Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cocoon, Band 01

Cocoon, Band 01

Titel: Cocoon, Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Albin
Vom Netzwerk:
und die angespannten Kiefermuskeln. Sie ist am Ende angekommen, und ich beginne meinen Aufstieg in dieser Welt gerade erst. Doch sie wird schon einen Weg finden, noch höher aufzusteigen – Leute wie sie schaffen das immer.
    »Bist du sehr aufgeregt?«, fragt die Webjungfer aus dem Süden einschmeichelnd.
    »Entschuldigung.« Ich erröte, da mich ihre Frage verwirrt. »Sollte ich das sein?«
    »Wegen des Gildenballs«, sagt sie, als wäre es das absolut Offensichtlichste. »Er findet nächste Woche statt.«
    »Stimmt ja«, sage ich und erinnere mich an Bilder aus dem Bulletin. Der Ball wird stets in den Herbstmonaten abgehalten. »Den habe ich vergessen.«
    »Wird Cormac dich auch dorthin begleiten?« Jetzt ist der Zucker in ihrer Stimme geschmolzen.
    »Nein«, antwortet Enora an meiner Stelle und sieht ihr geradewegs ins Gesicht. »Webjungfern gehen ohne Begleitung zu Veranstaltungen innerhalb des Konvents, hast du das vergessen?«
    »Das ist mir wohl entfallen«, entgegnet die Frau trocken und wendet sich einem anderen Gespräch zu.
    Aus uns werden wohl keine Freundinnen.
    »Keine Sorge, dein Kleid ist fertig«, flüstert Enora mir von ihrem Platz einige Stühle weiter unten zu.
    »Ich dachte, ich bräuchte mir Cormac für eine Weile nicht vom Hals zu halten«, murmle ich, ohne mir sicher zu sein, ob sie mich versteht.
    Enora prustet. »Dann überleg noch mal.«

ELF
    D ie Veranstaltung ist völlig überzogen. Kein Wunder, es wimmelt von hohen Gildenrepräsentanten. Und obwohl ich bereits daran gewöhnt bin, von der Lächerlichkeit des Konvents überrascht zu werden, schlägt das dem Fass den Boden aus.
    Es fängt mit meinem Kleid an. Während der Einweihungszeremonie in Cypress kam ich mir in meiner Garderobe schon fehl am Platz vor, doch heute Abend fühle ich mich nackt. Selbst jetzt, als ich müßig Hände schüttle und mit einem Funktionär nach dem anderen tanze, erkenne ich mich nicht wieder. In meinen üblichen Zweiteilern bin ich wenigstens größtenteils bedeckt. Doch bei diesem Kleid wäre die Behauptung, dass es nichts der Vorstellungskraft überlässt, noch untertrieben. Die smaragdgrüne Seide umschmeichelt sanft meine Rundungen. Nicht, dass ich welche hätte, aber irgendwie erweckt dieses Kleid trotzdem den Anschein – nicht zuletzt dadurch, dass man darunter keine Unterwäsche tragen kann. Der Stoff fällt in Falten auf meine Hüften herab, lässt aber den gesamten Rücken frei, und ich will gar nicht an meine Vorderseite denken. Die Seide ist so dünn und flexibel, dass sie sich wie Luft anfühlt. Ich hätte mir genauso gut ein Feigenblatt nehmen und mich in eine Ecke verkriechen können.
    Die Fotografen sind verrückt nach meiner fast nackten Erscheinung, und nach Pryana, die ein trägerloses Samtkleid mit hüfthohem Schlitz trägt, durch den ihre bernsteinfarbenen, unverhüllten Beine hervorblitzen. Während sie die Auslöser ihrer Fotoapparate strapazieren, erspähe ich in der Mitte des Saals ein aufgespießtes Schwein, dem man feierlich einen Apfel ins Maul geschoben hat. Ich kann mir vorstellen, wie es sich fühlt. Pryana scheint sich vor den Kameras um einiges wohler zu fühlen, zeigt ihr blendend weißes Lächeln und posiert launig. Für gewöhnlich gehöre ich auch nicht zur schüchternen Sorte, doch nie zuvor habe ich derart im Zentrum der Aufmerksamkeit gestanden.
    Ich werde von einer kräftigen Hand am Ellbogen gefasst und daran gehindert, mich an den Rand der Festlichkeit zurückzuziehen.
    »Dein Platz ist an meinem Tisch«, flüstert Cormac mir ins Ohr.
    »Ein Traum wird wahr«, gebe ich zurück.
    »Wie bitte?«, sagt er in einem Tonfall, der mich dazu provozieren soll, das Gesagte noch einmal zu wiederholen.
    »Ich sagte, nach dir.«
    Unser Tisch ist der erste in einer penibel angeordneten Reihe in der Nähe des Podiums und in einiger Entfernung zum Lärm der Tanzfläche. Während Cormac mir den Stuhl hinrückt, betrachte ich die anderen Tischkarten. Manche der Namen kenne ich und mühsam unterdrückte Panik wallt auf.
    »Darf ich dir etwas zu trinken bringen?«, fragt Cormac.
    Ich lasse den Blick ein weiteres Mal durch den Raum schweifen. Fast jeder der Anwesenden ist mir durch die Streams bekannt, die ich als Kind gesehen habe. Ich nicke.
    »Früher oder später fängt jeder zu trinken an.« Er lacht und geht zu einer kleinen Bar in der Ecke.
    Ich betrachte das Silberbesteck, während sich meine anderen Tischnachbarn zu mir gesellen. Bald finde ich mich inmitten einer Gruppe von

Weitere Kostenlose Bücher