Cocktails und heiße Kuesse
Stille, hier konnte er konzentriert arbeiten, und es störten ihn weder Stimmen noch klingelnde Telefone. Heute jedoch begleitete er seine Mitarbeiter in das Büro im ersten Stock. So lief er nicht ständig Gefahr, Bellas Feenkleid sehen und ihren mittlerweile vertrauten Duft einatmen zu müssen.
Irgendwie würde er sie wieder für sich gewinnen müssen. Nur wie? Sie zum Lachen bringen? Etwas Nettes für sie tun? Vermutlich musste er in dieser Hinsicht äußerst vorsichtig zu Werke gehen. Über sein Angebot, ihren Wagen in seine Werkstatt bringen zu lassen, hatte sie sich furchtbar aufgeregt.
Wütend über sich selbst, weil er so viel an sie dachte, zwang er sich, noch härter und länger zu arbeiten. Als dieses Vorhaben scheiterte, ging er hinaus, um sich mit Sport abzureagieren.
Bella hatte einen langen Tag hinter sich. Zwar war sie die Arbeit in dem Café gewohnt, doch hatte das Stehen und Lächeln sie heute mehr erschöpft als sonst. Die Fantasie von Owen in seinem dunklen Anzug hatte sich unablässig in ihre Gedanken geschmuggelt.
Jetzt saß sie an seinem überdimensionierten Tisch und versuchte, den abgerissenen Ärmel wieder anzunähen. Eine Mutter, die sie bei ihrem gestrigen Auftritt gesehen hatte, hatte angerufen und gefragt, ob sie am Wochenende bei der Party ihrer kleinen Nichte auftreten konnte. Natürlich hatte sie zugesagt. Schließlich brauchte sie das Geld, um aus Owens Wohnung ausziehen, bevor sie sich ihm endgültig an den Hals warf.
Seufzend versuchte sie abermals, den Faden ins Nadelöhr zu befördern. Mit ihrem Kindergeburtstagsprogramm war ihr mehr Erfolg beschert als mit der ernsthaften Schauspielerei. Sie hatte bei einem Theater angerufen und nach einer freien Stelle gefragt. Als sich der Direktor nach ihrer Ausbildung und ihren bisherigen Engagements erkundigt hatte, war sie in irrelevantes Stottern verfallen. Daraufhin hatte er ihr bedauernd mitgeteilt, dass er im Moment nichts für sie habe, sie solle doch ein Auge auf die öffentlich ausgeschriebenen Vorsprechen haben. Bella war sich nicht sicher, was sie eigentlich erwartet hatte, dennoch fühlte sie sich sehr niedergeschlagen.
Dann kam Owen nach Hause. Er bedachte sie mit einem flüchtigen Grinsen, bevor er in der offenen Küche verschwand. Offenbar hatte er Sport getrieben, denn er trug ein leichtes T-Shirt und eine knappe Hose. Auf seiner Haut glitzerten Schweißtröpfchen.
Fasziniert sah Bella ihm nach. Gegen ihren Willen beschleunigt sich ihr Puls.
Er nahm eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank und setzte sie sich an die Lippen. Dieser Anblick brachte sie völlig aus dem Konzept, der Faden rutschte aus dem Nadelöhr.
Die Wasserflasche in der Hand schlenderte er zu ihr zurück. „Klappt wohl nicht so recht mit der Reparatur?“
Totale Untertreibung. Die Weinflecken ließen sich trotz hartnäckigem Schrubben nicht entfernen, die Naht wollte einfach keine Form annehmen.
„Lass mich es mal versuchen.“
Verwundert reichte sie ihm das Kleid. „Du warst also wirklich bei den Pfadfindern?“
In seinen Augen flackerte das vertraute schelmische Funkeln auf. Innerlich versetzte Bella sich einen Tritt, die Erinnerung an ihre gemeinsame Nacht so offen ausgesprochen zu haben. Peinlich berührt, schoss ihr das Blut in die Wangen.
Owen musterte die Nadel, seine Mundwinkel zuckten. „Nein, war ich nicht, aber ich habe mir ausgerechnet, dass ich auch nicht schlechter als du sein kann.“
„Vielen Dank.“
Er setzte sich auf den Stuhl neben sie. Plötzlich nervös geworden, stand sie auf und lief eine Runde durch die Wohnung. Als sie wieder bei ihm ankam, fiel ihr Blick auf die Pulsuhr an seinem Handgelenk. Sie zeigte 68 Minuten an. Dieser Mann war über eine Stunde gelaufen, und doch ging ihr Atem heftiger als seiner.
Allerdings schien er mit Nadel und Faden ebenso wenig umgehen zu können wie sie.
„Verdammt.“
Offenbar hatte er sich in den Finger gepikt.
Aus irgendeinem Grund beruhigte es sie, dass er auf einem Gebiet nicht perfekt war.
„Tut mir leid“, entschuldigte er sich. „Vorschlag: Ich übergebe die Arbeit meiner Wäscherei, die erledigen auch Näharbeiten.“
„Nein.“ Sie schüttelte den Kopf.
„Bella, ich muss. Schau, jetzt habe ich auch noch Blut auf den Ärmel getropft. Das ist das Mindeste, was ich tun kann.“
Sie betrachtete das Kleid. Die Blutflecke waren nicht zu übersehen. Verflixt, er hatte sie in eine Situation gebracht, in der sie schon wieder seine Hilfe annehmen musste. „Okay“,
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