Cocktail fuer einen Vampir
erwarten, die verschwitzten, schmutzigen Sachen auszuziehen und mich unter die Dusche zu stellen. Als ich aus dem Schatten der Bäume heraustrat und in den zu Ende gehenden Nachmittag hinausblickte, sah ich, dass ich dieses Vergnügen wohl noch eine Zeit lang hinausschieben musste.
In meiner Abwesenheit hatte ich Besuch bekommen. Drei mir unbekannte Leute, die alle Mitte vierzig zu sein schienen, standen bei einem Auto, so als wollten sie jeden Augenblick einsteigen und wieder wegfahren. Wenn ich doch nur ein paar Minuten länger beim Elfenportal geblieben wäre! Die kleine Gruppe gab ein seltsames Bild ab. Der kurz geschorene Bart und das Haar des Mannes, der neben der Fahrertür stand, waren kupferbraun, und er trug eine Brille mit Goldrand. Seine dunkelbraune Baumwollhose und sein hellblaues Oxfordhemd mit den aufgekrempeltenÄrmeln waren quasi die sommerliche Arbeitsuniform aller Büroangestellten. Der andere Mann war ein echter Kontrast. Seine Jeans war fleckig, und auf seinem T-Shirt stand, dass er »Pussys« liebte, illustriert mit der ach so cleveren Zeichnung einer Perserkatze. Subtil, was? Er verströmte einen Ruch von Andersartigkeit und war ganz bestimmt kein reiner Mensch, aber ich wollte ihm gar nicht näher kommen und herausfinden, was seine wahre Natur war.
Seine Begleiterin trug ein tief ausgeschnittenes T-Shirt, dunkelgrün und mit goldenen Nieten verziert, und dazu weiße Shorts. Ihre nackten Beine waren stark tätowiert.
»Tag«, sagte ich und versuchte nicht mal, sie höflich zu begrüßen. Ihre Gedanken kündeten mir schon Schwierigkeiten an. Moment mal. Kam dieses vulgäre Paar mir nicht irgendwie bekannt vor?
»Hallo«, grüßte die Frau, eine Brünette mit olivfarbener Haut und tiefschwarzem Make-up um die Augen. Sie nahm einen Zug von ihrer Zigarette. »Sookie Stackhouse, oder?«
»Ja, die bin ich. Und wer sind Sie?«
»Die Rowes. Ich bin Georgene, und das ist Oscar. Und der Kerl da«, sie zeigte auf den Mann an der Fahrertür, »ist Harp Powell.«
»Entschuldigung«, erwiderte ich. »Aber sollte ich Sie kennen?«
»Kyms Eltern«, erklärte die Frau.
Jetzt tat es mir noch mehr leid, dass ich nicht länger im Wald geblieben war.
Es mochte ja vielleicht unhöflich sein, aber ich hatte nicht die geringste Absicht, sie hereinzubitten. Sie hatten mich vorher nicht angerufen, es gab keinen Grund für einGespräch mit mir und vor allem anderen – so was hatte ich doch schon einmal mitgemacht, mit den Pelts.
»Mein Beileid zu Ihrem Verlust«, sagte ich. »Aber ich verstehe nicht ganz, warum Sie hier sind.«
»Sie haben mit unserer Tochter geredet, kurz bevor sie starb«, begann Oscar Rowe. »Wir wollten bloß wissen, was ihr so durch den Kopf ging.«
Ohne es zu ahnen, waren sie da zu genau der Richtigen gekommen. Zu wissen, was anderen durch den Kopf ging, war meine Spezialität. Aber was ich in den Gedanken der beiden las, gefiel mir nicht. Anstatt auf Kummer und Trauer stieß ich auf leidenschaftliche Neugier … ein Gefühl, das eher zu Leuten passte, die das Tempo ihres Autos drosselten, um bei Verkehrsunfällen zu glotzen, aber nicht zu trauernden Eltern.
Ich drehte mich etwas, um ihren Begleiter anzusehen. »Und Sie, Mr Powell? Welche Rolle spielen Sie hier?« Ich hatte wahrgenommen, wie aufmerksam er alles beobachtete.
»Ich habe vor, ein Buch über Kyms Leben zu schreiben«, behauptete Harp Powell. »Und über ihren Tod.«
Das konnte ich mir schon genau vorstellen: Hübsche junge Frau mit zweifelhafter Vergangenheit stirbt nachts vor dem Haus eines Vampirs, in dem eine Party mit hochinteressanten Gästen stattfindet. Das würde sicher nicht die Biografie der verzweifelten, emotional verstörten Kym werden, der ich begegnet war. Harp Powell dachte daran, einen auf Tatsachen beruhenden Kriminalroman zu schreiben, mit einem Fototeil in der Mitte: Kym als Stripperin in allen Posen und wohl auch Kym als Leiche. Zusammen mit den Rowes hier bei mir aufzutauchen war ein kluger Schachzug von ihm. Wer konnte schon denerschütterten Eltern etwas abschlagen? Aber ich wusste, dass Georgene und Oscar weit davon entfernt waren, am Boden zerstört zu sein. Bei den Rowes überwog Neugier ihre Trauer bei Weitem.
»Wie lange ist es denn her, seit Sie sie zuletzt gesehen haben?«, fragte ich Kyms Mutter.
»Na ja, sie war ein erwachsenes Mädchen. Sie ist von zu Hause weggegangen, als sie mit der Highschool fertig war«, erzählte Georgene. Sie war ein paar Schitte auf das Haus zugegangen, so
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