Codename Merlin - 3
nun tatsächlich dafür verantwortlich sind. Wer hätte schon gedacht, dass Galeonen eines Tages Galeeren überflüssig machen würden?
Sein Bruder jedenfalls nicht … und deswegen war Allayn wieder zur Akademie zurückgekehrt, um den Umgang mit Galeonen zu erlernen, während Dunkyn jetzt die Destiny erhalten hatte. Er versuchte redlich, seinem Bruder gegenüber nicht allzu hämisch aufzutreten, wann immer er ihm begegnete. Doch, doch, er versuchte es wirklich!
Der Gedanke brachte Sir Dunkyn dazu, kurz die Lippen zu verziehen, und erneut atmete er tief durch. Er genoss, wie herrlich die Welt an diesem wunderbaren Morgen wirkte.
Die Schiffsglocke erklang, es war an der Zeit, die halbe Stunde zu glasen, und Sir Dunkyn blickte erneut zum Himmel hinauf, der sich immer weiter aufhellte. Das Land an Backbord lag noch im Blau verborgen, auch wenn es sich immer massiver vor dem Morgenhimmel abhob, während die Sonne über den Rand der Welt aufstieg, doch allmählich wurde die Landmasse sichtbarer. Es würde nicht mehr lange dauern, bis Yairley die ersten Details erkennen könnte, und ein Hauch von Bedauern durchfuhr ihn: Innerhalb der nächsten Stunde würden auch andere auf sein Achterdeck treten, und nur wenige Stunden später wäre die Destiny wieder die Gefangene ihres Ankers und des Landes.
Und so würde es die nächsten drei Fünftage bleiben … oder gar länger, sollte sich herausstellen, dass Yairleys Passagier die Dienste seines Schiffes oder der zugehörigen Marines in Anspruch nehmen müsste.
Sei nicht albern, herrschte er sich selbst an. Sie ist überhaupt nicht dein Schiff, weißt du? König Cayleb ist so freundlich, sie dir zu leihen, und er bezahlt dich sogar dafür, ihr Kommando innezuhaben, aber dafür erwartet er im Umkehrzug, dass du gelegentlich auch für ihn arbeitest. Das ist zwar ganz und gar unzumutbar, aber so ist das nun einmal.
Wieder lächelte er, dann blickte er zum wachhabenden Midshipman hinüber, der an den Steuerbord-Webeleinen stand, sodass sein Captain die ganze Luvseite seines Achterdecks für sich hatte.
»Master Aplyn-Ahrmahk!«, rief er.
»Jawohl, Sir?«
Der Midshipman eilte auf ihn zu, und Yairley widerstand der Versuchung, angesichts der mittlerweile wohlvertrauten Belustigung den Kopf zu schütteln. Der junge Hektor Aplyn war der jüngste der Midshipmen an Bord der Destiny, doch die fünf anderen ordneten sich ihm völlig eigenständig unter, selbst diejenigen unter ihnen, die ganze sechs Jahre älter waren als er. Man musste Midshipman Aplyn zugute halten, dass es schien, als bemerkte er das überhaupt nicht. Natürlich war dem nicht so, und das sorgte nur dafür, dass Yairley den jungen Offiziersanwärter umso mehr schätzte. Für einen Jungen, der gerade erst zwölf Jahre alt geworden war, konnte es nicht einfach sein, der Versuchung zu widerstehen, Siebzehn- oder Achtzehnjährige nach seiner Pfeife tanzen zu lassen, und doch hatte Midshipman Aplyn genau das stets getan.
Natürlich war die Bezeichnung ›Midshipman Aplyn‹ nicht ganz richtig. Die korrekte Anrede wäre ›Master Midshipman Euer Durchlaucht der Herzog von Darcos, Hektor Aplyn-Ahrmahk‹.
Bei Aplyn hatte sich König Cayleb auf eine uralte, ausschließlich in Charis übliche Tradition berufen. So weit Yairley wusste, gab es kein anderes Reich auf ganz Safehold, das gelegentlich Bürgerliche in Anerkennung hervorragender Verdienste um die Krone und das Königshaus in die königliche Familie aufnahm. Ausschließlich Bürgerliche konnten in dieser Art und Weise adoptiert werden (auf diese Weise war von zahlreichen Generationen auch die Grafschaft Lock Island geschaffen worden, ging es Yairley durch den Kopf), und dann waren sie in jeglicher Hinsicht Mitglieder des Königshauses. Der einzige Unterschied war, dass sie und ihre Nachfahren nicht in die Erbfolge aufgenommen wurden. Doch abgesehen davon war der junge Aplyn-Ahrmahk sämtlichen anderen Adligen von Charis übergeordnet − vom ebenso jungen Herzog Tirian abgesehen −, und sämtliche der Kinder, die er eines Tages zeugen würde, wären dann ebenfalls Mitglieder des Königshauses.
Yairley war der Ansicht, der junge Bursche sei hocherfreut darüber gewesen, so schnell als möglich wieder auf See geschickt worden zu sein. Bei der Navy war es Tradition, dass ein ranghöherer Offizier niemals den Titel eines Subalternoffiziers nutzte, wenn besagter Subalternoffizier zu Kreisen des Hochadels gehörte, die dem Offizier gegenüber weisungsbefugt waren.
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