Cobra
Sektion Azras’ noch nicht recht organisiert, oder Moff wurde auf seine alten Tage nachlässig. Sie persönlich würde nicht auf Letzteres wetten.
Fürs Erste jedoch konnte sie durchatmen. Ein paar Kilometer südlich von Azras würde sie ein Versteck für die nächsten anderthalb Tage finden. Ein bisschen Formgel fürs Gesicht aus ihrem Notpaket, vielleicht eine Perücke und ein wenig Hauttönung, und sie könnte am Sonntagmorgen unerkannt nach Azras hineinspazieren. Und danach …
Aber es hatte keinen Zweck, zu weit vorauszudenken. Solange die Regierung Qasamas aktiv an diesem Spiel beteiligt war, musste sie jeden einzelnen Zug improvisieren. Und darauf hoffen, dass das Erbe der Familie Moreau aus mehr bestand als bloß einem Namen.
70
»So?«, fragte Toral Abram und setzte seinen linken Fuß vor den rechten.
»Genau.« Justin nickte. »Und jetzt strecken Sie die Beine, lassen sich rücklings auf den Boden fallen und ziehen dabei die Knie vor die Brust.«
Der junge Cobra gehorchte, und eine Sekunde später wirbelte er in einer unbeholfenen fötalen Stellung herum, mit dem Bauch nach oben. »Und das soll ein militärisches Manöver sein?«, fragte er mit verzogener Miene, als er wieder zum Stillstand kam.
»Vertrauen Sie mir«, beruhigte ihn Justin. »Versuchen Sie das mal, wenn Sie gleichzeitig mit Ihrem Antipanzerlaser feuern, dann werden Sie äußerst militärisch aussehen.«
»Wenn es in der Nähe dann noch jemanden gibt, der dir dabei zusehen kann«, murmelte einer der anderen Cobras, die längs der Wände Aufstellung genommen hatten.
»Stimmt, genau darum geht es«, bekräftigte Justin, während eine Welle nervösen Gelächters durch den Raum ging. »Also schön, Toral, kommen Sie hoch. Dario, Sie sind an der Reihe.«
Einer der anderen Cobras nahm Abrams Platz in der Mitte des Raumes ein und ging in die Ausgangsstellung. »Deckensprung«, kam Justins Kommando, und eine Sekunde später erzitterte die Dewdrop, als der Cobra in die Höhe sprang, sich mit den Füßen zuerst von der Decke abstieß und einige Meter von seinem Ausgangspunkt entfernt landete.
»Eines schönen Tages«, brummte eine Stimme hinter Justin, »wird einer von euch noch ein Loch in die Decke treten.«
»Hallo, Wilosha«, begrüßte Justin den Mann mittleren Alters mit einem Nicken, der sich unbemerkt in den Raum geschlichen hatte. »Von der Show können Sie wohl einfach nicht genug kriegen, was?«
»Wenn ich sehe, wie das Schiff zu Kleinholz getreten wird, packt mich jedes Mal das Grauen«, erwiderte der Zweite Offizier Kal Wilosha. »Haben Sie diese gewalttätigen Manöver nicht schon genug trainiert?«
»Nein, aber leider fehlt uns die Zeit, es ausgiebig zu tun.« Justin hob die Stimme. »In Ordnung, Dario, nicht schlecht. Vergessen Sie nicht, die Hände bei der Landung oben zu lassen, damit Sie feuern können, wenn Sie müssen. Und jetzt versuchen Sie es mal mit der Rückwärtsdrehung.«
»Jawohl, Sir.«
Er machte seine Sache unwesentlich besser als Abram. »Nochmal«, befahl Justin. »Denken Sie daran, dass Ihr Nanocomputer Ihnen einen Großteil der Arbeit bei diesen Grundmanövern abnimmt, wenn Sie ihn lassen. Bringen Sie die Dinge nur in Gang, entspannen Sie sich, und überlassen Sie den Rest Ihrem Körper.«
Dario nickte und machte sich für den nächsten Versuch bereit. Neben Justin pfiff Wilosha durch die Zähne. »Schwierigkeiten?«, fragte Justin ihn.
»Ich … habe nur an etwas gedacht.«
»An was?« Diesmal machte Dario seine Sache besser.
»Oh … an die Cobras.« Wilosha machte eine vage Handbewegung. »An die Nanocomputer, wenn Sie es unbedingt genau wissen wollen. Ist Ihnen jemals der Gedanke gekommen, dass niemand auf den Cobra-Welten noch genau weiß, wie die Dinger programmiert werden?«
»Darüber zerbreche ich mir nicht den Kopf«, erklärte Justin ihm. »Die Akademie überwacht jeden einzelnen Schritt bei der Herstellung von Nanocomputern.«
»Oh, sicher. Man überwacht dort eine Reihe Schaltkreisreplikatoren – und was beweist das? Existiert eine Liste oder ein Ausdruck, in dem genau verzeichnet ist, zu was die Nanocomputer fähig sind und zu was nicht?«
»Worüber zerbrechen Sie sich den Kopf – dass das Alte Imperium bei uns eine Programmbombe deponiert hat?«, fragte Justin
ruhig. Ihm fiel auf, dass die Diskussion die Aufmerksamkeit seiner Schüler auf sich zog.
»Nein, natürlich nicht.« Wilosha schüttelte den Kopf. »Aber es muss nicht unbedingt böse Absicht dahinterstecken, damit
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