, durch ihn hindurch. »Also schön«, sagte er mit einem Seufzer. »Ich werde ein paar von unseren Leuten zum Suchdienst einteilen und sehen, ob ich mir in anderen Sektoren weitere Männer ausleihen kann. Aber sie werden nur passiv tätig werden, und das auch erst nach Sonnenaufgang. Ich möchte nicht, dass jemand dabei erwischt wird, wie er die Ausgangssperre bricht – und an Kampfeinsätzen wird sich niemand beteiligen.«
»Geht in Ordnung.« Es war ungefähr das, was Halloran erwartet hatte. »Kennet?«
MacDonald legte die Fingerspitzen aneinander. »Ich werde nicht den ganzen Süden von Cranach von meinem Trupp auseinandernehmen lassen. Das Risiko ist zu hoch«, sagte er ruhig. »Aber wenn Sie mir ein einleuchtendes Ziel nennen, werden wir Ihnen helfen, dieses anzugreifen. Was immer die Trofts mit Jonny vorhaben, ich finde, wir sollten ihnen den Spaß daran verderben.«
»Einverstanden. Und danke.« Halloran deutete auf Ama. »Sitzen Sie nicht einfach so rum. Holen Sie die hochaufgelösten Karten raus, und dann an die Arbeit.«
Jonny wartete, bis sein Durst unerträglich wurde, bevor er sich schließlich aus den Halterungen befreite und zum Hahn in der Zellenecke ging. Ohne sein Analyseset ließ sich unmöglich feststellen, ob das Wasser dort sauber und drogenfrei war, aber das kümmerte ihn nicht sonderlich. Die Trofts hatten bereits reichlich Gelegenheit gehabt, ihn mit Chemikalien vollzupumpen, und exotische Bakterien waren seine geringste Sorge.
Er trank, bis er nicht mehr konnte, und machte dann einen Rundgang durch die Zelle. Im Großen und Ganzen war es eine öde Angelegenheit, aber sie bot ihm die Möglichkeit, die Wände genauer nach versteckten Kameras abzusuchen. Wie er bereits vorher vermutet hatte, war der Raum voll davon.
Aus der Nähe betrachtet, war die Zellentür ein faszinierendes Stück Technik. An einer Seite gab es Anzeichen dafür, dass man sowohl ein elektronisches als auch ein Kombinationsschloss mit Zuhaltung benutzt hatte, zwei sich gegenseitig ergänzende Alternativen zu den verführerisch freiliegenden Angeln, die er bereits bemerkt hatte. Offenbar boten ihm die Trofts sowohl subtile Fluchtmöglichkeiten an als auch solche, die brachialer Gewalt bedurften. Beides würde ihnen brauchbare Informationen über seine Ausrüstung liefern – leider.
Er kehrte zum Tisch zurück, entfernte die Überreste der Überwachungseinrichtung /Halterung und legte sich wieder hin. Seine eingebaute Uhr, die er bislang weder ausgeschaltet noch umgestellt hatte, zeigte ihm wenigstens an, wie draußen die Zeit verstrich. Er war drei Stunden lang bewusstlos gewesen, seit seinem Aufwachen waren fünf weitere Stunden vergangen. Also war es fast zehn Uhr
Weitere Kostenlose Bücher