Cocktail fuer einen Vampir
Spiegel an der Badezimmertür betrachtet hatte, beschloss ich, loszufahren. Ich hatte noch ausreichend Zeit.
Auf der Fahrt nach Shreveport hörte ich Diskomusik und sang alle Songs von ›Saturday Night Fever‹ mit. Ich sah den jungen John Travolta wahnsinnig gern tanzen; das war etwas, das auch ich gut beherrschte. Singen sollte ich allerdings nur, wenn ich allein war. Und so schmetterte ich »Stayin’ Alive« heraus, wohl wissend, dass dies mein eigener Motto-Song sein könnte. Als ich schließlich beim Wachhaus an der Einfahrt zu Erics Wohnanlage anhielt, machte ich mir schon etwas weniger Sorgen über den Abend.
Ich wunderte mich, wo Dan Shelley war. Der Nachtwächter, ein muskulöser Mann (ein Mensch), auf dessen Namensschild »Vince« stand, winkte mich durch, ohne aufzustehen. »Viel Spaß auf der Party«, rief er.
Etwas überrascht lächelte ich und erwiderte sein Winken. Ich hatte angenommen, ich würde zu einem ernsten Konzil gehen, aber offenbar begann der Besuch des großen Zampano mit einem geselligen Teil.
Auch wenn Erics schicke Nachbarn die Stirn runzelten über am Straßenrand abgestellte Autos, tat ich genau das, weil ich nicht zugeparkt werden wollte. Die breite Auffahrt, die links vom Haus lag und leicht hügelaufwärts zu Erics Garage führte, war bereits ziemlich voll. Noch nie hatte ich so viele Autos hier gesehen. Ich konnte Musik aus dem Haus hören, wenn auch nur leise. Vampire mussten nicht wie die Menschen die Lautstärke extra aufdrehen, ihr Gehör war nur allzu gut.
Ich schaltete den Motor aus und blieb einen Moment hinter dem Steuer sitzen, um mich zu sammeln, ehe ichin die Höhle des Löwen ging. Warum hatte ich nicht einfach Nein gesagt, als Mustapha mir die Einladung überbrachte? Bis zu diesem Augenblick hatte ich tatsächlich die Möglichkeit, zu Hause zu bleiben, noch nicht einmal in Erwägung gezogen. War ich hier, weil ich Eric liebte? Oder weil ich so tief in die Vampirwelt verstrickt war, dass mir gar nicht mehr einfiel, mich zu weigern?
Vermutlich ein bisschen von beidem.
Ich öffnete die Tür und wollte eben aussteigen, da stand plötzlich Bill direkt neben dem Auto . Vor Schreck stieß ich einen kleinen Schrei aus. »Du weißt doch, dass du so was nicht machen sollst!«, schimpfte ich, froh darüber, etwas von meiner Angst als Wut verkleidet loszuwerden. Ich schoss aus dem Fahrersitz und warf die Autotür hinter mir zu.
»Dreh dich um und fahr zurück nach Bon Temps, Schatz«, sagte Bill. Im harten Licht der Straßenlaternen sah mein erster Vampirliebhaber entsetzlich bleich aus, abgesehen von seinen Augen, die wie umschattete Höhlen wirkten. Sein schwarzes volles Haar und die schwarze Kleidung verstärkten den Kontrast noch, so sehr, dass er aussah, als wäre seine Haut wie ein Hausschild mit fluoreszierender Farbe lackiert worden.
»Ich habe gerade eben daran gedacht«, gab ich zu. »Aber es ist zu spät.«
»Du solltest wirklich wieder gehen.« Er meinte es ernst.
»Oh … dann würde ich Eric doch quasi im Stich lassen«, sagte ich, und es lag vielleicht sogar ein leicht fragender Ton in meiner Stimme.
»Er kann heute Abend ohne dich klarkommen. Bitte, fahr nach Hause.« Bills kühle Hand ergriff meine, und er drückte sie ganz sanft.
»Du solltest mir lieber sagen, was los ist.«
»Felipe hat einige seiner Vampire mitgebracht. Sie sind schon durch ein oder zwei Bars gezogen und haben ein paar Menschen aufgegabelt, mit – und von – denen sie trinken wollen. Ihr Verhalten ist … nun, weißt du noch, wie sehr dich Diane, Liam und Malcolm abgestoßen haben?«
Die drei mittlerweile endgültig toten Vampire hatten keinerlei Skrupel gehabt, vor mir Sex mit Menschen zu haben, und dabei war es nicht mal geblieben.
»Ja, das weiß ich noch.«
»Felipe ist sonst eigentlich diskreter, aber heute Abend ist er in Partylaune.«
Ich schluckte. »Ich habe Eric gesagt, dass ich komme«, erwiderte ich. »Felipe könnte es übel nehmen, wenn ich mich hier nicht zeige, da ich Erics Menschenehefrau bin.« Eric hatte mir diesen Titel aufgenötigt, weil er mich in einem gewissen Maße schützte.
»Eric wird deine Abwesenheit überleben …«, sagte Bill, und wenn er diesen Satz beendet hätte, dann sicher mit den Worten: »… aber du überlebst vielleicht deine Anwesenheit nicht.« Doch er fuhr so fort: »Ich muss hier draußen Wache schieben und darf nicht hineinkommen. Ich kann dich also nicht schützen.«
Es war ein Fehler gewesen, das Cluviel Dor zu Hause zu
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