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Coco Chanel & Igor Strawinsky

Titel: Coco Chanel & Igor Strawinsky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Greenhalgh
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nur ein paar Minuten entfernt.«
    »Ich weiß, aber …« Igor zuckt entschuldigend mit den Schultern. »Es würde nur Unannehmlichkeiten bedeuten …«
    »Schon gut, schon gut.« Sie ist enttäuscht. Sie hat heute viel gearbeitet und ist müde und nach ein paar Gläsern Wein erotisch gestimmt. »Ich dachte nur, du würdest vielleicht gern die Nacht mit mir verbringen, das ist alles.«
    »Das würde ich auch … Es ist nur so, dass …«
    »Spar dir deine Ausreden, ich will sie nicht hören«, unterbricht sie ihn ernüchtert.
    Aber ihn beschäftigt noch etwas anderes. »Was hast du Misia eben erzählt?«, fragt er nach einer kurzen Pause.
    »Willst du deshalb nicht mitkommen? Weil du nicht magst, dass ich mit ihr rede?«
    »Natürlich nicht. Ich bin nur neugierig, das ist alles.«
    »Mhm.«
    »Also? Was hast du ihr erzählt?«, drängt er.
    »Nichts.«
    »Dafür habt ihr euch aber lange unterhalten.«
    »Wir haben übers Geschäft gesprochen.«
    »Ihr habt nicht über uns getratscht?«
    »Und was, wenn doch?«
    »Ist das klug?«
    »Wenn du es unbedingt wissen willst, ich glaube, sie ist eifersüchtig.«

    »Eifersüchtig? Weswegen?«
    »Weil ich dich unterstütze.«
    »Ach?«
    »Sie hat sich immer als deine Mäzenin betrachtet, und ich fürchte, sie ist nicht gerade begeistert davon, dass ich mich
    zwischen euch gedrängt habe.«
    »Ich bin doch nicht ihr Eigentum.«
    »Sie ist eben ein eifersüchtiger Mensch.«
    »Sie ist ein Klatschmaul.«
    »Sie ist meine Freundin«, erwidert Coco mit unerwarteter Festigkeit in der Stimme.
    »Ich bin es leid, dass sie sich ständig in alles einmischt.«
    »Einmischt?«
    »Ja.«
    »Das hättest du vorher sagen sollen. Ich dachte, es gefällt dir, wenn Leute dir Geld geben.«
    »Du weißt genau, was ich meine«, entgegnet er eingeschüchtert.
    »Und ich bin mir sicher, du weißt auch, was ich meine.«
    »Ich weiß nur nicht, ob es mir gefällt, dass sie zu viel weiß …«
    »Nein?«
    »Um die Wahrheit zu sagen, ich will nicht, dass sie überhaupt etwas von uns weiß.« Seine Züge werden starr, er weiß, dass sie ihn beobachtet.
    »Schämst du dich bei dem Gedanken, dass es bekannt werden könnte?«
    Ihre Hartnäckigkeit irritiert ihn. »Schämen? Nein.«
    »Was dann?«
    »Das ist doch lächerlich.«
    »Aus welchem Grund solltest du sonst nicht wollen, dass die Leute etwas von uns erfahren?«

    Er fühlt sich in die Enge getrieben. »Sei doch vernünftig, Coco. Ich habe eine Familie. Eine Frau, Kinder.«
    »Nun, ich nicht .« Der Abstand zwischen ihren Augen verengt sich zu einer Falte. »Und wenn ich meinen Freunden etwas anvertrauen möchte, dann ist das ganz allein meine Sache.« Er weiß, wenn jetzt eine Tür zwischen ihnen wäre, würde sie mit einem Knall zugeschlagen.
    Sie kommen zum Wagen. Die Gegenwart von Cocos Fahrer verhindert jede weitere Diskussion. Es ist ihr erster richtiger Streit, und beide sind aufgewühlt und traurig. Jeder von ihnen ist überzeugt, der andere habe sich kindisch und stur verhalten. Auf der Fahrt nach Hause sitzen sie so weit wie möglich voneinander entfernt und reden kein Wort miteinander.
    Igor versteht nicht, warum Coco sich mit einem so unbedeutenden Anhängsel wie Misia abgibt. Sie hat ja recht, er hat in der Vergangenheit Misias Geld genommen. Aber die Alternative wären Not und Armut gewesen. Unter normalen Umständen wären sie nie befreundet gewesen. Und vielleicht hätte er etwas begeisterter auf Cocos Vorschlag reagieren sollen, die Nacht in Paris zu verbringen. Aber sieht sie denn nicht, dass das in Anbetracht seiner Situation furchtbar unsensibel gewesen wäre und er außerdem morgen früh arbeiten muss? Sie haben sich doch in Bel Respiro eine hübsche Routine geschaffen. Warum sollten sie sich das verderben? Dazu gibt es doch gar keinen Grund.
    Coco hingegen kann sich nicht erklären, warum er nicht wenigstens ausnahmsweise einmal die Nacht mit ihr verbringen wollte. Das ist doch nicht zu viel verlangt, nach allem, was sie schon für ihn getan hat. Sie kann nicht fassen, dass er so egoistisch ist. Ihr Leben in Bel Respiro kommt ihr plötzlich schmutzig vor, schäbig und herabwürdigend.
Sie ist wütend über seine Reaktion, die sie als Zurückweisung empfindet. Für eine Weile ist ihr Mund grimmig und lippenlos. In der Dunkelheit neben ihm wirkt ihr Profil wie aus Stein gemeißelt.
    Coco starrt aus dem Fenster und sieht den Mond bald links, bald rechts vom Wagen auftauchen. In den Hecken schimmern einzelne Blätter. Im

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