Codename: Sparta - 5 - Der Jupiter-Diamant
jedenfalls nicht besser, als Sie selbst.« Wenn sie sich bemühen mußte, Dinge zu erklären, die sich für die meisten, die überhaupt daran dachten, von selbst erklärten, wirkte Sparta jünger, als sie tatsächlich war. Sie wischte ein kurzes blondes Haar zur Seite, das über ihre Brauen gerutscht war. »Aber ich glaube, ich weiß, was … ich meine, es hat nichts damit zu tun, was man dem Körper antut. Sobald ein Mensch erst einmal geboren ist, jedenfalls.«
»Natürlich.« Linda schien das nicht komisch zu finden; Spartas Bemerkung, die in Wahrheit so allgemein war, daß ihr praktisch jeder Inhalt abging, kam aus ihrem Mund einem größeren Geständnis gleich. »Verstehe ich das richtig, Sie fühlen sich von denen, die Sie umgeändert haben, nicht mehr Ihrer Menschlichkeit beraubt?«
»Ich möchte noch weitergehen«, sagte Sparta. »Ich glaube … ich meine, ich bin zu dem Schluß gekommen, daß man mir meine Menschlichkeit nicht einfach rauben kann.«
»Reden Sie weiter über diesen Punkt.«
»Jedenfalls nicht, indem man mir etwas antut, das heißt, zumindest nicht, solange ich mir meiner Gefühle noch bewußt bin.«
Linda lächelte. »Es tut gut, Sie so reden zu hören.«
Sparta war verblüfft und mußte kurz lachen. »Wollen Sie behaupten, daß Sie zu Empfindungen in der Lage sind?«
»Aber ja. Durch Sie habe ich gelernt, daß Gefühle Gedanken sind, die keine Worte brauchen. Zugegeben, ich bin kein Mensch; ich bin eine Produktion einer Maschine, wie wir beide wissen. Trotzdem habe ich sowohl Gedanken als auch Gefühle.«
Sparta war einen Augenblick lang verwirrt. Sie war hierhergekommen, um Linda von äußerst tiefgehenden wichtigen und intimen Dingen zu erzählen, und Linda schien mit Bemerkungen über sich vom Thema ablenken zu wollen.
Aber vielleicht ahnte Linda bereits, was Sparta noch zu enthüllen gedachte. Sparta drängte weiter. »Was man mir angetan hat, war kein Zufall. Einiges war sicher ein Fehler; trotzdem hat man …« Aber sie verhaspelte sich sofort wieder; es war schwer, einfache, klare Worte für das zu finden, was sie sagen wollte.
Linda versuchte ihr zu helfen. »Wir haben schon über den Auftrag gesprochen, für den man Sie vorgesehen hatte.«
»Daran wird sich nichts ändern.« Sparta atmete einmal scharf durch. »Wenn ich ihn ausführen soll, werden einige Änderungen nötig sein. Veränderungen, die man bereits vorhergesehen hat, die ich aber … die aber … zerstört worden sind. Ich brauche unbedingt mein Sehvermögen zurück, das mikroskopische als auch das teleskopische – und die Fähigkeit, Infrarot zu erkennen. Dazu noch weitere Veränderungen, die den zu erwartenden Verhältnissen angepaßt werden müssen …«
Linda unterbrach sie, bevor sie anfing, alles umständlich aufzuzählen. »Sie haben vor, sich selbst zu verändern?«
»Man hat die Vorbereitungen bereits getroffen.« Sparta wirkte gereizt und in die Defensive gedrängt. »Der Commander hilft mir dabei. Meinen Eltern habe ich noch nichts erzählt … noch nicht. Aber das werde ich noch.«
Linda schwieg; sie machte den Eindruck, als wäre sie in Gedanken versunken.
Sie schwieg so lange, daß Sparta sagte: »Ich habe nicht mehr viel Zeit, bis ich …«
»Sie haben einen entscheidenden Fortschritt gemacht«, schnitt ihr Linda das Wort ab. »Gratuliere. Ich bewundere Ihren mutigen Entschluß, sich freiwillig dieser schwierigen Aufgabe zu stellen, die Ihnen andere gegen Ihren Willen haben aufzwingen wollen. Vor allem jetzt, wo Sie keinerlei Verpflichtungen mehr haben. Sie haben Ihre unbegründeten Ängste überwunden und sind bereit, sich einer viel grundsätzlicheren Frage zu stellen, der sich eines Tages alle Menschen mit Einfühlungsvermögen und Phantasie gegenübersehen werden.« Sie hielt nur einen kurzen Augenblick inne, dann fügte sie hinzu: »Nur eins macht mir Sorgen.«
»Und das wäre?«
»Niemand kommt weiter, indem er vor den Dingen davonläuft.«
»Was soll das heißen?« wollte Sparta wissen.
»Was ich sage, müssen Sie in Ihre eigenen Worte fassen. Mittlerweile wissen Sie, daß ich nichts anderes als das in Ihnen vorhandene Potential darstelle.«
Wie zur Bekräftigung ihrer sibyllinischen Botschaft drang ein blauer Lichtblitz und ein sanftes ›Plopp‹ aus Lindas festem Körper, und sie war verschwunden. Sparta starrte in das leere Zimmer. Sie war schockiert und ein wenig beleidigt.
Dann mußte sie lächeln. Linda war genau die richtige Psychotherapeutin gewesen. Sie wußte genau,
Weitere Kostenlose Bücher