Codename Sparta 01 - Die Sternenkoenigin
Hand beinahe entschuldigend auf das Querschiff.
»1.500.000 Pfund sind geboten«, sagte er, und seine Stimme klang seltsam vertraut.
Ein aufgeregtes Stöhnen fuhr durch das Publikum. Sylvester fühlte sie, wie ihr Gesicht kalt und steif wurde. Eine Weile bewegte sie sich nicht, aber es hatte wenig Sinn, ihre Mittel durchzurechnen, sie war geschlagen, und zwar gründlich.
»1.500.000 Pfund sind geboten. Höre ich 1.600.000?« Der Auktionator sah sie immer noch an. Sie rührte sich immer noch nicht. Dann wandte er höflich seinen Blick ab, und blickte mit strahlenden Augen in sein aufgeregtes Publikum. »1.500.000 Pfund sind geboten.« Der Hammer schwebte über dem Klotz. »Zum ersten, zum zweiten«, dann fiel der Hammer, »und zum dritten. Verkauft.«
Das Publikum brach in Applaus aus, der von kleinen Schreien des Entzückens durchsetzt war. Wem der Applaus wohl galt, fragte sich Sylvester bitter, einem längst verstorbenen Autor oder einem finanzkräftigen Käufer?
Feierlich entfernten die Angestellten das kostbare Buch. Ein paar Leute sprangen auf und eilten zur Tür, als der Auktionator sich räusperte und verkündete: »Stück Nr. 62, verschiedene Autogramme …«
Sylvester blieb unbeweglich auf ihrem Platz sitzen und fühlte, wie die neugierigen Blicke sich ihr in den Rücken bohrten. In den Tiefen ihrer Enttäuschung war auch sie neugierig und wollte wissen, wer sie ausgebootet hatte. Langsam erhob sie sich und ging so leise, wie sie nur konnte zum Mittelgang. Unauffällig schob sie sich auf das Querschiff zu und wartete geduldig darauf, daß die Versteigerung weiterging. Immer mehr Menschen verließen den Raum. Endlich dann konnte sie in das Querschiff blicken.
Sie stand einem jungen Mann mit kurzgeschnittenen kastanienbraunen Haaren gegenüber, der am Revers seines konservativen Anzug ein Erkennungsschild trug, das ihn als Angestellte einer Firma auswies. »Waren Sie das?«
»Im Auftrag eines Klienten, natürlich.« Er sprach mit einem mittelatlantisch-amerikanischen Akzent, sehr kultiviert, offenbar von der Ostküste. Sein Gesicht war auf seltsame Art gutaussehend, er hatte sanfte Augen und Sommersprossen.
»Können Sie mir sagen, wer …?«
»Tut mir sehr leid, Mrs. Sylvester, aber ich habe meine strikten Anweisungen.«
»Sie wissen, wer ich bin?« Sie besah ihn sich genau: Er war durchaus attraktiv. »Können Sie mir wenigstens Ihren eigenen Namen sagen?«
Er lächelte. »Mein Name ist Blake Redfield, Madam.«
»Das ist doch wenigstens etwas. Möchten Sie mir vielleicht beim Lunch Gesellschaft leisten, Mr. Redfield?«
Er neigte seinen Kopf in der Andeutung einer Verbeugung. »Sie sind sehr freundlich. Unglücklicherweise …«
Sie blickte ihm offen ins Gesicht. Er schien es nicht eilig zu haben. Sie sagte: »Das ist schade. Vielleicht ein anderes Mal?«
»Das wäre sehr nett.«
»Gut, dann ein anderes Mal.« Sylvester verließ rasch den Raum. Am Eingang blieb sie stehen und bat die Garderobiere, ihr ein Taxi zu rufen. Während sie wartete, fragte sie: »Wie lange arbeitet Mr. Redfield schon für diese Firma?«
»Ich weiß es nicht genau.« Die rotwangige Garderobiere verzog reizend ihren kleinen rosigen Mund, als sie angestrengt versuchte, sich zu erinnern. »Vielleicht ein Jahr, Mrs. Sylvester. Eigentlich ist er nicht fest angestellt.«
»Ach, nein?«
»Eher eine Art Berater«, sagte das Mädchen. »Bücher und Manuskripte, 19. und 20. Jahrhundert.«
»So jung, wie er ist?«
»Ja, er ist ziemlich jung, das stimmt. Aber ein regelrechtes Genie, wenn man die Assessoren über ihn reden hört. Da kommt Ihr Taxi.«
»Tut mit leid, wenn ich Ihnen Mühe gemacht habe.«
Ihr Schritt war nicht nachdenklich, sondern entschlossen, sie mußte ihrem Ärger irgendwie Luft verschaffen. Sie schritt schnell die Straße Richtung Piccadilly hinunter, bog dann nach Osten durch das Wirrwarr aus all den kleinen Burlingtons ab und überquerte am Ende die Saville Road. Ihr Ziel war ein kleiner Laden in der Nähe der Charing Cross Road, ein uraltes und in der Vergangenheit etwas verrufenes Geschäft, das sich in der letzten Zeit wieder eine gewisse Reputation erworben hatte.
Goldlettern auf der Schaufensterscheibe verkündeten: »Hermione Scrutton, Buchhändlerin.« Schon als sie noch einen halben Block von dem Laden entfernt war, konnte sie Scrutton an der grün lackierten Tür stehen sehen. Sie schob gerade einen dekorativen gußeisernen Schlüssel ins uralte Türschloß, während sie ihre Augen auf einen
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