Cobra
hätten das überraschend unerquicklich gefunden«, sagte sie unbeeindruckt. »Was haben Sie mit Daulo Sammon vor?«
»Ihn verhören, vermutlich«, meinte Akim hörbar erbittert hinter ihr. »Sie suchen immer noch nach Ihrem Gefährten, schon vergessen?«
Jin warf Daulo einen Blick zu. »Ich habe bereits gesagt, dass er sich außerhalb Ihrer Reichweite befindet«, erklärte sie Radig.
»Ausziehen, hab ich gesagt«, erwiderte der kalt. »Bevor ich meinen Leuten gestatte, die Befehle meines Vaters zu vergessen. Alle seine Befehle.«
Eine ganze Weile spielte Jin mit dem Gedanken, sie es versuchen zu lassen. Aber dies war weder die Zeit noch der Ort für diese Art Auseinandersetzung. Sie schluckte ihre Wut, zog sich um und gab sich dabei alle Mühe, die Blicke der Männer zu ignorieren.
Draußen im Innenhof schien es irgendwie dunkler zu sein, und Jin brauchte den größten Teil des Weges zur Montagehalle, bis sie bemerkte, dass inzwischen im Wohngebäude kein einziges Licht mehr brannte. Der Zeitpunkt war zweifellos absichtlich so gewählt. Was immer Obolo und sein Sohn planten, sie wollten bestimmt keine Zeugen dafür haben.
Die Spannung hielt nicht lange an. »Ich will Ihnen erklären, wie es jetzt weitergeht«, sagte Radig im Plauderton, als die beiden Männer, die Jin an den Armen gepackt hielten, sie vor den Eingang des Gebäudes platzierten. »Sie, eine Spionin und Feindin Qasamas, haben versucht, unsere Technologie zu stehlen. Zum Glück für Qasama war dieser aufmerksame Agent der Shahni …«, er deutete mit einer Handbewegung auf Akim, den zwei stämmige Wachen ein paar Meter vor ihr festhielten, »… zur Stelle und hat Sie daran gehindert. Zu seinem Pech waren Sie jedoch
bewaffnet.« Er nickte einem von Jins Bewachern zu, und der Mann schob eine behandschuhte Hand in sein Halfter und zog eine qasamanische Standardprojektilpistole hervor. »Er schoss auf Sie, doch es gelang Ihnen noch, ihn zu töten, bevor Sie selbst starben. Was für ein Jammer.«
»Und dann drücken Sie mir die Waffe in die Hand, damit meine Fingerabdrücke darauf sind?«, fragte Jin kalt, den Blick auf die Pistole gerichtet. Wenn der Kerl sie hob, um zu feuern, musste sie sofort handeln …
»Sieh an – wieder etwas, das Sie über Qasama nicht wissen«, sagte Radig voller Häme. Er nickte noch einmal, und zu ihrer Überraschung drückte der Mann ihr die Pistole in die Hand, wobei er ihre Hand fest mit seiner behandschuhten Hand im Griff behielt. »Unsere Wissenschaft ist in diesen Dingen recht fortgeschritten – offenbar weiter als Ihre. Hier kann man mit Hilfe einer sorgfältigen Rückstandsanalyse feststellen, dass ein bestimmter Schuss aus einer bestimmten Waffe abgefeuert wurde, die eine bestimmte Hand gehalten hat. Aus diesem Grund wird jeder von Ihnen die tödlichen Schüsse persönlich abgeben müssen. Mit unserer Hilfe, natürlich.«
»Natürlich«, erwiderte Jin voller Sarkasmus. Ein rötlicher Schatten schien sich über ihr Blickfeld legen zu wollen, und einen Augenblick lang fragte sie sich, ob sie sich schließlich doch zu dem Risiko durchgerungen hatten, sie unter Drogen zu setzen. Doch diese Art Schatten war es gar nicht … und kurz darauf wurde ihr klar, um was es sich handelte.
Um Wut. Schlichte, kalte Wut.
Ein guter Cobra ist immer beherrscht, ging ihr die Maxime durch den Kopf … doch diese Sorte gute Ratschläge war im Moment keinen Pfifferling wert. Daulo hatte ziemlich verängstigt ausgesehen, als man ihn zum Verhör abgeführt hatte – ganz anders Radigs selbstzufriedenes Gesicht, der gerade seinen Doppelmord choreografierte … und Jin fiel auf, dass bis zu diesem Zeitpunkt Mangus in den Genuss aller Vorteile des Verrats gekommen war, ohne je etwas bezahlen zu müssen.
Es wurde Zeit, diese Ungerechtigkeit ein wenig geradezurücken.
Ein dritter Wachmann trat jetzt an Akims Seite und drückte ihm eine Waffe in seine sichtlich widerstrebende Hand. Jin lockerte bewusst ihre Kiefer, aktivierte ihre Mehrfachzielerfassung und programmierte sie auf die Mitte der Stirn aller drei Wachen. »Ich nehme an, es ist gleich so weit«, sagte sie kalt und warf noch einen kurzen Blick auf Radig, bevor sie sich auf Akim konzentrierte. »Sagen Sie, Miron Akim, welche Strafe steht auf Qasama auf versuchten Mord?«
Radig schnaubte. »Versuchen Sie nicht, uns Angst zu machen, Frau«, knurrte er wütend und kam einen Schritt auf sie zu.
»Miron Akim?«
»Das hier ist mehr als ein einfacher Mord, Jasmine Moreau«,
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