Codename Azteke
Aber Sie wissen doch, dass das nicht gut für mich ist!« Und an Hadley gewandt fuhr er fort: »Sehen Sie? Sie ist nicht damit zufrieden, mich nur in diesem Haus gefangen zu halten! Jetzt will sie mich auch noch umbringen!«
Die Antwort von Schwester Miriam, als sie den Raum verließ, überstieg Hadleys Spanischkenntnisse.
Florin nahm einen Schlüsselbund aus der Schreibtischschublade und ging zu einem Safe in der Wand.
Plötzlich fiel Hadley auf, dass Florins Arbeitszimmer merkwürdig unpersönlich war. Es gab keine Bilder, keine Kunstwerke oder Erinnerungsstücke an ein langes, aufregendes Leben. Nicht einmal die obligatorischen gerahmten und signierten Fotografien der Weltenherrscher, wie sie die Arbeitszimmerwände weit geringerer Menschen als Florin zieren, der so etwas im Überfluss haben müsste.
Nun, stellte Hadley fest, im Prinzip war das ganze Haus so: gemütlich, und es fehlte an nichts außer an den Hinweisen, dass es das Zuhause von jemandem war. Es war das sterile Heim eines Mannes, der sich vom Ballast des Lebens befreit hatte und alle Hinweise auf eine äußerst schmerzliche Vergangenheit vermied.
Florin schloss den Safe und betrachtete ein glitzerndes Objekt in seiner Hand. Dann hielt er es Hadley auf der offenen Handfläche hin.
»Für Sie«, sagte er. »Ein kleines Andenken. Ich würde es nicht gerade in die Welt hinausposaunen«, fügte er grinsend hinzu, »aber es wird Sie angemessen daran erinnern, wie wir uns kennengelernt haben.«
Hadley nahm die Goldmünze und betrachtete sie. Sie war in etwa so groß wie ein britisches Fünf-Penny-Stück, trug das Abbild von Philipp V. und das Datum 1742.
»Nun, Hadley«, sagte Florin, setzte sich auf seinen hochlehnigen Stuhl und beugte sich vor, um sich mit den Unterarmen auf dem Schreibtisch abzustützen. »Ich möchte, dass Sie mir jetzt genau zuhören.«
Hadley nickte erwartungsvoll und versuchte sich zu entspannen, die Münze in der Hand.
»Sie werden Capitán Pinto etwas von mir ausrichten.« Florin hob die linke Hand mit der Handfläche nach vorn, um jeden möglichen Einwand von Hadleys Seite zu unterbinden. »Eine große Menge Gold ist an einem Ort versteckt, an dem es nie jemand findet. Das dachte ich zumindest bis vor kurzem. Jetzt besteht die Gefahr, dass dieser Schatz entdeckt wird – sozusagen aus Versehen und von den falschen Leuten. Wenn Ihr Capitán Pinto die restlichen Details erfährt, wird er sicherlich zustimmen, dass wir das verhindern müssen. Es ist noch früh genug, um ihnen zuvorzukommen, aber dummerweise kann ich das nicht ohne Hilfe schaffen. Haben Sie das so weit verstanden?«
Hadley nickte.
»Sie müssen sich das merken. Keine Notizen, keine Gedächtnisstützen. Verstanden?«
»Absolut.« Das war ein anderer Florin, der jetzt mit ihm sprach, erkannte Hadley, jemand, der keinen Unsinn akzeptierte, jemand, der schon eher dem Mann glich, den er zu treffen erwartet hatte, als er sich auf den Weg nach Kuba gemacht hatte.
»Gut. Dann setzen Sie sich und hören Sie mir gut zu.«
6
Bei einer Sache waren sich die Zeitgenossen von Roberto Pinto völlig einig gewesen: Wenn er in der Marine blieb, würde er in die Fußstapfen seines Großvaters treten und Admiral werden.
Pinto hatte noch vor seinem dreißigsten Geburtstag den Rang eines Capitán de Navío erreicht und war für die Militärhochschule der Armada vorgesehen, als er zu aller Überraschung darum bat, zum aktiven Reservedienst versetzt zu werden.
Seine Frau Victoria, die jüngere Tochter einer Marquise und begeisterte Sozialistin, war erleichtert, nicht mehr das Nomadenleben des Seemanns teilen zu müssen, im Laufe dessen sie bereits in Cádiz, Cartagena und Santa Cruz in nur sechs Jahren diverse Häuser ein- und auch wieder ausgerichtet hatte, um mit dem schwindelerregenden Aufstieg ihres Mannes Schritt halten zu können.
Vielleicht hätte ein Botschafteramt sie dazu gebracht, erneut ihre Sachen zu packen, doch sie war hocherfreut, zu erfahren, dass Roberto eine Stelle bei der Regierung in Madrid bekommen hatte, was ein normales Leben bedeutete.
»Irgendetwas mit Außenpolitik«, erklärte sie Freunden und Verwandten auf die Frage, was er tat, obwohl ihr Vater
ihr barsch erklärt hatte: »Sei nicht so dumm: Er arbeitet für meinen Kumpel Emilio. Er wird ein verdammter Spion!«
Geheimdienstarbeit war etwas, was sich Pinto schon als junger Mann in den Kopf gesetzt hatte, an jenem Tag 1973, als baskische Terroristen den spanischen Premierminister, Admiral
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