Codename Sparta 02 - Das Venusraetsel
Hesperus berühmt war. Man hatte die Kletterpflanze bei äußerst geringer Schwerkraft und unter einer sich völlig gleichmäßig drehenden Lichtquelle gezüchtet.
In ihrer Kabine im Ring A war das Gewicht der Pflanze wie auch Spartas genau wie auf der Erde. Im Herzen von Port Hesperus gab es einen phantastischen Garten, aber der Rest der Station hatte ungefähr den Charme eines Schlachtschiffes. Der Hauptring A lag auf der den Sternen zugewandten Seite und beherbergte den größten Teil der Wartungsmechaniker, Werftarbeiter, der Beamten der interplanetarischen Verkehrsüberwachung sowie das Personal der Dienstleistungsbetriebe. Sparta wohnte vorübergehend in der Besuchsunterkunft für Offiziere in der Kaserne der Schutztruppe. Wenn nicht noch ein weiterer Notfall sie wieder auf die Oberfläche der Venus zwingen würde, dann war dies ihre letzte Nacht in dem schmucklosen Zimmer aus Plastik und Stahl.
Ohne daß sie es wollte, fiel ihr dabei auch noch etwas anderes ein, ein Gedanke, den sie in den vergangenen Monaten bereits häufiger gehabt hatte. Sie vermißte Blake Redfield sehr, es grenzte fast an Besessenheit, und daß sie so lange nichts von ihm gehört hatte, machte alles nur noch schlimmer. Und dann war diese nichtssagende und dennoch aufregende Nachricht gekommen, die nicht signiert war und auch keinerlei Hinweis auf irgendwelche tieferen Gefühle enthielt. ›Spielen wir doch wieder Verstecken …‹
Erschöpft gab sie die Hoffnung auf, noch weiterschlafen zu können, warf das völlig verdrehte Laken zur Seite und stellte sich in die Mitte des dunklen Raumes. Irgend etwas war passiert, ihr Alptraum war schließlich nicht aus dem Nichts aufgetaucht. Einen Augenblick stand sie da und horchte …
Das leise Zittern der Stahlwände übertrug das elektrische Summen, das metallische Kreischen und das Pumpen und Saugen der hydraulischen Anlagen in der sich unablässig drehenden Station. Ohne Schwierigkeiten filterte ihr inneres Ohr daraus alle menschlichen Geräusche, das Husten, Räuspern und Lachen, die Stimmen, die im Streit oder vor Freude lauter wurden. Das Leben auf Port Hesperus ging seinen ganz normalen Gang. Die meisten Arbeiter, deren Unterkünfte in Spartas Nähe lagen, schliefen fest, ihre Tagesschicht begann erst in drei Stunden. Die übrigen arbeiteten so tüchtig wie gewohnt.
Dicht über ihr befand sich die Kuppel, von der aus die Beamten der Raumkontrolle den Verkehr unzähliger kleinerer Raumschiffe und Robotersatelliten in der näheren Umgebung überwachten. Lediglich ein einziges interplanetarisches Schiff befand sich in der Nähe, ein Frachter der Raumkontrollbehörde, der den Strahlenschutzmantel der Station in etwa sechs Stunden erreichen würde. An Bord befand sich Spartas Ablösung, und später, auf dem Rückflug zur Erde, würde sie selbst an Bord sein.
Zwei Kilometer entfernt am anderen Ende der Station – dem Ende, das immer genau auf den Mittelpunkt der Venus gerichtet war – gingen die Ishtar Minengesellschaft und die Azure Dragon Mineralgesellschaft mbH wie gewohnt eifrig ihren Geschäften nach. Die konkurrierenden Firmen bildeten die wirtschaftliche Basis der Station, sie ermöglichten erst ihre Existenz. 24 Stunden jeden Tag landeten und starteten die riesigen Erzshuttles auf der Station, wurden ganze Schwärme von Metallkäfern auf die Venusoberfläche entsandt, um dort nach wertvollen Metallen zu suchen.
Sparta horchte immer noch …
Auf dem Korridor in der Nähe ihrer Kabine hörte sie niemanden. Sie stellte ihr Sehzentrum auf Infrarot um und suchte in der Dunkelheit ihr niedriges Apartment ab. Außer den glühenden Stromkreisen in den Wänden konnte sie nichts entdecken – kein einziges Lebewesen war hier innerhalb der letzten Stunde durchgekommen.
Auch ihre Chemosensoren empfingen nichts Außergewöhnliches.
Sie zwang sich zur Ruhe. Es bestand keine Gefahr. Kein äußerlicher Einfluß hatte sie geweckt oder ihren Alptraum ausgelöst. Lediglich ein weiteres Bruchstück ihrer teils zerstörten, teils weit abgesunkenen Erinnerungen war wieder an die Oberfläche gekommen.
Diese Zeichen … die Streifen des Traumtigers hatten aus Zeichen bestanden. Vor nicht allzulanger Zeit hatte sie von Zeichen geträumt, aber wo, wußte sie nicht mehr, auch nicht, was sie geträumt hatte.
Sie trat an das eine große Fenster ihres Zimmers. Es hatte noch einen altmodischen Fensterladen aus Stahl, der mit einer Handkurbel geöffnet wurde. Sie zog das Rollo hoch, und Venuslicht füllte
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