Cocktail fuer einen Vampir
ich denn sagen? Ich weiß ja, ich hätt’s ihr erzählen sollen.« Er hob die Hände in einer hoffnungslosen Geste. »Mir ist bloß nichts anderes eingefallen, um ein bisschen Geld nebenbei zu verdienen. Ihre Boutique läuftim Moment nicht so toll, und ich verdiene nicht allzu viel. Wir haben keine gute Krankenversicherung. Zwillinge! Das wird eine saftige Rechnung vom Krankenhaus geben. Und was, wenn eins der Babys krank ist?«
Es war so verlockend, ihm zu versichern, dass er sich darüber keine Sorgen machen solle – doch er hatte allen Grund, sich Sorgen zu machen, und es wäre herablassend gewesen, so zu tun, als wenn dem nicht so wäre. JB hatte clever gehandelt, für JB; er hatte einen Weg gefunden, mit den ihm eigenen Vorzügen etwas Geld nebenbei zu verdienen. Sein großer Fehler war nur gewesen, seiner Ehefrau zu verschweigen, dass er sich allwöchentlich vor anderen Frauen ausziehen würde.
Wir redeten hin und her, während JB ein Bier am Tresen trank. Taktvoll tat Sam so, als wäre er zu beschäftigt, um irgendetwas von unserem immer wieder aussetzenden Gespräch mitzubekommen. Ich drängte JB, noch an diesem Abend etwas Besonderes für Tara zu kochen oder wenigstens bei Wal-Mart vorbeizufahren und einen kleinen Blumenstrauß zu kaufen. Oder er könnte ihr auch die Füße und den Rücken massieren. Auf jeden Fall sollte er irgendetwas tun, damit sie sich geliebt und umsorgt fühlte. »Und sag ihr nicht, wie dick sie ist!«, warnte ich ihn, mit dem Zeigefinger auf seine Brust einstochernd. »Bloß nicht! Du sagst ihr, dass sie schöner ist als jemals zuvor, jetzt, da sie deine Kinder austrägt!«
JB sah genau so drein, als würde er gleich sagen: »Aber das stimmt doch gar nicht.« Jedenfalls dachte er das. Doch unsere Blicke trafen sich, und er hielt den Mund.
»Es ist ganz egal, ob es wahr ist. Du sagst ihr, dass sie großartig aussieht!«, wiederholte ich. »Ich weiß, dass du sie liebst.«
JB sah einen Augenblick lang weg und dachte über den Wahrheitsgehalt meiner Worte nach. Schließlich nickte er. »Ich liebe sie wirklich«, sagte er, und dann lächelte er. »Erst sie macht mich zu einem vollständigen Menschen«, fügte er stolz hinzu. Tja, JB sieht eindeutig zu viele kitschige Hollywoodfilme.
»Dann vervollständige du sie jetzt mal«, erwiderte ich. »Sie muss sich mal wieder hübsch und begehrt fühlen, weil sie sich eigentlich unförmig, unbeholfen und unwohl fühlt. Eine Schwangerschaft ist nicht so einfach, höre ich.«
»Ich versuch’s, Sookie. Kann ich dich anrufen, wenn sie sich nicht beruhigt?«
»Ja, aber ich weiß, du schaffst das, JB. Sei einfach liebevoll und aufrichtig, und sie wird dir entgegenkommen.«
»Mir gefällt das Strippen«, sagte er plötzlich, als ich mich schon abwandte.
»Ja, ich weiß.«
»Ich wusste, dass du’s verstehen würdest.« Er nahm einen letzten Schluck Bier, ließ Sam ein Trinkgeld da und fuhr ins Fitnesscenter in Clarice zum Arbeiten.
»Das muss heut der Tag der Paare sein«, sagte India. »Sam und Jannalynn, Jason und Michele, JB und Tara.« Der Gedanke schien sie nicht allzu glücklich zu machen.
»Bist du noch mit Lola zusammen?« Obwohl ich die Antwort kannte, war es immer besser zu fragen.
»Nee. Hat nicht funktioniert.«
»Tut mir leid«, sagte ich. »Na, vielleicht kommt ja schon bald die richtige Frau zur Tür des Merlotte’s reinspaziert, und du verliebst dich unsterblich.«
»Hoffentlich.« India wirkte deprimiert. »Ich bin kein Fan dieses ganzen Hochzeitswahns, aber ich wär schongern fest mit jemandem zusammen. Dieses Dating macht mich völlig fertig.«
»Ich war nie gut im Dating.«
»Bist du deshalb mit einem Vampir zusammen? Um alle anderen abzuschrecken?«
»Ich liebe ihn«, sagte ich ruhig. »Deshalb bin ich mit ihm zusammen.« Ich betonte nicht noch extra, dass normale Menschenmänner für mich nicht infrage kommen. Wer wollte schon in jedem Augenblick die Gedanken seines potenziellen Liebhabers lesen können? Nein, das wäre wirklich kein Spaß, was?
»Kein Grund, gleich so abwehrend zu reagieren«, sagte India.
Ich hatte geglaubt, ich wäre völlig sachlich gewesen. »Ich habe viel Spaß mit ihm«, sagte ich sanfter, »und er behandelt mich sehr liebenswürdig.«
»Sie sind … ich weiß nicht, wie ich’s formulieren soll, aber sie sind kalt, richtig?«
India war nicht die Erste, die versuchte, mir auf dezente Weise diese Frage zu stellen. Es gab keine dezente Weise.
»Nicht mal Raumtemperatur«, erwiderte
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