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Codename Azteke

Codename Azteke

Titel: Codename Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Vidal
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die Moskauer Goldakten, und diese landeten sofort auf Pintos Schreibtisch. Und dort stand es schwarz auf weiß: Die spanischen Ausfuhrpapiere zählten 7.900 Kisten, die russischen Einfuhrpapiere 7.800 Kisten.
    Die Ladepapiere im Hafen von Odessa verzeichneten 5.779 Kisten an Bord der Kine , der Neva und der Volgoles , die am 2. November 1936 anlegten, und 2.021 Kisten an Bord der Kursk , die in der Nacht zum 9. November einlief. Pinto machte sich einen Vermerk. Wo war die Kursk sieben Tage lang gewesen?
    In Moskau erhob Stalin schnell Anspruch auf das Gold.
Lieferungen für Spanien waren plötzlich nicht nur ein glänzendes Beispiel internationaler sozialistischer Solidarität und gesteigerten Ansehens des sowjetischen Engagements: Spaniens Schatz bedeutete für Russland eine nie da gewesene geschäftliche Gelegenheit. Katjuschas und Rasante-Bomber, Chato- und Mosca-Kampfflugzeuge, Panzer, Panzerwagen und Hunderte von Artilleriewaffen wurden zu den für den Verkäufer bestmöglichen Konditionen gehandelt: vom laufenden Konto in Gold vorausbezahlt.
     
    Pinto hatte die Akten mit nach Hause genommen und das ganze Wochenende darüber gebrütet. Irgendetwas, was er gelesen hatte, ergab keinen Sinn. Er hatte sich ein Notizbuch geholt und bis zum frühen Sonntagmorgen gelesen und eine Liste aller Schlüsselfiguren gemacht, die die Wahrheit kennen könnten.
    Marcelino Pascua, spanischer Botschafter in Moskau, und Méndez Aspe. Die vier Claveros . Auf sowjetischer Seite war der führende Kopf mit Sicherheit Alexander Orlow. Dann die vier Finanzkommissare. Von ihnen würde niemand mehr ein Licht auf die Sache werfen können. Pascua war 1937 von Moskau nach Paris geschickt worden, und Méndez Aspe war nach Spanien zurückgekehrt. Beide gehörten später der republikanischen Exilregierung an. Ende der Siebzigerjahre waren beide tot, ebenso wie die vier Claveros . Die Finanzkommissare, loyale Staatsdiener der Sowjetunion, wurden in den Gulag verbannt und nie wieder lebend gesehen.
    Orlow stellte das größte Rätsel dar. Stalins Telegramm, in dem er ihm das Startsignal für den Goldtransfer gab, war in den historischen Archiven erhalten, aber wer war Alexander
Orlow wirklich? Zunächst einmal war er ein weißrussischer Jude namens Leiba Lasarewitsch Felbing. Den russischen Namen nahm er an, als er der Tscheka beitrat, dem Vorläufer des NKWD. Er hatte zwar die spanische Barrenlieferung exakt nach Befehl durchgeführt und dafür als Anerkennung den Lenin-Orden erhalten, doch als man ihn 1938 nach Moskau zurückberief, war er sich sicher, dass man ihn liquidieren wollte.
    Daher räumte er das restliche Bargeld des NKWD aus dem Büro in Madrid, sammelte so viele Dokumente wie möglich, um Moskau erpressen zu können, falls man ihm folgen sollte, und setzte sich mit Frau und Tochter in die USA ab, wo er mit Hilfe der Amerikaner untertauchte. Er starb 1973.
    Damit blieb nur noch ein überlebender Hauptakteur: Antonio Mercer.
    Er war schwer zu durchschauen, fand Pinto. Der Steinmetz aus Galizien, der später republikanischer General wurde, hatte es weit gebracht. Er war nach dem Krieg nach Russland zurückgekehrt und der Roten Armee beigetreten. Er hatte bei Leningrad gekämpft und war wiederum General geworden. Und als er 1946 nach Jugoslawien geschickt wurde, um Tito zu helfen, wurde ihm dieser Rang dort ebenfalls verliehen. Mercer: dreifacher General.
    Mercer, dachte Pinto. Er war darin verwickelt gewesen. Er und Orlow hatten sich nahegestanden – und sie waren beide in Madrid gewesen, als das Gold weggebracht wurde.
    1976, ein Jahr nach Francos Tod, war Antonio Mercer nach Spanien zurückgekehrt. Er trat der spanischen kommunistischen Partei bei, erhob Anspruch auf seinen militärischen Titel und klagte seine volle Pension ein.

    Als Pinto erfuhr, dass Mercer an einem Wintermorgen 1993 einem Begräbnis im Tal der Gefallenen beiwohnen würde, bemühte er sich, ebenfalls dort zu sein. Er erkannte den alten Soldaten von Fotografien. Er war sechsundachtzig Jahre alt und immer noch aktiv in der Politik.
    »General Mercer«, begrüßte ihn Pinto mit ausgestreckter Hand in der feuchtkalten Morgenluft der Guadarrama.
    »Capitán Pinto.« Mercer wusste offensichtlich, wer Pinto war.
    »Seltsam, nicht wahr?«, sagte Pinto und deutete auf das Granitmausoleum. »Ich meine, dass wir uns hier treffen.«
    Mercer lächelte. Das große Monument war von Franco für sich selbst und die Helden des nationalistischen Krieges errichtet worden, nicht

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