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Code Delta

Code Delta

Titel: Code Delta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeremy Robinson
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Protosprache, die allen Menschen seit Anbeginn des Homo sapiens gemeinsam war.«
    Es war nicht ganz einfach, bei dem schwachen Licht zu lesen, aber besser als gar nichts. Ähnliches ließ sich über Fionas Lesestoff sagen – ein drei Wochen altes Exemplar der New York Times . Nachdem sie die Filmkritiken und Buchbesprechungen durchhatte, suchte sie nach dem Comic-Teil, fand aber keinen. So ein Schundblatt! Sie hatte gehofft, sich mit einem bisschen Spaß von den wachsenden Spannungen abzulenken, die sie in ihrer Umgebung spürte.
    Seit sie verraten hatte, schon vor ihrer Gefangennahme von den Schemen gewusst zu haben, behandelten die anderen sie wie eine Aussätzige. Und ihre Zuversicht, dass ihr Vater sie retten würde, dessen Identität preiszugeben sie sich weigerte, machte sie nur noch verdächtiger. Manche hielten sie für eine Spionin. Nur Elma sprach noch mit ihr.
    Eine Hand mit dem eintätowierten Emblem der Gesellschaft des Herkules drückte die aufgeschlagene Zeitung herunter. Elmas Kopf erschien über dem Rand. »Interessante Neuigkeiten?«
    Fiona ließ die Zeitung sinken. Sie saß in eine Decke gewickelt im Schneidersitz auf ihrem Feldbett. Sie trug immer noch ihren schwarzen Pyjama und sah aus wie ein Allerweltsmädel, das gleich von seiner Mutter ins Bett gebracht werden wird. Doch sie war kein gewöhnliches Mädchen, und Elma war zwar nett, aber nicht ihre Mutter. So freundlich sie auch war, es fehlte ihr an Geduld, Sinn für Humor und Phantasie. King übertraf sie um Längen, selbst mit auf den Rücken gebundenen Händen. »Wenn du Filmkritiken als Neuigkeiten bezeichnest, ja.«
    Elma pustete Luft durch die Lippen, ein nichtssagender Laut, der weder Lachen noch Missbilligung war. Sie setzte sich aufs Bett, und die Matratze schien sich unter ihrem Gewicht tiefer zu senken als sonst. »Die anderen reden«, sagte sie.
    Fiona hatte ihre Umgebung seit ihrer Ankunft mit scharfen Augen und gespitzten Ohren analysiert. Es gab eine subtile Hierarchie, die die Ordnung aufrechterhielt, aber auch eine Art von Kastensystem schuf. Bestimmte Gefangene aßen als Erste, badeten als Erste und trafen Entscheidungen für die Gruppe. Da sehr unterschiedliche Kulturen präsent waren, schien man sich für die mit der dominantesten Sozialstruktur entschieden zu haben. Daraus hatte sich eine Art Untergrundgesellschaft entwickelt, in der der soziale Status vom Zentrum nach außen hin stetig abnahm. Elma bewegte sich ganz am Rand, vor allem wegen ihrer Freundlichkeit Fiona gegenüber. Buru, der sich gerade mit einer Gruppe von Männern unterhielt, hatte sich von Fiona zurückgezogen und so seine Position im Zentrum gefestigt.
    Doch er hatte Fiona nicht fallengelassen. Die Informationen, die ihr Elma gelegentlich überbrachte, stammten direkt von ihm. Gerade darum waren ihre nächste Worte so beunruhigend: »Sie wollen dich loswerden.«
    Fiona setzte sich steif auf. »Was? Warum?«
    »Sie haben Angst vor dir.«
    »Ich bin doch bloß ein Kind.«
    »Seit deiner Ankunft hast du mehr Stärke, Umsicht und Widerstandsfähigkeit bewiesen als die meisten von ihnen. Sie glauben, dass du uns entweder ausspionieren sollst oder sogar die Ursache des ganzen Elends bist.«
    »Was wollen sie denn tun? Es ist ja nicht so, dass ihr mich einfach in eine andere Zelle verlegen lassen könntet.«
    Elma sah sie nur mit ernstem Blick an.
    Die wollen mich umbringen , dachte Fiona. Furcht trat in ihre Augen, aber nur einen Augenblick lang. Dann gewann der Zorn die Oberhand. »Das sollen sie nur versuchen«, zischte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen.
    Elma hob frustriert die Hände. »Siehst du? Selbst während diese Leute planen, dich zu töten, entlarvst du sie noch als Feiglinge.« Einen Moment lang saß sie stumm da, dann fragte sie: »Woher nimmst du nur diese Kraft?«
    Fiona hatte sich nie für stark gehalten. Sie kam einfach zurecht. Sie passte sich an. Und das Leben im Reservat war kein Zuckerschlecken gewesen. »Meine Eltern starben, als ich noch klein war. Ich wuchs bei meiner Großmutter in der Siletz Reservation auf. Aber ich glaube, ich habe mich ebenso um sie gekümmert wie sie sich um mich.«
    »Es ist schwer, ohne Eltern groß zu werden«, sagte Elma, »aber du …«
    »Vor einem Jahr gab es einen Angriff auf das Reservat. Mehr als dreitausend Menschen wurden getötet, darunter meine Großmutter.«
    Elma schlug die Hand vor den Mund. Die Attacke auf die Siletz Reservation galt auf der ganzen Welt als der verheerendste

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