Codename Azteke
nach, als er nach Havanna losfuhr. Dann ging er wieder zu den Karten auf seinem Schreibtisch zurück. Da er annahm, dass Miriam schon zu Bett gegangen sei, bat er Truenos, ihm einen heimlichen Schlaftrunk zu holen.
Mit dem Wissen seines Freundes von der Luftwaffe widmete sich Florin wieder den Maßen auf den Karten und machte sich Notizen. Erst gegen Mitternacht holte er sein Adressbuch aus dem Safe und wählte eine Nummer in Kinshasa.
»Massama.« Das Telefon wurde beim zweiten Läuten abgenommen.
»Wie schön, Ihre Stimme zu hören, mon Général «, sagte Jesús auf Französisch.
»Jesús?«, kam es überrascht zurück.
»Wie geht es Ihnen, Polisson ?«
»Jesús! Ich traue meinen Ohren kaum! Wo sind Sie?«
»Zu Hause in Kuba.«
» Mérde! Wie lange ist das her? Zehn Jahre? Putain! Ich frage die Leute ständig, ob Sie tot sind!«
»Und was sagen sie?«, wollte Florin wissen.
»Dass Sie in der Hölle sitzen und Revolutionen planen!« Massama lachte laut.
»Es geht mir blendend, mein Freund. Ich bin älter, ein bisschen müde, aber es geht mir ausgezeichnet. Und Sie?
Wohlhabend, erzählen mir meine Informanten, die besser informiert zu sein scheinen als Ihre.«
Massama kicherte. »Also, um was geht es? Sie rufen mich doch nicht an, um mir zum Geburtstag zu gratulieren?«
»Nicht wirklich, aber trotzdem herzlichen Glückwunsch. Wie alt werden Sie denn?«
»Achtundfünfzig.«
»Also noch ein Kind«, scherzte Florin.
Massama war ein Überlebender. Vom Kindersoldaten bei einer Partei zum General bei einer anderen hatte er die Massaker in Belgisch-Kongo und danach im korrupten Zaire hautnah mitbekommen. In der Zeit von Mobutu hatte er davon profitiert, dass er dem Machthaber nahestand, und hatte sich so weit von seiner eigenen Vergangenheit distanziert, dass er ein reicher Mann geworden war. Nach dem Fall von Sese Seko hatte er auf seine Taten als Freiheitskämpfer hingewiesen, kämpfte im blutigen zweiten Kongo-Krieg auf der Seite der Sieger und schaffte es, in der neuen Demokratischen Republik erfolgreich und dabei aktiv in der Armee zu sein – was er für die beste Lebensversicherung im unruhigen Afrika hielt.
»Jesús, im Ernst, brauchen Sie etwas? Kann ich etwas für Sie tun? Wie Sie schon sagten, bin ich ein Mann mit vielen Ressourcen.« Er kicherte erneut. »Und in dieser Gegend sogar mit ein wenig Macht.«
»In der Tat brauche ich etwas, mein Freund. Ich brauche einen Hubschrauber.«
Massama lachte laut auf. »Aus Russland gibt es wohl keine mehr, oder?«
Florin wurde ernst. »Ich brauche einen in Afrika.«
»Afrika ist groß«, erwiderte Massama jetzt ebenso ernst. »Erzählen Sie mir mehr.«
»Ich müsste mir für einen oder zwei Tage einen Mil-17 ausleihen.«
»Davon haben wir einige«, sagte der Kongolese. »Es sind riesige Dinger. Was müssen Sie denn transportieren? Goldbarren?« Er lachte.
Florin musste über die Ironie lächeln. »Nicht ganz. Es geht mir mehr um die Reichweite.«
»Wo müssen Sie denn hin?«
»Nach Bata an der Küste von Guinea. Ich brauche einen Hubschrauber, eine Crew und genügend Treibstoff, um von Boma nach Bata zu fliegen und zurück. Das sind tausend Kilometer.«
»Wann?«
»Bald. Ich sage Ihnen Bescheid«, antwortete Florin, dem klar war, dass Massama ihm das Gewünschte besorgen würde. »Und übrigens kann ich Sie nicht bezahlen.«
Diesmal lachte Massama nicht.
»Sie haben bereits mehr als genug bezahlt, mein Freund. Es wird mir ein Vergnügen sein.«
»Vielen Dank, Bienheuré .«
»Werden Sie mir sagen, um was es geht?«
»Natürlich. Sobald wir uns in Kinshasa sehen.«
Florin wandte seine Aufmerksamkeit wieder den Papieren auf seinem Schreibtisch zu. Der ursprüngliche Hinweis aus Südafrika hatte den Rest des Plans ermöglicht.
Hätte nicht für Florin persönlich so viel auf dem Spiel gestanden, hätte er sich den Luxus eines Lächelns erlaubt. Sie waren Amateure. Allerdings wahrscheinlich erfahrene
Soldaten. Aber afrikanische Putschversuche sollte man den Afrikanern überlassen und sich als Außenseiter nur an Investitionen und Profite halten. Diese Lektion hatte Kuba auf die harte Tour gelernt.
Thabo Mbeki würde es nie gutheißen, wenn eine solche Operation von Südafrika ausging, daher mussten sie irgendwo anders starten. Florin begann Fragen zu stellen, nicht offiziell über Sierras Büro, sondern über sein eigenes Netzwerk aus den alten Tagen, auf das er sich immer noch verlassen konnte, wenn es sein musste, auch wenn er es
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