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Codename Azteke

Codename Azteke

Titel: Codename Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Vidal
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Handlungen noch länger zu kontrollieren, sprang sie auf. Der Korporal versuchte sie festzuhalten und schaffte es, ihr das Kind zu entreißen, doch Lucía griff Ortiz an und fuhr ihm mit beiden Händen ins Gesicht, sodass er den Halt verlor und auf die Öffnung zustolperte. Er konnte sich gerade noch lange genug am Netz neben der Tür festhalten, dass der junge Soldat ihn zurückziehen konnte.
    Der Hubschrauberpilot sah, was hinter ihm vor sich ging, sprach sich kurz mit seinem Kollegen ab und schwenkte den Hubschrauber dann hart nach rechts und nahm Kurs auf die Heimat. Wieder griff Lucía Ortiz an, trat und schlug blindlings drauflos und stieß ihn erneut zur offenen Tür.
    Der Soldat versuchte seinem Vorgesetzten zu Hilfe zu kommen, und Lucía von ihm wegzuziehen. Doch in diesem Moment neigte sich der Hubschrauber zur Seite, sie verlor den Halt und stürzte mit einem entsetzten und flehenden Blick Richtung Meer, den der unglückliche junge Soldat, dessen Wehrpflicht zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt begonnen hatte, den Rest seines kurzen Lebens nicht mehr vergessen würde.
    Einen Moment lang sagte niemand etwas. Der Copilot blickte nach hinten und sah nur Ortiz mit blutigem Gesicht, einen offensichtlich geschockten Soldaten und auf dem Rücksitz den Korporal, der das Kind hielt.
    »Werfen Sie den Bastard raus«, befahl Ortiz schließlich.

    »Ich kann nicht, Sir«, erklärte der Korporal.
    »Dann mache ich es!« Ortiz trat einen Schritt auf den Unteroffizier zu.
    »Wir haben Befehle, Sir!«, erinnerte ihn der Korporal und hielt María Luz fester. »Sehr ausdrückliche Befehle vom Hauptquartier!«
    Ortiz schwankte.
    Der Soldat und der Pilot starrten ihn an. Schließlich fluchte er leise, ging dann langsam zur hinteren Bank und setzte sich an die Tür.

1980

33
    Nach einer schlaflosen Nacht stand Luis Vilanova um halb sechs auf, eine halbe Stunde früher als gewöhnlich. Leise verließ er das Schlafzimmer und ging zur Küche der großen Wohnung. Er schaltete die neue italienische Kaffeemaschine seiner Frau ein und sah abwesend zu, wie sie zischte und klickte. Die Morgenzeitung war noch nicht geliefert worden, und es hatte kaum Sinn, das Radio anzuschalten. Die Nachrichten waren sowieso zensiert und von dem Staat manipuliert, dem er angehörte.
    Einen Moment lang erinnerte er sich an jenen Tag vor so vielen Jahren, als er als stolzer, begeisterter Achtzehnjähriger an der Militärakademie angekommen war, um seinen Lebenstraum zu erfüllen. Seit ihn seine Eltern in seiner Kindheit zu einer Parade am 9. Juli mitgenommen hatten, wollte er gern eine Kavallerieuniform tragen. Aber es sollte nicht sein. Vilanova war in der Verwaltung besser aufgehoben als im Kampf. Quartiermeisterabteilung, wurde beschlossen. Alltagsjobs im Regimentshauptquartier während der demokratischen Zwischenspiele und, immer wenn ein Militärregime übernahm, ein Ministerialposten. Mit den Jahren hatte Vilanova sich einen Ruf erarbeitet. Zuverlässig und vertrauenswürdig nannten ihn seine Vorgesetzten. Also schaffte er die höhere Laufbahn und wurde
Colonel. Doch auf das, was kommen sollte, war er nicht vorbereitet.
    Mit seinem Kaffee ging er leise über den polierten Holzfußboden in sein Arbeitszimmer mit Blick auf die Avenida del Libertador. Es war noch dunkel, aber er konnte die Formen der hohen Bäume im Palermo-Park gegenüber erkennen. Der morgendliche Verkehr aus den reichen nördlichen Vororten zog seine farbigen Lichterspuren über den breiten Boulevard sieben Stockwerke unter ihm. Und hinter den Wäldern und Seen erklangen vom Rio Plate die Triebwerke der ersten startenden Flugzeuge vom Aeroparque.
    Der Mythos des neuen Argentinien begann zu bröckeln. Die Euphorie nach der Weltmeisterschaft war in den Nebeln der Vergangenheit untergegangen. Das Land war in grauenvollem Zustand, und es wurde immer schlimmer. Selbst die Junta war in Auflösung begriffen, und es schien sicher, dass General Videla Präsident werden würde.
    Aber das Regime, das die Nation nach der Absetzung Peróns bejubelt hatte, war vom Weg abgekommen. Es hatte begonnen, sein eigenes Volk mit nie gekannter Brutalität zu unterdrücken. Vilanova wusste, was in einem Dutzend Gefängnissen und Folterkammern vor sich ging. Die Proklamationen des Militärgouverneurs von Buenos Aires grenzten ans Irrsinnige: »Wir werden alle Subversiven töten, dann ihre Kollaborateure, dann ihre Sympathisanten, danach die Gleichgültigen und zuletzt die, die sich nicht trauen, es

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