Coco - Ausbildung zur 0
fragte er, „gegen halb acht?“ Sie nickte, und Baptiste nahm ihre Hand und hauchte ihr einen Kuss darauf. „Dann bis morgen Abend.“ Er verabschiedete sich mit einer Verbeugung und ging zum Aufzug. Coco sah ihm nach.
„Was hast du dir da bloß eingebrockt!“, dachte sie, als sie die Tür zu ihrem Salon hinter sich schloss. Mit einem Glas Wein stand sie auf dem Balkon ihrer Suite und blickte auf die von der Gischt umspülten Klippen hinunter, die nun beleuchtet waren. Es war ein herrliches Schauspiel, und langsam entspannte sie sich. „ Du hast also einen Fickurlaub gebucht“, schalt sie sich und schüttelte den Kopf. „Wie konntest du nur so blöd sein? So was hast du doch gar nicht nötig!“
Hatte sie es nötig? Diese Frage hatte sich ihr nie gestellt. In all den Jahren, in denen sie für Xavier arbeitete, hatte sie gar keine Zeit für Männer gehabt. Und jetzt hatte sie sich selbst mit einem solchen Urlaub überrascht. Ihre bisherigen Beziehungen, so kurz sie auch immer währten, waren eine Katastrophe gewesen – auch im Bett. Ihr Sexualleben war mehr als nur einfach. Es gab keins. Sicherlich hatte sie früher – während ihres Studiums und danach – immer wieder einmal … Aber diese „immer mal wieder“ waren wenig erbaulich, geschweige denn befriedigend gewesen. Irgendwann fehlte es ihr nicht einmal mehr, keinen Sex zu haben. Stattdessen pflegte sie sich ihren Träumen hinzugeben und mit sich selbst zu beschäftigen. Einen Mann oder gar einen Partner konnte das nicht ersetzen, aber sie war sich in diesen Jahren selbst genug.
Als Ersatz für den fehlenden sexuellen Ausgleich hatte sie sich, anfangs zumindest, in Xavier verliebt. So konnte sie wenigstens ihn als Ausrede für ihr nicht vorhandenes Sexleben benützen. Zum einen, weil es einfach unmöglich war, sich mit diesem Chaoten einzulassen, und zum anderen: Was passierte, wenn sich zwei Geschäftspartner, die außerdem noch in dieser besonderen Konstellation zueinander standen, miteinander einließen und diese Beziehung irgendwann zerbrach? Das wollte sie sich nicht im Geringsten ausmalen. So hatte sie immerhin zwei Gründe, die für ein absolutes Nein reichten. Wenn Coco gezwungen wäre, ein Fazit ziehen zu müssen, dann würde es ungefähr so lauten: Sie saß seit Jahren auf dem Trockenen und hatte nichts vermisst.
„Wirklich nicht?“, fragte sie sich in Gedanken selbst. „Hast du wirklich nichts vermisst, oder warst du einfach zu beschäftigt, um zu merken, dass du es tust?“
Leicht verärgert stieß sie sich von der Balustrade ab und stellte das Glas im Vorbeigehen auf einem Tisch ab. „Nur weil du dich mehr als nur vertan hast, stellst du ein Leben jetzt in Frage.“ Coco öffnete den Reißverschluss in ihrem Rücken, und das Kleid rutschte ihr an den Schultern herunter auf den Boden. „Warum nutzt du das Angebot nicht?“, fragte sie sich, als sie die Bettdecke zurückschlug. „Du hast nichts zu verlieren.“ Sie legte sich ins Bett und zog sich die Decke über die Ohren. „Aber für Sex zahlen? Bin ich wirklich schon so tief gesunken?“
Mit diesem Gedanken schlief sie ein, und das erste Mal seit Jahren träumte sie wieder. Und die Hauptrolle in diesem Traum spielten sie und Baptiste Pigéon.
5
Nach einer unruhigen Nacht beschloss Coco, sich vom Hotel und Baptiste fernzuhalten. Sie frühstückte auf ihrem Zimmer und zog sich dann für einen Strandspaziergang an. Um wirklich niemandem zu begegnen, der sie in ihren Überlegungen stören konnte, entschied sie, sich wie ein Dieb die Hintertreppe hinauszustehlen.
Die Sonne begrüßte Coco, und ein strahlend blauer Himmel luden sie dazu ein, stundenlang am Strand entlangzugehen. Immer weiter entfernte sie sich von ihrem Hotel und dem Gedanken, sich womöglich Sex zu erkaufen. Je weiter sie sich entfernte, desto absurder war dieser Gedanke.
Coco fühlte den Sand unter ihren Füßen, und nach einiger Zeit fand sie sogar ein Plätzchen in einer kleinen Bucht, das nicht von Steinen durchzogen war, und so legte sie eine Pause ein. Sie schlüpfte aus ihrem Kleid und ließ es fallen. Sanft schlugen die Wellen an das Ufer, und Schritt für Schritt ging sie in das kühle Wasser. Das Meer umspielte ihre Beine, und obwohl die Sonne schon hoch am Himmel stand, es heiß war, fröstelte sie. Mutig, der Kälte des Wassers trotzend, tauchte sie mit ihrem Körper vollkommen ein. Fast nahm ihr die Kälte den Atem, doch bald hatte sie sich unter Kontrolle und schwamm etwas weiter hinaus,
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