Cocktail fuer einen Vampir
ich und beließ es dabei, denn alles andere ging niemanden etwas an.
»Gruselig«, sagte sie nach einem Augenblick. Und nach einem weiteren, längeren Augenblick fügte sie noch hinzu: »Iihh.«
Ich zuckte die Achseln. Sie setzte an, als wollte sie noch eine Frage stellen, doch dann schloss sie den Mund wieder.
Zum Glück für uns beide winkte an einem ihrer Tische jemand, weil er die Rechnung haben wollte, und eine von Jane Bodehouses Freundinnen kam sturzbetrunken herein, sodass wir beide zu tun hatten. Schließlich kamHolly, um mich abzulösen, und jammerte über ihre alte Schrottkiste. India machte eine Doppelschicht, deshalb behielt sie ihre Schürze um. Ich winkte Sam beiläufig zu und war froh, endlich aus der Bar herauszukommen.
Ich schaffte es gerade noch in die Bibliothek, ehe sie schloss, und dann fuhr ich bei der Post vorbei und kaufte ein paar Briefmarken an dem Automaten in der Eingangshalle. Halleigh Bellefleur war dort, weil sie etwas zu besorgen hatte, und wir grüßten uns mit echter Freude. Manchmal mag man jemanden einfach, auch wenn man nicht dauernd mit der Person zu tun hat. Halleigh und ich haben nicht allzu viel gemeinsam, von der Herkunft über die Bildung bis zu unseren Interessen, aber wir mögen einander irgendwie. Halleighs Schwangerschaftsbauch stand deutlich hervor, doch sie wirkte so rosig wie Tara erschöpft.
»Wie geht es Andy?«, fragte ich.
»Er schläft schlecht, weil er so aufgeregt ist wegen seines Babys«, erzählte sie. »Und er ruft mich immer aus dem Büro an, um zu fragen, wie es mir geht und wie oft das Baby schon getreten hat.«
»Bleibt ihr bei ›Caroline‹?«
»Ja, er hat sich sehr gefreut, als ich es vorgeschlagen habe. Seine Großmutter hat ihn ja immerhin aufgezogen, und sie war eine wunderbare Frau, auch wenn sie ein klein wenig furchteinflößend gewirkt hat.« Halleigh lächelte.
Caroline Bellefleur hatte mehr als nur ein klein wenig furchteinflößend gewirkt. Sie war die letzte echte Südstaatendame von Bon Temps gewesen und noch dazu die Urenkelin meines Exfreundes Bill Compton. Halleighs Baby würde noch drei weitere Urs entfernt sein.
Ich erzählte Halleigh von Jasons Verlobung, und siefand genau die richtigen Worte. Sie war ebenso höflich wie Andys Großmutter – aber sehr, sehr viel herzlicher.
Obwohl es gutgetan hatte, Halleigh zu treffen, war ich doch etwas deprimiert, als ich mich mit meinen Briefmarken wieder ins Auto setzte. Ich drehte den Schlüssel im Zündschloss und ließ den Motor an, legte aber keinen Gang ein.
Ich wusste, dass ich in vielerlei Hinsicht eine vom Glück begünstigte Frau war. Doch überall um mich herum entstand neues Leben, und ich war nicht …
Mit einem scharfen Befehl an mich selbst untersagte ich mir diesen Gedanken. Nein, ich würde nicht in Selbstmitleid baden. Nur weil ich nicht schwanger war und auch mit keinem verheiratet, der mich schwängern könnte, hatte ich noch lange keinen Grund, mich wie eine einsame Insel im Strom des Lebens zu fühlen. Ich schüttelte mich einmal kurz und fuhr los, um meine restlichen Besorgungen zu erledigen. Als ich kurz darauf zufällig Faye de Leon aus dem Grabbit Kwik kommen sah, gab mir das einen inneren Ruck. Faye war schon sechsmal schwanger gewesen, und sie hatte ungefähr mein Alter. Sie hatte Maxine Fortenberry mal erzählt, dass sie die letzten drei Kinder gar nicht hatte haben wollen. Aber ihr Mann sah sie so gerne schwanger, und er liebte Kinder, und deshalb ließ Faye sich als »Wurfmaschine« benutzen, wie Maxine es ausdrückte.
Ja, das gab mir wirklich einen inneren Ruck.
Ich aß Abendbrot, sah fern und las in einem meiner neu ausgeliehenen Bibliotheksbücher an diesem Abend und fühlte mich einfach prima, so ganz für mich, jedes Mal, wenn ich an Faye dachte.
Kapitel 3
Am nächsten Tag gab es keine großen Enthüllungen, während ich arbeitete, und nicht ein einziges besonderes Ereignis. Was ich eigentlich prima fand. Ich nahm einfach nur Bestellungen auf, servierte Getränke und Essen und steckte mein Trinkgeld ein. Kennedy Keyes stand hinter dem Tresen. Hoffentlich hatte sie nicht immer noch Streit mit Danny, dachte ich, aber er konnte natürlich ebenso gut bei seinem anderen Job, dem im Baumarkt, sein. Kennedy wirkte gedrückt und lustlos, und das tat mir leid. Aber ich wollte einfach nicht mehr über ihre Beziehungsprobleme wissen – oder über die Beziehungsprobleme von irgendwem . Ich hatte genug eigene.
Ich muss mich bewusst darauf konzentrieren,
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