Cocktail fuer einen Vampir
Landschaftsposter von Louisiana. »Nun«, sagte sie schließlich und warf mir einen fragenden Blick zu. »Heute ist wirklich ein ganz spezieller Tag für Sie, nicht wahr? Sie haben Geburtstag, und Sie wollen Ihr Testament machen.«
Ich fühlte mich etwas seltsam, als ich die Anwaltskanzlei wieder verließ. Aber es gibt vermutlich nichts, was einem die eigene Vergänglichkeit deutlicher in Erinnerung ruft als die Ausfertigung des eigenen Testaments. Ein wahrer Alles-oder-nichts-Moment. Wenn ein Testament verlesen wird, hören andere zum letzten Mal die Stimme des Verstorbenen: den letzten Ausdruck seines Willens und seiner Wünsche, die letzte Äußerung direkt aus seinem Mund. Es war eine seltsam aufschlussreiche Stunde gewesen.
Beth Osiecki würde alles in lupenreiner Juristensprache ausformulieren, und ich musste am nächsten Tag noch einmal kommen und es unterschreiben. Nur für den Fall der Fälle, hatte ich zu ihr gesagt, würde ich aber gern auch schon die Liste unterschreiben, die ich mitgebracht hatte. Diese Liste meiner Hinterlassenschaften hatte ich von Hand geschrieben. Und ich fragte die Anwältin, ob das sie rechtskräftig machen würde.
»Sicher«, hatte sie erwidert. Mit einem Lächeln. Ich sah ihr an, dass sie mich ihrem mageren Vorrat an Geschichten über »seltsame Klienten« zuschlug. Aber das war schon okay.
Als ich Beth Osieckis Kanzlei verließ, war ich ziemlich stolz auf mich. Ich hatte mein Testament gemacht.
Ich wusste nicht genau, was ich als Nächstes tun sollte. Es war drei Uhr nachmittags, ich hatte spät gefrühstückt, und ein richtiges Mittagessen kam nicht infrage. Ich musste nicht in die Bücherei, denn ich hatte einige ausgeliehene Bücher herumliegen, die ich noch nicht gelesen hatte. Ich hätte nach Hause fahren und mich in die Sonne legen können, was immer ein herrlicher Zeitvertreib war. Aber dann würde ich mein schönes Make-up und mein frisch gewaschenes Haar vollschwitzen. Ich lief Gefahr, dass mir das gleich hier auf dem Gehweg passieren würde, wenn ich hier noch lange herumstand. Die Sonne brannte höllisch heiß auf mich herab. Es herrschten mindestens 38 Grad im Schatten. Mein Handy klingelte, als ich zögerte, den Türgriff meines Autos anzufassen.
»Hallo?« Ich fischte ein Papiertaschentuch aus meiner Handtasche und schützte damit meine Finger, um die Autotür zu öffnen. Hitze strömte mir entgegen.
»Sookie? Wie geht’s dir?«
»Quinn?« Ich konnte es nicht glauben. »Wie schön, von dir zu hören!«
»Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.«
Ich spürte, wie meine Mundwinkel sich unwillkürlich zu einem Lächeln verzogen. »Du hast daran gedacht!«, rief ich. »Danke!« Es war geradezu lächerlich, wie ich mich freute. Ich hatte eigentlich nicht wirklich damit gerechnet, dass Tara an meinen Geburtstag denken würde, weil sie mit den Zwillingen ja gerade erst aus dem Krankenhaus zurück war. Aber so ein kleines bisschen enttäuscht war ich vielleicht doch gewesen, als sie es heute Mittag gar nicht erwähnt hatte.
»Hey, der Geburtstag ist ein wichtiger Tag«, sagte der Wertiger. Ich hatte ihn seit der Hochzeit von Sams Bruder nicht mehr gesehen. Es tat gut, seine tiefe Stimme zu hören.
»Wie geht’s dir?« Ich zögerte einen Moment, ehe ich hinzufügte: »Und wie geht’s Tijgerin?« Als ich Quinn das letzte Mal sah, hatte er die schöne Wertigerin, die eine der letzten ihrer Art war und noch dazu Single, gerade erst kennengelernt. Da muss ich wohl nicht erst noch ein Bild malen, glaube ich.
»Ich … äh … werde Vater.«
Wow. »Das ist ja toll!«, sagte ich. »Dann seid ihr beide also zusammengezogen? Wo wohnt ihr?«
»Ganz so läuft das bei uns nicht, Sookie.«
»Hm. Okay. Wie läuft es denn dann bei Tigern?«
»Tigerväter ziehen die Nachkommen nicht auf. Nur die Tigermütter.«
»Oje, das wirkt aber ziemlich altmodisch.« Und auch irgendwie falsch.
»Auf mich auch. Aber Tij ist da sehr konservativ. Siesagt, wenn das Baby kommt, wird sie sich sogar verbergen, bis das Kind abgestillt ist. Ihre Mom hat sie gewarnt, dass ich es als Rivalen betrachten könnte, wenn es ein Junge ist.« Über das Telefon konnte ich Quinns Gedanken nicht lesen, aber er klang ziemlich entnervt und verärgert.
Soweit ich wusste – und ich hatte einiges über Tiger gelesen, als ich mit Quinn zusammen war –, neigten nur Tiger, die keine eigenen Nachkommen hatten, dazu, Junge zu töten. Aber weil mich das alles eigentlich nichts anging, schluckte ich die
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