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Codename Sparta 04 - Das Medusa-Abenteuer

Codename Sparta 04 - Das Medusa-Abenteuer

Titel: Codename Sparta 04 - Das Medusa-Abenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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Dr. Singhs Bürowand angebracht war.
    Einen Augenblick lang verfiel sie in Trance. Das scharfe Aroma großer Primzahlen in ihrem dritten Auge, dem Rechenorgan, überwältigte ihre Sinne. Mathematische Manipulationen hatten etwas Erotisches für sie. Der Code, den sie benutzte, hatte den Geschmack von Mandarinen … dann war es, als kraulte ihr jemand zärtlich über den Rücken. Geschickt umschwamm sie die Sicherheitsvorkehrungen der Datenbank, und Sekunden später hatte sie gefunden, wonach sie suchte.
    Was sie jetzt in Dr. Singhs verschlüsselten Unterlagen las, bestätigte, was sie bereits geahnt hatte. Durch Holly Singhs rauhe Hände war eine große Zahl menschlicher Versuchspersonen gegangen. Ziemlich viele davon waren gestorben. Sie waren anonym, heimatlose Arme, Waisen … alles Menschen, die niemand vermissen würde.
    Eine jedoch fiel besonders auf.
     
    Weibliche Person, 18 Jahre, Größe 154 Zentimeter, Gewicht 43 Kilogramm, Haare und Augen braun, Rasse: weiß (englischer Abstammung)/
    Diagnose: paranoide Schizophrenie, bestätigt durch Überweisungskommission/
    Patientin beklagt sich über ständige, starke optische und akustische Halluzinationen/
    verordnete Behandlung: GAF nervenstärkende Injektion/
    Komplikationen im autonomen Nervensystem/
    Apnoe/
    erhöhte Körpertemperatur/
    Krämpfe/
    Patientin um 23.31 Uhr für tot erklärt/
    Beseitigung des Leichnams entsprechend geheimem Sitzungsbeschluß/
    Überführung nach Nordamerika ohne Zwischenfall/
    Aufzeichnungen verfaßt und ordnungsgemäß übermittelt am …
     
    Tag, Monat und Jahr stimmten. Und das tote Mädchen, eine namenlose Ausreißerin, die man in einem Asyl in Kaschmir aufgelesen und die sich Dr. Singh für ihre eigenen Zwecke zur Seite geschafft hatte, hätte dem Aussehen nach Spartas Zwillingsschwester sein können. Mehr hatten sie von ihr nicht gebraucht: einen toten Körper, der ihr bis ins Detail glich. Was Dr. Singh mit dem Mädchen getan hatte, deren einziger Fehler es war, genau wie Linda N. auszusehen, war schlicht vorsätzlicher Mord.
    Vor acht Jahren war Sparta Patientin in einem Sanatorium hoch oben in den Rocky Mountains gewesen. Sie war dort in ihrer eigenen Vergangenheit gefangen, ihr Unvermögen, neue Informationen für mehr als wenige Minuten zu behalten, hatte sie gelähmt. Man hatte ihr Kurzzeitgedächtnis so gründlich ausgelöscht, daß sie sich nicht einmal an das Gesicht des Arztes erinnern konnte.
    Der Arzt hatte ihr Arbeitsgedächtnis schließlich wiederhergestellt, allerdings hatte es ihm das Leben gekostet, als er ihr die wertvollen Sekunden verschaffte, die sie für die Flucht benötigte – in dem Snark, in dem eigentlich ihr Mörder gekommen war.
    Es war wohl kaum ein Zufall, daß Dr. Singh auf der anderen Seite des Globus zur selben Zeit ebenfalls ein Sanatorium in den Bergen leitete, ebensowenig wie die Tatsache, daß Dr. Singh die Neurochip-Techniken entwickelt haben sollte, mit deren Hilfe Sparta gerettet wurde – und die aus ihr ein Monster gemacht hatten.
    Auch bei Howard Falcon hatte man nach dem Absturz der Queen Elizabeth dieselben Techniken benutzt, um sein Nervensystem zu retten und noch einiges mehr mit ihm anzustellen.
    Sparta, Falcon und Steg, der verkümmerte Schimpanse, waren unter ihrer Schädeldecke alle miteinander verwandt.
    Sparta deponierte den gesamten geheimen Datensatz in ihrem Gedächtnis und zog die Dorne aus den Ausgängen des Computers. Sie stand eine Weile im schwach erhellten Büro und lauschte den klagenden Schreien der exotischen Vögel, dem Keuchen eines Tigers und dem Geschnatter ruheloser Affen in den Gehegen.
    Es war eine Kraft am Werk, die den Unterschied zwischen Menschen und Affen aus der Welt schaffen wollte, wodurch letztlich der Mensch, wie er heute war, im Sinne der Evolution bedeutungslos werden würde. Holly Singh arbeitete für diese Kraft und nicht für den Weltenrat oder die Raumkontrollbehörde, und ganz bestimmt nicht für das Wohl ihrer Patienten.
    Sparta verließ Singhs Büro und ging zurück. Sie entfernte die Überbrückung der Alarmanlage und schloß das Fenster. Das saubere, kleine Loch im Glas ließ sie, wie es war, dann ging sie durch die Eingangstür hinaus. Es spielte kaum eine Rolle, ob man sie jetzt oder erst am Morgen zur Rede stellte. Als Beamtin der Raumkontrollbehörde mußte sie Dr. Singh verhaften.
    Seit Jahrhunderten waren Menschen und Maschine eine immer engere Symbiose eingegangen. Sparta war nur ein Prototyp der bevorstehenden Verschmelzung

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