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Codename: Sparta - 5 - Der Jupiter-Diamant

Codename: Sparta - 5 - Der Jupiter-Diamant

Titel: Codename: Sparta - 5 - Der Jupiter-Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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unter einer aus dem Eis gegrabenen Höhle hing. Als der Aufzug sich dem Boden näherte, konnte sie oben das riesige, fein gearbeitete und reich bemalte tibetanische Mandala erkennen, das die Innenseite der Kuppel bedeckte.
    »Den Boden können Sie wegen der Menschenmassen nicht sehen«, sagte Hawkins, »sonst würden Sie ein gewaltiges Shri-Yantra-Mosaik erkennen.«
    »Was ist das?«
    »Ein geometrisches Hilfsmittel, eine Meditationshilfe. Außen ein Quadrat, innen eine Lotusblüte, verschränkte Dreiecke in der Mitte. Ein Symbol der Evolution und der Erleuchtung, ein Symbol der Welt, ein Symbol Shivas, ein Symbol der zeugungsfähigen Göttin, des Yoni …«
    »Halt, mir dreht sich schon der Kopf.«
    »Auf jeden Fall ein Symbol, das sowohl Hindus als auch Buddhisten zufriedenstellt. Dieser Aufzugschacht soll übrigens den Lingam des Yoni darstellen.«
    »Lingam?«
    »Auch eine Meditationshilfe.« Er hüstelte.
    »Irgendwie habe ich nicht den Eindruck, daß diese Leute meditieren. Sie scheinen eher einkaufen zu gehen.«
    Der schwere Aufzug kam zum Stehen, und die Türen glitten auf. »Wenn wir getrennt werden, halten Sie sich an das Osttor dort drüben.« Hawkins hatte die Worte kaum ausgesprochen, als sie schon in das Gedränge geschoben wurden.
    Marianne umklammerte seinen Arm wie ein Schraubstock. Sie war froh, daß er wußte, wo es lang ging; sie war sicher, ohne Hawkins’ Führung hätte sie das Restaurant nie gefunden, das Blake ihr genannt hatte.
    Nachdem sie die richtige Strömung in dieser Menschenflut gefunden hatten, tauchten sie durch das Osttor in einen engen Durchgang, der sich schon bald gabelte. Sie befanden sich in einer Art Kaninchenbau oder gebogenen Tunneln und Durchgängen. Die Wege führten im Bogen nach oben und unten und kreuzten sich in scheinbar zufälligen Abständen. Die braunen oder gelben Gesichter ringsum riefen in Marianne allerdings keinen Vergleich mit Kaninchen oder Ameisen hervor – sie war viel zu sehr ein Kind des weitgehend toleranten 21. Jahrhunderts, als daß die rassistischen Verleumdungen, die einem im 19. Jahrhundert so leicht über die Lippen gingen, noch irgendeine metaphorische Bedeutung für sie enthielten.
    Nach zwanzig anstrengenden Minuten und vielen Fragen, bei denen Hawkins darauf bestand, lauthals sein Chinesisch auszuprobieren, fanden sie das Restaurant. Es handelte sich um ein singapurisches Etablissement mit dem treffenden Namen Straits Café.
    Drinnen ging es genauso geschäftig zu wie auf dem schmalen, gassenähnlichen Korridor, an dem es lag. In der Luft hing eine satte Mischung aus verschiedenen Düften – scharfe Gewürze, gebratenes Fleisch und Dampfreis. Hawkins blieb zögernd im Eingang stehen. Ein weiblicher Teenager, gekleidet in der videoinspirierten Version der letzten interplanetarischen Mode – weite Pluderhosen in Orange und Grün –, wollte mit abgewetzten Speisekarten in der Hand auf sie losstürzen, aber Hawkins winkte ab. Er hatte Blake Redfield an einem Vierertisch gleich neben einem riesigen Aquarium erspäht.
    Von dem Sohn der Freundin ihrer Mutter hatte Marianne nicht allzuviel erwartet, daher war Blake eine interessante Überraschung: gutaussehend, mit braunem Haar, ein Amerikaner mit europäischem Auftreten und zu viel Geld – was man an seinen Kleidern, seiner Frisur und seinem teuren Rasierwasser erkennen konnte.
    Und als er sprach, hörte man seinen englisch eingefärbten Akzent heraus. »Sie sind Marianne. Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte er und stand ein wenig zerstreut auf.
    Am Tisch saß noch ein weiterer Mann, ein ausgemergelter Chinese in Arbeitskleidung, der Hawkins kaum eines Blickes würdigte, Marianne dafür aber geradezu mit den Augen verschlang. »Das ist Luke Lim«, sagte Blake. »Marianne Mitchell. Bill Hawkins. Vielen Dank, daß Sie für mich eingesprungen sind, Bill. Aber setzen wir uns doch, nehmen Sie Platz.«
    Hawkins und Marianne sahen sich an, dann setzten sie sich nebeneinander vor die Glaswand des Aquariums. Ihre Gesichter erstrahlten in einem grünlichen Licht, das durch das nicht allzu saubere Wasser drang.
    Man brachte ihnen die Speisekarte. Hawkins warf kaum einen Blick hinein. Mariannes Gesichtsausdruck verriet, wie verwirrt sie war – was auch Luke Lim nicht entgangen war. »Der Kabeljau ist frisch«, sagte er zu ihr. Er tippte gegen das Aquarium und grinste.
    Sie reagierte mit einem dünnen Lächeln und sah plötzlich hinter ihm einen der häßlichsten Fische, die sie je gesehen hatte. Er

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