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Codename Hélène

Codename Hélène

Titel: Codename Hélène Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Juergs
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Lieutenant Reeve Schley, Deckname Samson, machten bei ihrer Ankunft bereits großen Eindruck auf die Franzosen, weil sie so gekleidet waren, wie es sich die immer schon für sich gewünscht hätten. Sie besaßen echte Uniformen, sie hatten feste Stiefel an, während die meisten Maquisards noch in Socken oder auf den inzwischen durchlöcherten Sohlen der Schuhe herumliefen, in denen sie dem Ruf Gaspards folgend in die Wälder gezogen waren. So etwas Banales steht selbstverständlich in keinem offiziellen Bericht, aber Nancy Wake hat es registriert, auch die neidvolle Bewunderung der Maquisards, und in ihren persönlichen Erinnerungen nicht vergessen zu erwähnen.
    Die Amis sahen nicht nur besser aus, die waren auch, wie sich herausstellte, besser geschult. Zwei Wochen später wurde das provisorische Hauptquartier im Wald von etwa dreihundert Deutschen angegriffen, verstärkt durch drei Panzerspähwagen und neun offene Lastwagen. Der Angriff scheiterte, weil sich sowohl Alonce als auch Samson je eine Panzerfaust griffen, auf die Schulter legten, in Deckung so nahe wie möglich an die Stellungen des Feindes heranschlichen und erst dann in aller Ruhe die Ziele anvisierten. Treffer um Treffer mit verheerender Wirkung! Die Angreifer, die das übliche Gewehrfeuer erwartet hatten, rückten nach schweren Verlusten mit ihren Toten ab. Farmer: »The attack was succesfullyy driven off, and I must say, that these two officers […] behave in an exemplary manner, themselves taking each a Bazooka as close as possible to the enemy positions.« Für die beiden U. S. Lieutenants war ihr beispielhafter Einsatz keiner weiteren Ruhmesrede wert. Sie erfüllten ihre Pflicht. Sie setzten das ein, was sie aufgrund ihrer militärischen Ausbildung beherrschten.
    Andererseits hatten sie es Nancy Wake zu verdanken, dass sie überhaupt noch lebten. Drei Tage nach ihrer Landung, noch unvertraut mit dem Gelände, gehörten die beiden amerikanischen Offiziere mit zehn weiteren Maquisards, unter ihnen auch Mademoiselle Andrée alias Hélène alias Nancy Wake, zu einer Truppe, die einen deutschen Militärtransport überfallen sollte. Anführer war einer der Unterleutnants von Gaspard. Als sich vor Ort herausstellte, dass der Feind zum Schutz der Laster schwer bewaffnete Einheiten mit auf den Weg geschickt hatte, verlor der Maquis-Offizier den Überblick und kurz darauf auch sein Leben. Drei weitere Franzosen wurden tödlich verwundet. Nicht etwa Alsop oder Schley übernahmen das Kommando, sondern selbstverständlich Agentin Hélène. Sie ordnete an, sich aus dem Schussfeld der Deutschen zu entfernen und erst aus sicherer Distanz das Feuer zu erwidern. Als sich daraufhin die Gegner zurückzogen, befahl sie ihren Männern, die vier Toten zu bergen.
    Seinen Antrag, Nancy Fiocca die George Medal zu verleihen, begründete Major Farmer nach dem Krieg unter anderem mit dieser Szene. »She led a section of ten men, after their leader has lost his head, resulting in the death of four of them. Schley and Alsop were under her command. She led the section to within range of the enemy, ordered the fire and withdrew them in good order, which showed an exceptional courage and coolness in the face of the enemy.« Dieser außergewöhnliche Mut und diese Kaltblütigkeit mitten im feindlichen Feuer »definitely contributed to the safety of the two American officers«, habe entscheidend dazu beigetragen, dass die beiden Amerikaner in Sicherheit gebracht werden konnten.
    Alsop hatte einen Fotoapparat in den Krieg mitgebracht. Nicht nur, dass er sich einen Spaß daraus machte, hinter einem dichten Gebüsch versteckt eine Lagebesprechung deutscher Offiziere zu knipsen, er speicherte für seine Erinnerungen auch Nancy Wake im Nachthemd. Sie posierte nicht etwa freiwillig für ihn. Das Foto wurde heimlich aufgenommen, als sie morgens ihre Bleibe verließ. Die einzige Frau unter Männern schlief nämlich in einem Bus. Henri Tardivat hatte ihn besorgt, besser gesagt: beschlagnahmt. Zwischen den beiden Ortschaften Saint-Flour und Chaudes-Aigues, wo sie ihr Lager eingerichtet hatten, gab es eine schmale Straße, und auf der verkehrte einmal pro Tag ein Linienbus. Nicht unbedingt das neueste Modell, aber er fuhr. Da es die einzige befahrbare Straße war, saßen in Bäumen verborgen links und rechts von der Straße Männer des Maquis als Beobachtungsposten. Sollten sich fremde Fahrzeuge nähern, zum Beispiel eine deutsche Autokolonne, mussten sie mit der Melodie des »Chant des

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