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Cocoon, Band 01

Cocoon, Band 01

Titel: Cocoon, Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Albin
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versagt und grausam ist, so koordiniert die Gilde doch all diese Bemühungen.«
    »Und was ist mit den Menschen auf der Erde? Haben die einfach so Frieden geschlossen?«
    Ein anerkennendes Funkeln tritt in Loricels Blick. »Natürlich nicht. Arras besteht aus den zwölf Nationen der Erde, die glaubten, sie könnten den Schutzwall aufrechterhalten, solange sie in Frieden leben.«
    »Aber da waren noch andere?«
    »Sie blieben mit ihren Bomben auf der Erde zurück. Schon vor Jahrhunderten haben sie sich gegenseitig ausgelöscht.«
    »Dann hast du sie also gesehen? Die Erde?«, will ich wissen und frage mich, wie weit Loricels Macht reicht und was sie jedes Jahr bei ihren Besuchen in den Minen erblickt.
    »Nein!« In ihrem Tonfall schwingt Belustigung mit, aber sie lächelt nicht. »Ich bezweifle, dass es dort etwas zu sehen gibt.«
    »Aber woher weißt du das?«, frage ich leise.
    Jetzt flackert eine Spur Zweifel in ihrem Blick auf, aber sie schiebt ihn beiseite und wird wieder distanziert. »Nun, weil ich meiner Mentorin Glauben schenkte. Zu welchem Zweck sollte sie gelogen haben?«
    Ich zucke mit den Schultern, wende mich ab und starre in den Nachthimmel. Wenn ich im Konvent eins gelernt habe, dann ist das, dass Lügen immer irgendwelchen Zwecken dient.

SECHZEHN
    K eine Schminke. Keine Strümpfe. Keine ausgefallene Frisur. Un d keine Kleider. Und ich fühle mich nicht nur in dieser Hinsicht nackt. Das dünne Baumwollunterkleid, das sie mir für die erste Kartografie gegeben haben, klafft am Rücken auf und überlässt noch weit weniger der Vorstellungskraft als etliche der freizügigen Kleider, die ich in jüngster Zeit getragen habe. Die leeren weißen Wände des Zimmers spiegeln sich in den polierten silbernen Bestecken, die auf einem Tisch neben der großen Metallliege, auf der ich schon seit einer halben Stunde sitze, fein säuberlich aufgereiht sind. Mein Hintern ist taub vor Kälte, doch die lange Wartezeit bringt mich innerlich nur noch mehr zum Brodeln.
    Eine Frau in einem weißen Kittel und mit einem Haarnetz auf dem Kopf hetzt ins Zimmer und stellt die Liege am Kopfende höher. Sie hilft mir beim Anlehnen und legt ein digitales Messgerät um meinen Arm. Ich dachte, ich würde mich erleichtert fühlen, wenn es erst einmal losgeht, aber nun habe ich Angst. Sollte das Ziel dieser Prozedur sein, dass ich den Verstand verliere, dann verzeichnet sie bereits erste Erfolge.
    »Damit werden dein Puls und Blutdruck gemessen«, erklärt mir die Schwester, ohne den Blick von den Zahlen zu heben.
    »Ist es gefährlich?«, frage ich mit einem Blick auf die scharfen Bestecke auf dem Tisch neben mir.
    »Selten. Solltest du bei der Prozedur eine abwehrende Reaktion zeigen, verabreichen wir dir Valpron, um dich zu beruhigen«, sagt sie und tätschelt mir den Arm.
    Eine besonders lange Klinge lässt mir keine Ruhe. Ich kann mich in ihr spiegeln. »Wird es wehtun?«
    »Möchtest du lieber gleich Valpron?«, bietet sie an, aber ich schüttle den Kopf.
    »Dr. Ellyson ist gleich da«, sagt sie und zückt eine haarfeine Nadel. »Das pikst nur ganz kurz.«
    Als mich die Nadel in den Unterarm sticht, schnappe ich nach Luft.
    »Tapferes Mädchen«, sagt sie geistesabwesend und hängt eine Tüte mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit neben mich an einen Ständer. Träge strömt sie durch einen Schlauch in meinen Arm.
    Dann kommt ein junger Arzt herein, der den Blick nicht von seiner Digiakte löst. Ich finde es ein wenig beunruhigend, dass er nicht älter aussieht als ich, aber mit den ganzen Pflastern, die man hier bekommt, ist er womöglich um einiges älter, als er wirkt.
    »Adelice, wie fühlst du dich?«, fragt er.
    Die Ärzte in Romen, die die alljährlichen Untersuchungen durchführten, waren stets alt und mürrisch. Männerberufe werden nach Qualifikation vergeben, und freundliches Verhalten gegenüber den Patienten gehört nicht zu den Erfordernissen. Nur weil mein jetziger Doktor so jung aussieht, ist er noch lange nicht weniger einschüchternd.
    »Gut«, lüge ich, denn die Infusion in meinem Arm hinterlässt ein mulmiges Gefühl.
    »Das Verfahren wird ungefähr zwei Stunden dauern«, sagt er, ohne von seiner Digiakte aufzublicken. »Du musst die ganze Zeit über ruhig liegen bleiben. Wenn du willst, kannst du schlafen oder Schwester Renni kann dir Valpron verabreichen.«
    »Das hat die Patientin abgelehnt«, flüstert diese ihm zu.
    »Nun gut«, sagt er und steckt das kleine Pad in seine Tasche. »Dann setze ich dir

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