Cocktail fuer einen Vampir
rein zufällig beim Ausräumen der Dachkammer entdeckt. Es hatte einige Zeit gedauert, bis ich herausbekam, was es überhaupt war, und mehr über seine Eigenschaften erfuhr. Und nur der Halbdämon Desmond Cataliades wusste, dass ich es hatte … auch wenn meine Freundin Amelia es vielleicht ahnte, da ich sie gebeten hatte, doch mal nachzuforschen, welche Kräfte so ein Cluviel Dor besaß.
Bis jetzt hatte ich es, genau wie meine Großmutter, versteckt. Man geht ja schließlich auch nicht mit einem Gewehr in der Hand durchs Leben nur für den Fall, dass einen jemand angreift, stimmt’s? Das Cluviel Dor war zwar eine Liebesgabe und keine Waffe, sein Einsatz konnte aber genauso dramatische Folgen haben. Das Cluviel Dor gewährte seinem Besitzer einen Wunsch. Dieser Wunsch musste jedoch ein persönlicher sein, der dem Besitzer selbst oder jemandem, den der Besitzer liebte, zugute kam. Ich hatte mir allerdings ein paar schreckliche Szenarien ausgemalt: Was, wenn ich mir wünschte, ein heranbrausendes Auto möge mich nicht überfahren, und stattdessen würde es ein anderes Auto rammen und eine ganze Familie töten? Was, wenn ich mir wünschte, meine Großmutter wäre wieder lebendig, und statt eines lebenden Menschen würde eine Untote auftauchen?
Ich verstand nur zu gut, warum Gran das Cluviel Dor so sorgfältig versteckt hatte, dass niemand es zufällig entdecken konnte. Ich verstand, dass sein Potenzial sie erschreckt hatte, und vielleicht hatte sie auch einfach geglaubt, dass eine fromme Christin keine Magie einsetzen sollte, um ihre eigene Lebensgeschichte zu verändern.
Andererseits hätte das Cluviel Dor Gran das Leben retten können, wenn sie es in dem Augenblick, als sie angegriffen wurde, bei sich gehabt hätte. Aber es hatte im Geheimfach eines alten Schreibtisches oben in der Dachkammer gesteckt, und sie war gestorben. Es war, als hätte man sich eine Alarmanlage gekauft und sie dann außer Reichweite in einem der Küchenschränke liegen lassen. Niemand käme daran, und es würde nie ein Fehlalarm ausgelöst werden; andererseits würde aber auch nie im richtigen Moment ein Alarm ertönen.
Wenn das Aussprechen eines Wunsches solch katastrophale Folgen haben konnte, war es fast schon gefährlich, das Cluviel Dor nur zu besitzen. Wenn irgendwer – irgendein Supra – erfuhr, dass ich diesen fantastischen Gegenstand besaß, wäre ich in noch größerer Gefahr als normalerweise schon.
Ich öffnete die Schublade und betrachtete die Liebesgabe für meine Großmutter. Das Cluviel Dor war zartgrün und sah aus wie eine leicht unförmige Puderdose, weshalb ich es in der Schublade mit meinem Make-up aufbewahrte. Der Deckel war in Gold eingefasst, ließ sich aber nicht öffnen; er war vermutlich noch nie geöffnet worden. Ich wusste jedenfalls nicht, wie es ging. Wenn ich das Cluviel Dor in der Hand hielt, verströmte es die gleiche herzliche Wärme, die ich spürte, wenn ich in Nialls Nähe war … nur hundertfach verstärkt.
Es verlangte mich so sehr danach, es in meine Handtasche zu tun. Meine Hand schwebte darüber.
Ich nahm es aus der Schublade heraus und wendete es in meinen Händen hin und her. Und während ich über den glatten Gegenstand strich und das intensive Wohlgefühl seiner Nähe empfand, wog ich den Vorteil, es mitzunehmen, gegen das Risiko ab.
Am Ende legte ich es wieder in die Schublade zurück und stäubte wie immer etwas Gesichtspuder darüber.
Da klingelte das Telefon.
»Unser Treffen findet um neun in Erics Haus statt«, sagte Pam.
»Ich dachte, ich soll ins Fangtasia kommen«, erwiderte ich etwas überrascht. »Okay, ich mach mich gleich auf den Weg.«
Ohne ein weiteres Wort legte Pam auf. Vampire sind nicht gerade Experten in höflichem Umgang am Telefon. Ich beugte mich zum Spiegel vor und malte mir noch die Lippen an.
Zwei Minuten darauf klingelte das Telefon erneut.
»Hallo?«
»Sookie«, sagte Mustapha schroff. »Sie müssen nicht vor zehn hier sein.«
»Oh? Hm … okay.« Dann blieb mir ja noch Zeit genug, und ich würde auch keinen Strafzettel riskieren müssen. Denn es gab da noch so ein paar Kleinigkeiten zu tun, ehe ich mich auf den Weg machen konnte.
Ich sprach ein Gebet, und ich schlug mein Bett auf als Zeichen für meinen Glauben daran, dass ich nach Hause zurückkehren und wieder darin schlafen würde. Ich goss meine Pflanzen, nur für den Fall. Ich sah rasch meine E-Mails durch, fand aber nichts Interessantes. Und nachdemich mich noch ein letztes Mal in dem großen
Weitere Kostenlose Bücher