Cocaine oder die Lust zur Hingabe
Licht des Mondes, das durch die hohen Fenster des Treppenhauses drang, ließ ihn Umrisse erkennen.
Joe lehnte an der Wand. Seine Augen leuchteten in der Dunkelheit. Sie waren sich so nahe, dass Aidan ihn riechen konnte. Seine Augen wirkten auf ihn wie ver- dammte Magnete. Er brauchte sich nur herabzubeugen ... wenn er ihn jetzt küsste...
Nein, das war undenkbar. Aidan stöhnte und fügte sich in das Unvermeidliche. „Okay, dann wollen wir mal." Er umfasste Joes Taille, legte sich seinen Arm um den Nacken und zog ihn Richtung Aufzug.
„Sag mal Aidan, wash wollte dieser Michael vorhin von dir? Ich konnt's ja nich genau sehen, hat für mich ausgesehen, als hätt er dich geküsst."
Joes Stimme klang mit einemmal fast nüchtern, er meinte es ernst. Aidan hatte schon den ganzen Abend gefürchtet, er könne den Vorfall ansprechen. Aber er hatte keine Lust, sich zu rechtfertigen oder gar zu lügen. Sollte Joe doch denken, was er wollte. Also schwieg er. Und da der Aufzug, wie zu erwarten, nicht funktionierte, schleppte er ihn zur Treppe, und sie machten sich an den Aufstieg zum vierten Stock.
Irgendwann riss Joe sich von ihm los und zog sich am Geländer von Stufe zu Stufe weiter. Der Grad seiner Betrunkenheit schien wieder zuzunehmen. Ein Teil des Biers, das er viel zu schnell in sich hineingekippt hatte, ging erst jetzt allmählich ins Blut über.
„Hab nie gemerkt, dasshes hier sho shteil ist. Bish'u shicher, dashdashes rischige Haushish?", sagte er plötzlich und blieb schwankend mitten auf der Treppe stehen.
Aidan konnte gerade noch zugreifen, bevor er rückwärts heruntergestürzt wäre. Er packte ihn von hinten am Gürtel und stützte ihn, doch Joe drehte sich mit der sprichwörtlichen Kraft eines Betrunkenen in seinen Armen zu ihm um und tippte ihm mit dem Zeigefinger gegen seine Brust.
„Weishu, dashu eigentlich gar nich sho ein schlechter Kerl bisch? Wenn du mich bloßh nichimmer sho anshehn würds."
„Wie sehe ich dich denn an?"
„Weish nich, aber mir wird dabeisho komsch." Joes Finger rutschte ab, und er fiel gegen ihn.
Aidans Herz tat einen kleinen Hüpfer. Automatisch schloss er die Arme um Joes Taille. Hatte er vorhin etwa seine Augen gemeint, die er vergessen wollte?
Er roch Joes Bieratem. Die Stufe, auf der Joe stand, machte den Größenunterschied zwischen ihnen fast wett. Seine Lippen schimmerten ganz nah vor ihm im Mondlicht. Die Versuchung, sie zu küssen, war so groß, dass ihm schlecht wurde.
Als er sich schließlich mit Gewalt von ihrem Anblick losriss und aufschaute, war das auch nicht besser ... in Joes wimpernverhangenen Augen flackerte es, ein grünes Feuer schwelte dort, zog ihn in seinen Bann, verbrannte ihn, entflammte seine Lenden. Aidan fühlte, wie er blass wurde. In seinen Ohren rauschte es. Sein Blut sammelte sich heiß in seinen Unterleib. Jetzt verstand er das Bild von der La- va, die durch Adern rann.
Wie aus weiter Ferne hörte er, wie schwer Joe atmete, und dann sah er, wie Joe sich bewegte. Ganz langsam wie in Zeitlupe, bis seine Lippen nur noch Millimeter von seinem Mund entfernt waren.
Und in dem Augenblick, im wirklich allerletzten Augenblick bekam sich Aidan in den Griff und wich aus. Packte Joe und schob ihn weiter nach oben, obwohl er sich plötzlich so mies und kraftlos fühlte wie selten in seinem Leben. Am liebsten hätte er geheult. Etwas, was er seit Jahren nicht mehr getan hatte.
„Komm schon, Joe, du musst schlafen. Es ist verdammt spät, und morgen brauchst du einen klaren Kopf.", sagte er rau. So betrunken wie Joe war, würde er sich morgen an nichts mehr erinnern.
Die Wohnung war klein, aber erstaunlich sauber. Aidan schleppte Joe zum Bett und ließ ihn darauf niedersinken. Ausziehen würde er ihn nicht, er war ja nicht lebensmüde. Joe musste schon sehen, wie er ab jetzt zurecht kam. Das, was er am wenigsten gebrauchen konnte, war, am nächsten Morgen mit einem Kollegen und Hetero im gleichen Bett aufzuwachen, der sich an den befriedigensten Sex, den Aidan je gehabt hatte, nicht mehr erinnerte.
„Schlaf gut, Joe. Soll ich dich morgen früh anrufen, damit du nicht verschläfst?" „Dash würdesh'u tun? Mann, du bish ja'n Arsch, aber manchmal kanns'hu'n echter Kumpel shein, weißh'u dash?" Joe richtete sich auf, sah dass er völlig angekleidet auf dem Bett lag und knöpfte seine Jeans auf, zog das T-Shirt aus der Hose und hatte es fast über den Kopf, als er nach hinten über fiel und auf der Stelle einschlief.
Aidan stöhnte, ihm blieb auch
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