Cobra
wird. Lassen Sie mich die billige Stadtkleidung mitnehmen, die wir gekauf…«
»Augenblick mal«, unterbrach sie Daulo. Er kniff die Augen zusammen. »Sie haben doch nicht etwa noch immer vor, dort hineinzugehen?«
»Wieso nicht? Es sei denn, Sie haben Ihrem Freund Moffren Omnathi erzählt, dass das unser Plan ist. Oh, verdammt«, unterbrach sie sich, als der Name plötzlich bei ihr klingelte.
»Was ist?«, fragte Daulo scharf.
»Moffren.« Der Name hatte für sie einen bitteren Beigeschmack. »Moff. Der Mann, der bei unserer ersten Erkundigungsmission vor dreißig Jahren den Führer gespielt hat. Und der fast dahintergekommen ist.« Sie schüttelte den Kopf. »Gut, damit wäre dann für Sie das Spiel zu Ende, Daulo. Gleich als Erstes morgen früh werden Sie sich eine Rückfahrgelegenheit nach Milika suchen und von hier verschwinden.«
Daulo runzelte die Stirn und sah sie an. »Wieso? Nur weil die Shahni einen alten Feind von Ihnen hergeschickt haben, um mir ein paar Fragen zu stellen?«
»Nein – denn welche Haken die Geschichte auch hat, die Sie ihm erzählt haben, er wird sie finden«, erwiderte sie. »Und wenn er das tut, wird er handeln – und zwar schnell.«
»Und Sie denken, indem ich nach Milika zurückrenne, kann ich ihn daran hindern, an mich heranzukommen?«
Jin wappnete sich. »Natürlich nicht. Aber vielleicht hält ihn das lange genug auf, damit ich zu Mangus hineinkomme.«
Eine ganze Weile blickte er ihr ruhig in die Augen. »So, darauf läuft es also hinaus, ja?«, sagte Daulo schließlich. »Ihre Mission?«
Jin zwang sich, ihre Kiefermuskeln zu entspannen. »Wäre es Ihnen lieber, wenn ich weglaufe und mich irgendwo verstecke?«, fragte sie ihn.
»Würden Sie zulassen, dass ich das tue? Möchten Sie, dass ich zu meinem Vater gehe und ihm erzähle, ich hätte mir die Möglichkeit entgehen lassen, eine Bedrohung für unsere Familie aufzudecken, weil ich Angst hatte?«
»Aber falls man Sie beobachtet, während Sie versuchen, nach Mangus hineinzugelangen …«
»Und falls man mich beobachtet, während ich versuche, nach Milika zurückzukommen?«
Wieder trafen sich ihre Blicke. »Hören Sie, Daulo«, sagte Jin schließlich mit einem Seufzer. »Ich weiß, auf Qasama gehört es sich für eine Frau nicht, so etwas zu einem Mann zu sagen … aber ich fühle mich für Ihre Sicherheit verantwortlich. Schließlich habe ich Sie und Ihren Vater zu diesem Plan überredet, und wenn ich nicht ganz in Ihrer Nähe bleiben kann, dann kann ich Sie möglicherweise nicht beschützen.«
Zu ihrer Überraschung musste er schmunzeln. »Und ich habe mir selbst etwas versprochen, Jasmine Moreau: Sie vor Ihrer kulturellen Unwissenheit zu beschützen, während Sie in Mangus sind. Das kann ich von Milika aus nicht.«
»Aber …« Jin holte tief Luft und gab sich mit einem weiteren Seufzer geschlagen. Sie hatte einfach nicht die Zeit, länger darüber zu diskutieren. Jede Minute, die sie hier verweilte, gab Moff mehr Zeit, ein Netz rund um Azras zu spinnen, und bevor das geschah, musste sie Daulos Wagen aus der Stadt geschafft haben. »Werden Sie wenigstens darüber nachdenken? Bitte?«
Er erhob sich vom Sofa und kam auf sie zu. »Werde ich«, sagte er leise und ergriff ihre Hand. »Und seien Sie vorsichtig, ja?«
»Bestimmt.« Sie zögerte und sah ihm in die Augen. Kulturelle Unterschiede, ermahnte sie sich schwach. Er versteht das möglicherweise falsch, aber ausnahmsweise war ihr das egal. Das Bedürfnis, jemanden fest an sich zu drücken, war fast übermächtig. Sie lehnte sich an ihn und legte die Arme um ihn.
Er wich weder zurück, noch versuchte er, etwas anderes aus der Umarmung zu machen. Vielleicht lag es an der Gefahr, die ihnen von allen Seiten drohte, dass in diesem Augenblick auch er die einfache, nicht sexuell gemeinte Nähe einer Freundin brauchte.
Eine Minute lang hielten sie sich fest umschlungen. Dann löste Jin sich – fast widerstrebend. »Sie werden auf sich aufpassen, ja?«, sagte sie. »Und wenn Sie beschließen hierzubleiben … suchen Sie im Arbeitstrupp nicht nach mir.«
Er nickte, hob die Hand und strich ihr über die Wange. »Verstehe. Sie sollten jetzt besser gehen.«
Drei Minuten später, das Bündel mit der Stadtkleidung, die Daulo ihr gegeben hatte, auf dem Rücken, war sie wieder im Wagen. Niemand lauerte ihr in der Nähe des Fahrzeugs auf, niemand sprang sie aus dem Schatten an oder schoss auf sie, als sie einstieg und losfuhr. Entweder hatten die Leute der Shahni diese
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