Cocoon, Band 01
finster an.
»Scheint so«, gebe ich so gelangweilt wie möglich zurück.
»Ihr seid ein reizendes Paar. Heutzutage ist es nicht leicht, in einem Jahr zwei perfekte Webjungfern für den Konvent des Westens zu bekommen«, erklärt er, während er sich so nahe an mich heranschiebt, dass mir der stechende Geruch nach Knoblauch und Whiskey in die Nase fährt. »Doch ihr beide seid ganz erlesen.«
Ich will mir eine kluge Entgegnung einfallen lassen, die ihn weder beleidigt noch zu einer weiteren anzüglichen Bemerkung einlädt, aber mir fällt nichts ein.
Glücklicherweise kommt mir Pryana, die anscheinend an ihm festgeklebt ist, zu Hilfe, indem sie mit ihren verlängerten Wimpern klimpert. Ihre Körpersprache gibt mir zu verstehen, dass ich verschwinden soll, und ich möchte sie anschreien, dass ich gern überall, nur nicht hier, wäre.
Der Minister fasst Pryana an der Hüfte. »Du, meine Liebe, bist wie die Mitternacht.«
Sie lächelt und drängt sich an ihn heran, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern, doch er weicht zurück und packt mich am Handgelenk. Dort, wo mich seine Teigfinger berühren, bekomme ich Gänsehaut, und ich bin froh, dass er lediglich meinen Arm begrapschen kann. »Du aber«, sagt er mit heiserer Stimme. »Du bist wie eine Perle.«
»Komisch, Cormac sagt das auch immer.« Es wirkt. Sofort lässt er mich los.
»Wie schade, dass er gehen musste«, nuschelt der Minister. » Wie ich höre, ist er nach Nordumbrien abberufen worden.«
Der Grund für seinen Aufbruch ist mir neu. Dennoch nicke ich, als wüsste ich über alles Bescheid. »Das hat er mir während des Dinners auch gesagt.«
Der Minister hat eindeutig zu viel getrunken. Jetzt versucht er, sich zu straffen, als führten wir ein geschäftliches Gespräch. Dabei stößt er Pryana förmlich von sich. Sie beißt sich mit bebenden Nasenflügeln auf die Lippen und zerrt ihn eiskalt von mir weg. »Tanzen Sie mit mir.«
»Oh ja«, lallt der Minister, während Pryana ihn auf die grell beleuchtete Tanzfläche in der Mitte des Bankettsaals zieht. »Es war reizend, dich kennenzulernen, Alice.«
Alice. Würde mich ja interessieren, wie er Pryana nennt.
»Hat er mit dir gesprochen?«, fragt mich eine klare, kräftige Stimme. Ich drehe mich um, in der Erwartung, Jost zu erblicken, den ich schon im Saal gesehen habe, doch es ist Erik.
»Du wirkst enttäuscht«, stellt er fest.
Ich bin enttäuscht. Dennoch schüttle ich den Kopf. »Nein, der Stimme nach habe ich dich für jemand anderen gehalten.«
Für einen Moment tritt ein Stirnrunzeln auf sein Gesicht, doch ebenso schnell verschwindet es wieder. »Wenn du mit jemand anderem gerechnet hast … «
»Oh, nun ja, ich rechne jeden Augenblick damit, dass ich von einem alten Fettsack angefallen und aufgefressen werde«, erkläre ich nüchtern.
»Dann sollte ich dich wohl nicht stören.« Er tut so, als wolle er gehen, und ich gebe ihm einen leichten Stoß gegen die Schulter.
»Autsch, du hättest ruhig dazusagen können, dass du gar nicht von alten Fettsäcken angefallen werden willst«, beschwert er sich.
»Wie kommst du darauf, dass ich das wollen könnte?«
Er deutet auf Pryana, die noch immer an dem Minister klebt. »Ihr scheint es nichts auszumachen.«
»Tja, ich bin aber nicht Pryana.«
»Heißt das, dass du frei für diesen Tanz bist?« Er grinst mich an. Keine noch so begabte Stickmeisterin könnte so ein vollkommenes verschmitztes Lächeln erschaffen.
Ich nicke, und er führt mich auf die Tanzfläche. Pryana wirft einen missbilligenden Blick in unsere Richtung, richtet ihre Aufmerksamkeit aber gleich wieder auf ihre Beute.
»Ehrlich gesagt ist nackt tanzen leichter, als ich es mir vorgestellt habe«, sage ich, ohne nachzudenken, während der Takt langsamer wird und Erik mich in seine Arme zieht, um mich zu führen.
»Nackt?«, fragt er leise an meinem Ohr.
»Ach, nichts.« Ich kann nicht fassen, dass ich das laut ausgesprochen habe. »In diesem Kleid fühle ich mich nackt.« Und gleich noch mal.
»So siehst du auch aus«, gesteht er. »Wenn ich ehrlich bin, muss ich sagen, dass mir das Kleid extrem gut gefällt.«
Sonderbarerweise erscheint mir das wahnsinnig lustig, und ich fange an zu kichern. »Hätte ich mir denken können, dass du das so siehst.«
»Auf welchen der lüsternen Botschafter hast du es denn nun abgesehen?«, fragt er und lässt den Blick nachdenklich durch den Saal schweifen.
»Ich bin mir nicht sicher, was du meinst.«
»Das läuft jedes Jahr so. Die
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