Cobra
Atem an und stellte ihre akustischen Verstärker auf volle Leistung. Atemgeräusche drangen zu ihr … der Atem eines Menschen.
Die Gäste sind also alle schon gegangen? Offenbar … aber es hatte keinen Sinn, ein Risiko einzugehen. Sie legte die Daumen locker auf den Abzug in den Nägeln ihrer Mittelfinger, streckte ihre kleinen Finger in die Laserfeuerstellung und bog um die Ecke.
Daulo, der am Fenster stand, wirbelte wie von der Tarantel gestochen herum. »Jin!«, stieß er hervor und schien in sich zusammenzusacken. »Gott im Himmel, haben Sie mich erschreckt!«
»Tut mir leid«, entschuldigte sie sich und sah sich rasch um. Daulo war tatsächlich allein. »Ich dachte, Sie stecken vielleicht in Schwierigkeiten«, fügte sie hinzu und ließ die Hände sinken.
»Stimmt«, seufzte er, ging unsicher zum Sofa und ließ sich darauf fallen. »Aber Sie stecken in noch größeren. Die haben herausbekommen, wer Sie sind.«
»Wer – die?«, fragte Jin, als ihr Herz wieder zu schlagen begann. »Mangus?«
»Schlimmer. Die Shahni«, zischte er zwischen den Zähnen hindurch. »Ich hatte gerade Besuch von einem gewissen Moffren Omnathi und zwei seiner Leute. Man hat Sie als die Person von einem fremden Planeten identifiziert, nach der gesucht wird. Es ist mir – so hoffe ich – gelungen, sie davon zu überzeugen, dass Sie meinen Wagen gestohlen und Richtung Norden nach Sollas gefahren sind.«
Jin brauchte einen Augenblick, um das zu verdauen. Sie hatte gewusst, dass es irgendwann passieren würde. Aber ganz so schnell hatte sie es nicht erwartet. »Haben Sie ihnen gesagt, dass wir zusammenarbeiten?«
»Sehe ich so dumm aus?«, schnaubte er. »Natürlich nicht. Ich habe ganz den Unschuldigen gespielt und ihnen erklärt, Sie seien eine Fremde, die mich überredet hat, sie nach Azras mitzunehmen, und die daraufhin verschwunden sei. Zum Glück, wie ich denke, haben sie den Signalgeber gefunden, den Sie hiergelassen haben, und beschlossen, Sie hätten ihn dazu benutzt, um festzustellen, wann ich schlafen gehe, damit Sie danach hier hereinschleichen und mir die Wagenschlüssel stehlen können.«
Jin biss sich auf die Lippe. »Die Theorie ist vermutlich so gut wie jede andere. Hoffentlich war das kein Täuschungsmanöver, damit Sie denken, die würden Ihnen glauben.«
»Sie sind schließlich gegangen, oder?«
»Vielleicht. Haben Sie sie tatsächlich verschwinden sehen?«
»Ich habe gesehen, wie ein Wagen angefahren ist, ja.«
» Ein Wagen? Ich meine, es waren zwei, als ich ankam.«
Daulo murmelte leise irgendetwas in sich hinein und wollte aufstehen. »Soll ich vielleicht …?«
»Nein, sehen Sie nicht hinaus«, stoppte Jin ihn. »Wenn sie mich reinkommen gesehen haben, ist es ohnehin zu spät. Und
wenn nicht, sollen Sie nicht den Eindruck erwecken, Sie seien ungewöhnlich misstrauisch.«
Daulo atmete stockend aus. »Ich dachte schon, dass sie mir etwas zu bereitwillig geglaubt haben. Gott im Himmel. Ich hatte gehofft, sie hätten mir wegen der Stellung meiner Familie geglaubt.«
»Eher waren sie sich nicht sicher genug, um Sie zu verhaften. Oder sie haben sich zurückgezogen, in der Hoffnung, Sie würden sie zu mir führen.« Jin blickte kurz zu dem verhangenen Fenster hinüber und fragte sich, welche Geräte die Qasamaner wohl besaßen, um durch Stoff und Glas sehen zu können. Aber falls sie das tatsächlich konnten, war es wiederum bereits zu spät. »Sie hatten kein Foto von mir, oder?«, fragte sie.
»Gezeigt haben sie mir keins.« Daulo schüttelte den Kopf. »Aber das spielt keine Rolle. Wie mein Vater schon sagte, in Milika gibt es eine Menge Leute, die Sie gesehen haben.«
»Gut genug, um den Ermittlern eine Beschreibung zu liefern?«
Er blickte sie seltsam an. »Wenn sie Hypnotika verwenden? Natürlich.«
Jin biss die Zähne aufeinander. Sie hätte wissen müssen, dass ihnen hier etwas Derartiges zur Verfügung stand – während der Mission ihres Vaters war ja schon festgestellt worden, dass die Qasamaner einen Hang zu gedächtnisfördernden Drogen hatten. »Ja, die hatte ich ganz vergessen. Na ja, vielleicht genügen die Sachen zum Verkleiden aus meinem Notpaket.«
»Wollen Sie etwa in Azras bleiben?«
»Nicht jetzt, wo die Suchmeldung für Ihren Wagen schon draußen ist.« Jin schüttelte den Kopf. »Ich werde aus der Stadt rausfahren und versuchen, abseits der Straße ein Versteck für den Wagen zu finden. Mit etwas Glück kann ich dort bleiben, bis am Sonntag der Arbeitstrupp zusammengestellt
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